Dienstag, 4. April 2017

Der WhatsApp-Filter



Mein Freund Lubsi ist Erfinder. Und er hat schon einige Sachen auf den Markt gebracht, die sich eines gewissen Erfolges erfreuen konnten. Man erinnere sich nur an den Puddingroboter, eine winzige Maschine, die in die noch weiche Masse hinabtaucht und dort mit einem Miniquirl alle Klümpchen aufstösst und somit vernichtet, quasi die Lara Croft der Dessertküche. (Er brachte ein Jahr später übrigens noch ein Videospiel mit dem selben Thema heraus.) Man erinnere sich aber auch noch an den selbstabreissenden Kalender, bei dem am Ersten das Blatt des Vormonats sich selber abtrennt und (wie die Briefe in Harry Potter) sich in kleine Schnipsel zerlegt. Man erinnere sich an die Pflanzen, die kein Wasser, an die Suppe, die kein Salz, an das Auto, das keine Räder braucht und viele Inventionen mehr…

Nun hat Lubsi wieder zugeschlagen und eine bahnbrechende Neuerung auf den Markt gebracht:
Den WhatsApp-Filter.

Jeder Lehrer kennt das Problem:
Man initiiert einen Klassenchat, um Informationen schnell weitergeben zu können. Informationen wie Morgen bitte ALLE die Lageranmeldungen dabei, Reminder: Morgen 8.30 Bahnhof SBB oder Bin krank, erste 2 Stunden fallen aus. Natürlich können die Schülerinnen und Schüler auch Fragen zu Hausaufgaben und Klassenarbeiten stellen.
Nun passiert aber schnell, dass ein solcher Infochat sich durch Einstellen von Videos, Fotos Kommentaren und Emoticons zu einem Quatschchat wandelt. Also wird ein kluger Lehrer von Anfang an danach sehen, dass es ZWEI Chats gibt: Einen Klassenchat A für Infos und Fragen MIT Lehrer und einen Klassenchat B OHNE Lehrer, einen für allerlei Blödsinn und Unsinn, für Videos mit Erdmännchen, die aufs Klo müssen oder Skater, die auf die Rübe fliegen, für alle Blödelei und Witzelei und die Fotos der letzten Partys.

Wie hält man nun aber A und B auseinander?
Hier greift die Erfindung meines Freundes Lubsi; der WhatsApp-Filter löscht im Infochat gnaden- und erbarmungslos alle Sachen, die eigentlich in den Quatschchat gehören.
Dies tut er mit Hilfe eines Algorithmus, der prüft, ob Einträge in eine der folgenden Kategorien gehören:

1.)    Foto oder Video
Der Filter löscht konsequent sämtliche Beiträge, die keine Textnachrichten sind. Portraits mit Hasenohren, Filmchen, in denen die Teletubbies vor dem IS fliehen oder in denen Pu der Bär sein Sixpack bewundert, haben keine Chance. Leider auch alle Fotos von Notizen oder Screenshots, man muss also die Kunst des Schreibens ein wenig beherrschen.

2.)    Kommentare mit Reizworten
Hier wird alles eliminiert, was bestimmte Ausdrücke enthält, die darauf hinweisen, dass hier nicht eine Info ergänzt wird, sondern der Schreiber angesprochen, beleidigt, veräppelt und verhöhnt wird. Solche Reizausdrücke sind z.B
Blitzmerker
Au scho gmerkt
Guete Morge!!
Cha nit si
Cha überhaupt nit si
Doch
I ha rächt
usw.
Meine deutschen Leser werden bemerken, dass hier Mundart geschrieben wird. Das Phänomen, dass Schweizer Jugendliche die saubere Trennung «Mundart reden – Schriftdeutsch schreiben» längst hinter sich gelassen haben, und zwar in beiden Richtungen, es gibt Teenies, die mit grösster Freude ständig ein norddeutsch eingefärbtes Standarddeutsch sprechen, ihre SMS aber auf Bärn-, Züri- oder Baseldeutsch schreiben. Das Phänomen wurde in der Linguistik wahrgenommene und wird dort auch bearbeitet, ich verweise z.B. auf die ausgezeichneten Publikationen von Christa Dürscheid…

3.)    Widersprechende Kommentare
Hier wird innerhalb einer Stunde alles vernichtet, was einer gegebenen Information (der sogenannten Urinformation – bitte auf der 1. Silbe betonen) entgegenläuft.
Hätten Sie nun den reizvollen, manchmal aber auch schweisstreibenden Job eines Jugendchorleiters, und würden Sie
Morgen 8.45 Besammlung Josefskirche Blumingen (Tram 13)
in den Infochat stellen, so würde die folgenden Einträge alle kaputtgemacht:
Isch die nit in Baumige?
Nei, in Genf
Also 9.30 Genf?
Ja, mit Tram 14
Ich komm mit em Flugi
Easyjet fliegt nur Frytig noch Genf
Ich sagte ja au SWISS
Lufthansa fliegt am Sunntig nach Blumige
Also 8.45 Jakobskirche?????????
Denn wenn auch selbst dem Blödsten klar ist, dass man nicht in Genf singt und auch, dass keine Fluglinie das 400 Seelen-Dorf Blumingen (AG) anfliegt, könnte doch immerhin jemand aus Versehen in den Nachbarort Baumingen (AG) fahren oder die Jakobskirche suchen, die es in beiden Gemeinden nicht gibt. 

Mein Freund Lubsi wird mit dem Filter einen grösseren Erfolg als mit dem Puddingroboter oder dem Selbstabreisskalender erzielen, da bin ich mir sicher. Er wird mit ihm auch mehr Kohle als mit der nichtwasserbrauchenden Pflanze, mehr Knete als mit der nichtsalzbrauchenden Suppe und mehr Penunze als mit dem nichträderbrauchenden Auto scheffeln.

Angeblich hat WhatsApp schon 43,5 Millionen Dollar geboten, aber das halte ich für ein Gerücht.  

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