Dienstag, 30. November 2021

Neue Corona-Jobs

Ich habe am 1. Mai 2020, also im Frühling des letzten Jahres, einen Post über Corona-Berufe veröffentlicht. Auf einer fiktiven Homepage www.jobcorona.ch wurden vier Stellen angeboten: eine Stelle als Atemschutzberatin, eine als Corona-Detektiv, eine als Luxusessen-Auslieferer und eine als Videoberaterin.

Niemand hätte gedacht, dass die Krise im Winter 2021 noch so heftig da ist und niemand hätte gedacht, dass wirklich neue Jobs entstanden sind. Nein, nicht als Atemschutzberatin, als Corona-Detektiv, als Luxusessen-Auslieferer oder als Videoberaterin, aber einige Neuerungen hat es schon gegeben.
Beispiele?

Der/die Zertifikatskontrolleur(in)

Er oder sie steht an den Eingängen von Etablissements, die keine Kasse haben. (Wie zum Beispiel das Hallenbad Muttenz, ich habe ja schon erwähnt, dass ich dort ein Abo habe…)
Und er oder sie fühlt sich wie Gott. Das ist nun auch etwas Tolles, wenn man dasteht und wie beim Jüngsten Gericht die Schafe von den Böcken scheidet, oder hier die Zertifizierten von den Nichtzertifizierten. Man hat die Schlüssel des Himmelreichs, man ist Cerberus, man ist der Cherub vor der Paradiestür.
Dabei tut man gar nichts Weltbewegendes, man hält die Control-App an den QR-Code und überprüft dann das Lichtbilddokument. Braucht man dafür eine Ausbildung oder spezielle Intelligenz? Nein, den Vorgang könnte ein Lernbehinderter bewerkstelligen, jede Person, die es schafft, ein Handy zu halten und zu vergleichen, ob HERBERT HEINZ HODLER und HERBERT HEINZ HODLER die gleiche Person sind.
Und die Kontrollfunktion? Die Covid-Check-App können Sie sich auch herunterladen. Mit anderen Worten: JEDE und JEDER könnte da stehen, aber das Feeling ist ein anderes, man fühlt sich wie Gott, wie Cerberus, man fühlt sich am Eingang zum Elysium, zum Nirwana, zu Walhall, und kann alle, die kein Zertifikat haben, wieder in die Wüste schicken.

Der/die Impfmotivator(in)

Es ist eine altbekannte und vieldiskutierte Tatsache: Es sind noch zu wenig Leute geimpft. Nun gibt es drei Wege, die zu einer hohen Quote führen könnten:
Die Impfpflicht, eines der seltenen Wörter mit zweimal «pf» und der einzig ehrliche Weg. Ich habe am 26. Februar darüber geschrieben.
Die Daumenschraube, die man immer mehr anzieht, also von 3G in Museen und Restaurants bis zu 2G in Bus und Supermarkt, das heisst der Ungeimpfte/Ungenesene kann dann nicht mehr den ÖV benutzen und vor allem auch nicht mehr einkaufen, und kurz vor dem Hungertod wird er sich endlich impfen lassen…
Die Motivation. Hier kommt nun der neue Job ins Spiel. Man versucht mit aller Lustigkeit und Spasshaftigkeit locker vom Hocker die Menschen von der Spritze und der Nadel zu überzeugen. Das kann mit netten kleinen Sketschen sein, oder mit netten kleinen Tanzeinlagen, mit netten kleinen Liedern oder mit netten kleinen Filmchen, man verteilt Bildchen oder Bratwürste, Eiscreme oder Suppe, man gibt Kuchen und Kränze, man schenkt Lollis und Lebkuchen. Der Impfmotivator oder die Impfmotivatoren setzt hier den ganzen Charme, die ganze Kraft ein, um die Leute von dem Piks zu überzeugen. «Lasst euch impfen! Lasst euch impfen!», diese Botschaft kommt circa 500 Mal pro Tag mit einem Lächeln über die Lippen.

Der / die Impfer(in)

Auch beim nächsten Schritt werden natürlich enorm viele Leute gebraucht. Irgendwer muss den Leuten ja die Pikse verpassen. Aber darf man das denn, wenn man keine Pflegeausbildung hat? Wahrscheinlich schon, denn ein Diabetiker darf und kann sich ja auch selber spritzen, ohne eine Riesenausbildung zu haben, und so sind die Impfzentren ein fröhlicher Pool, wo sich pensionierte Pflegerinnen und angehende Ärzte, aber auch Kulturfritzen in Kurzarbeit, ehemalige Bäcker, wo sich Keramikerinnen und Dekorateure, arbeitslose Webdesigner und arbeitslose Schausteller versammeln und piksen, piksen, piksen, im Akkord, im Akkord, im Akkord.
Daneben braucht es natürlich dann auch wiederum Leute, die im Impfzentrum oder im Impfbus in der Administration arbeiten.
Und wenn man im Beobachter den entzückenden Artikel Die Gesichter der Impfmaschine liest, dann hat man das Gefühl, dass es keinen fröhlicheren und heitereren Arbeitsort gibt als solch eine Impfanlage.

Ich habe am 1. Mai 2020, also im Frühling des letzten Jahres einen Post über Corona-Berufe veröffentlicht.
Niemand hätte gedacht, dass die Krise 2021 noch so heftig da sein würde und niemand hätte gedacht, dass wirklich neue Jobs entstanden sind. Nein, nicht als Atemschutzberatin, als Corona-Detektiv, als Luxusessen-Auslieferer oder als Videoberaterin, sondern als Impfmotivatorin oder als Impfer oder als Zertifikatskontrolleurin.

Und Omikron wird noch mal ganz neue Jobs kreieren.





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