Dienstag, 4. Dezember 2018

Unbekannte Organe (2): Der La Gouche-Muskel oder: Warum wir immer nicken


Kennen Sie den La Gouche-Muskel?
Nicht? Aber da sind Sie in guter Gesellschaft.
Die meisten Leute kennen diesen Muskel nicht.
Der La Gouche-Muskel, benannt nach dem französischen Arzt Jean-Luc Ferdinand La Gouche (* 13.2.1927 in Rouen, 30.8.2001 in Paris), ist ein kleiner Muskel im Halsbereich des Menschen, der den Kopf in möglichen und unmöglichen Situationen nach unten bewegen kann.
Man könnte ihn auch als den Nick-Muskel bezeichnen.

La Gouche stiess auf diesen Muskel, wie auch auf das mit diesem Muskel zusammenhängende La Gouche-Phänomen – wie so viele Wissenschaftler – durch Zufall.
Am 4. August 1966 war in der Praxis des französischen Arztes in der Rue de Zuza (Arr. XII) wenig los, die meisten Patienten waren in den Ferien, tummelten sich an den Stränden der Bretagne oder der Cote d’ Azur, wanderten im Massiv Central oder in den Ardennen, oder waren gar ins Ausland gefahren. Also wollte der Doktor seinen beiden Praxishilfen, Mademoiselle Blanche Hubert und Mademoiselle Francine Soirbot, ein wenig früher freigeben, es war so ein schöner Tag und sicher hätten die beiden Lust, noch ein wenig zu shoppen oder ein Eis essen zu gehen. Er holte sie in sein Sprechzimmer und sagte: «Sie gehen heute später.»
Beide nickten.
Als Mademoiselle Hubert und Mademoiselle Soirbot das Zimmer verlassen hatten, fiel ihm der Versprecher auf, er hätte ja «früher» sagen müssen. Aber warum hatten sie genickt? Er holte die beiden jungen Damen noch einmal herein, klärte den Irrtum auf und fragte sie dann, warum sie der absurden Idee, an einem Augusttag ohne Patienten noch Überstunden zu machen, ihre Zustimmung erteilt hätten? Da sagte Blanche den medizingeschichtlich legendären Satz: «Ma tête était abaissé» («Mein Kopf wurde nach unten gezogen.»)

Und nun begann La Gouche zu forschen.
Und forschte.
Und forschte.
Am 3. Februar 1970 schliesslich stellte Jean-Luc Ferdinand La Gouche auf einem Kongress in Wien seine Ergebnisse vor, die zu einem fundamentalen Umdenken in vielen Bereichen der Medizin führten und die Benennung des Muskels als La Gouche-Muskel, sowie die Benennung des Phänomens als La Gouche-Phänomen zur Folge hatten. Die Grundthese La Gouches lässt sich aber kurz in einem wichtigen Satz zusammenfassen:

Der La Gouche-Muskel ist dem vegetativen Nervensystem unterworfen und lässt sich nicht durch den menschlichen Willen steuern.

Das Vegetative Nervensystem ist ja jene Institution in unsrem Körper, die uns den meisten Ärger bereitet, auf die wir aber den wenigsten (besser gar keinen) Einfluss haben. Wir alle kennen solche Situationen: Ein Schwuler steht unter der Dusche und auf einmal kommt so ein Prachtexemplar, das auch Men Health’s becovern könnte unter den Strahl gegenüber, und der Arme muss sich umdrehen, weil sich unterhalb des Nabels vegetative Dinge tun, die ihm peinlich sind. Jemand erwähnt eine Panne von letzter Woche, von der nicht alle wissen, dass wir sie fabriziert haben, aber was tun wir: Wir erröten. Das Blut schiesst uns so in den Kopf, dass wir genauso gut ein Schild mit «Ich war’s» hochheben könnten.

Und genauso funktioniert jetzt der La Gouche-Muskel.
Der Chef fragt uns, ob wir Überstunden machen könnten.
Und wir nicken.
Der Polizist fragt uns, ob wir mit einer Busse von 1000.- einverstanden sind.
Und wir nicken.
Der Partner fragt uns, ob er eine Woche Frontamentera Beach Club All Inclusive buchen soll.
Wir hassen das Meer, Beach Ressorts und All Inclusive, aber wir nicken.
Wir nicken die ganze Zeit, tagaus, tagein, jahraus, jahrein und denken im Nachhinein, wir hätten eine willentliche Entscheidung getroffen.

Warum wird bei der Hochzeit die berühmte Frage gestellt, die mit einem lauten JA beantwortet werden muss? Eben, damit es eine klare Entscheidung ist und uns der La Gouche-Muskel nicht in ein dreissig Jahre langes Elend führt.

Hat Ihnen der Post gefallen?
Warten Sie einen Moment.
Denken Sie kurz nach.
Sagen Sie dann laut JA oder NEIN.
Ich habe nichts davon, wenn Sie nicken, ich habe mich nun lange genug mit La Gouche beschäftigt. 



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