Kennen Sie
die Manzoni-Haut?
Nicht? Aber
da sind Sie in guter Gesellschaft.
Die meisten
Leute kennen diese Haut nicht.
Die meisten
Menschen haben sie auch nicht, denn die Manzoni-Haut, die man auch schlicht und
einfach als Knie-Heizung bezeichnen könnte, ist eine Anomalie, die nur bei
einer von 6000 Personen vorkommt. Wenn Sie also die Manzoni-Haut weder kennen
noch haben, sind Sie völlig normal.
Das
Spannende ist, dass die Manzoni-Haut zu einer Modetorheit geführt hat, die
immer weiter grassiert. 2013 kam ein ca. 25jähriger Patient zum Mailänder
Orthopäden Dr. Antonio Manzoni und klagte über ein ihn störendes Wärmegefühl in
beiden Knien. Manzoni untersuchte den Mann gründlich und fand eine bisher nicht
klar diagnostizierte Anomalie, die in der Fachliteratur seitdem seinen Namen
trägt: Bei dem jungen Lombarden spannte sich über beide Knie eine Extrahaut,
die sehr stark durchblutet war und jene wie eine Heizung mit Wärme versorgte.
Da kein Medikament half und eine Operation sehr aufwändig und sehr teuer
gekommen wäre, gab der Arzt dem Patienten einen ganz simplen Tipp: Er solle
doch an seinen Hosen die Knieregion aufschneiden und so die Stellen mit kühler
Luft versorgen. Der junge Lombarde schaute ihn verdriesslich an: «Und wenn mich
dann alle auf der Strasse blöd anglotzen?» «Dann sagen Sie einfach, es sei
Mode.»
Gesagt,
getan, ein paar Tage später wandelte Luca Giorgese, jetzt müssen wir doch mal
seinen Namen verraten, mit aufgeschnittenen Knien durch die Mailänder Strassen.
Nun war Giorgese nicht unbedingt das, was man als unansehnlich bezeichnen
würde. Anders formuliert: Er war bildhübsch. Mit seinen strahlenden Augen,
seinen pechschwarzen Haaren, mit seiner schlanken Taille und seinen muskulösen
Armen hätte er ohne weiteres als Model oder als Filmstar arbeiten können. So
musste Luca die Ausrede mit der Mode gar nicht bringen, bei einem solchen Beau,
bei einem solchen Adonis, einer solchen Schönheit, nach der sich sowohl Frauen
als auch Schwule umdrehten, nahm man einfach an, es sei eine neue Kreation der
Mailänder Couture. Niemand wäre auf die Idee gekommen, dass Signore Giorgese an
der Manzoni-Haut litt.
Schon wenige
Tage später sah der junge Mann mit Erstaunen, dass viele junge Menschen ihn
imitierten und sich auch die Knie aufgeschnitten hatten. Er rief Dr. Manzoni an
und fragte, ob es denn möglich sei, dass noch mehr Menschen eine solche Haut
hätten. Der Arzt verneinte, er habe die letzten Tage extrem viel recherchiert
und mit Kollegen telefoniert, es sei eine seltene Anomalie und es sei
unwahrscheinlich, dass mehr als ca. 5 Leute in der ganzen Region sie hätten.
«Aber warum laufen die dann auch so herum?» «Weil die bei einem so hübschen
Kerl wie Sie es sind einfach annehmen, dass es eine neue Mode ist, darum.»
«Aber wenn die keine Knie-Haut-Heizung haben, müssen die doch höllisch frieren,
immerhin ist es Februar.» «Na ja», grunzte der Mediziner, «Sie kennen doch den
Spruch Wer schön sein will, muss leiden,
Signore Giorgese.»
Zwei Wochen
später betrat ein Kunde die Boutique Bella
e Bello in der Mailänder Innenstadt und verlangte ein Paar Jeans mit
aufgeschnittenen Knien. Giuseppe Tartuffo, der Besitzer, musste zugeben, dass
er solche nicht führe. Als der enttäuschte Kunde den Laden ohne Kauf verliess,
beschloss jener, dass er diesem Problem Abhilfe schaffen müsse, er nahm einen
Stapel Hosen aus dem eher niedrigpreisigen Segment und machte Schnitte hinein,
dafür setzte er die Jeans von 59.- Euro auf 159.- hoch und hängte sie ins
Schaufenster. Nach ein paar Stunden rannten ihm die Leute den Laden ein. Nun
brachen die Dämme: Sämtliche angesagten Läden, La Bellezza, Uomo, Gatto Blu, La Dea usw. zogen nach und die
Mailänder Innenstadt füllte sich mit jungen Menschen, die in dämlicher Art und
Weise ihre Hosen selbst aufgeschnitten hatten oder aufgeschnittene gekauft
hatten.
Nun gibt es
Mailand ja auch durchaus Touristen, es gibt solche, die die Lombardische
Hauptstadt anschauen wollen, es gibt aber auch solche, die Mailand als
Anfangspunkt einer Reise benutzen, solche, die in Milano Centrale ankommen, um
dann nach Venezia Santa Lucia oder Roma Termini weiterzufahren, ein paar
Stunden aber nutzen, um der Innenstadt ein wenig zu bummeln. Alle sie sahen die
komischen offenen Knie, und alle dachten das Gleiche: «Es sieht völlig
bescheuert aus, aber wenn die Mailänder das tragen…» So kamen viele nach
Brüssel und London, nach Berlin und Zürich, kamen viele nach Paris, Amsterdam
oder Wien zurück und hatten die Knieregion ihrer Jeans mit einem Schnitt
verziert.
Nun endlich
musste die Textilindustrie reagieren. Krisensitzungen fanden statt, Pläne
wurden geschmiedet und verworfen, es wurde geredet und getagt, und nach einigen
Wochen war klar: Die Industrie muss solche Hosen produzieren. Nun kann ein
Schnitt von einer Maschine ja viel präziser gesetzt werden als von einer
menschlichen Hand, das heisst, es konnte auch klar ersichtlich gemacht werden,
ob es ein Originalschnitt oder ein Selbstschnitt ist. Demensprechend konnte man
auch viel mehr Kohle verlangen. Ausserdem würde natürlich niemand Versace® oder
Gucci®, würde niemand Boss® oder s.Oliver®, niemand Levi's® oder Wrangler®
zerschneiden, aber wenn die Labels das selber machen? So zahlte man ohne mit
der Wimper zu zucken 395.- für eine kaputte Hose, wenn sie nur von einer
anerkannten Modefirma kaputtgemacht worden war.
In diesem
Frühjahr bekam Luca Giorgese einen Anruf von Dr. Manzoni: Es sei nun endlich
ein Mittel gegen das Manzoni-Knie entwickelt worden, nicht ganz ohne seine
Mithilfe, wie der Orthopäde bescheiden hinzufügte, da die Anomalie aber so
selten sei, sei es teuer und Giorgese müsse es selber zahlen. Luca entschied
sich sofort dafür, trotz hohem Preis und dank FREDDOZYN® läuft der junge Lombarde wieder mit ganzen
Hosen durch seine Stadt und wundert sich über die vielen aufgeschnittenen
Hosen…
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