Freitag, 20. Mai 2022

Die 500 Apps

Ein Freund schickt mir eine SMS: Hi Rolf, ich habe eine tolle neue App. Die App-Finde-App ANTONY®. Würde ich dir auch empfehlen. Ist wirklich super.
LG Tobi

App-Finde-App ANTONY®? Ich muss grinsen. Sicher ist der Macher der App katholisch oder katholophil oder katholizismusaffin, denn nur ein Katholik oder ein Katholophiler oder Katholizismusaffiner würde beim Thema Suchen und Finden, auf jenen Heiligen kommen, der bei verlorenen Dingen angerufen und später dann bezahlt wird. Die Antoniuskasse ist übrigens eine Armenkasse, aus der wohltätige Projekte wie Gassenküchen finanziert werden.

Aber brauche ich ANTONY®? Ich muss zugeben, dass ich manchmal wirklich Apps suchen muss. Ich nehme mir zwei Stunden Zeit und mache eine Liste von allen Apps auf meinem Handy:

35 Apps, die schon draufgespielt waren und die ich nicht löschen kann. Merkwürdigerweise alles Apps, die mein Handyhersteller AUWEHI® macht: AUWEHI Health, AUWEHI Market, AUWEHI Wallet usw.

60 Spiele. Für einen Menschen, der allen anderen stets erzählt, dass er im Bus Adorno liest und zuhause Texte schreibt, eigentlich ganz schön viel, aber – ich schwöre – die meisten Games habe ich nur einmal gemacht, und alle meine Spiele sind allgemeinbildend und intelligenzfördernd. Und ich habe noch nie jemand den Kopf weggeschossen – weder im Game noch im wirklichen Leben…

57 ÖV-Apps, darunter so wichtige wie die der DB und der SBB, ebenso des Tarifverbundes Nordwestschweiz, aber auch so abstruse wie die der Verkehrsverbünde Emscher-Süd, Lippe-Nord, Murr-West und Elster-Ost. Wann war ich in Emscher-Süd, Lippe-Nord, Murr-West oder Elster-Ost und was habe ich in Emscher-Süd, Lippe-Nord, Murr-West oder Elster-Ost gemacht? Ich weiss es beim besten Willen nicht mehr.

34 Apps, die ich für meine Berufe brauche: Deutsches Wörterbuch, Englisches Wörterbuch, Grammatik, Konversation und auf der anderen Seite unter anderem 7 Stimmgabeln, 8 Metronome und 9 Kleinklaviere.

101 Apps, die ich keiner Gruppe zuordnen könnte, die aber für mein physisches und psychisches Wohlbefinden nötig sind. (Darunter die Bibel, der Koran, der Talmud und diverse andere heilige Schriften...)

Insgesamt komme ich auf 287 Apps.
Fünfunddreissig solche Applikationen passen auf einen Bildschirm, ich belege also acht Bildschirme und muss, um zum Beispiel zur Stimmgabel-App NICETUNE® zu kommen, sieben Mal wischen.

Brauche ich jetzt wirklich ANTONY®? Jene App, die nur ein Katholik oder ein Katholophiler oder Katholizismusaffiner erfunden haben kann?
Nein.
Man kann nämlich Apps auch löschen, und weil ich nicht so schnell wieder in die Verkehrsverbünde Emscher-Süd, Lippe-Nord, Murr-West oder Elster-Ost kommen werde, lösche ich diese Apps als erstes.

Es war eine Zeit lang, schick, möglichst viele Apps zu haben. Aber, ich denke, diese Zeiten sind vorbei. Inzwischen ist man auch mit nur ein, zwei, drei guten Apps cool. Denn ab fünf Mal wischen zählt eh niemand mehr mit und der Unterschied zwischen 200 und 400 Apps fällt gar niemand mehr auf…

Ich schreibe also zurück:

Hi Tobi,
Danke für deine Idee. Brauche ich nicht mehr, weil ich 350 Apps gelöscht habe.
LG Rolf

P.S. Die Dienstag-Freitag-Glosse gibt es natürlich NICHT als App.







 

 

 

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