Freitag, 4. November 2022

Slowenien (2)

 
Und hier noch eine zweite Runde mit Impressionen aus Slowenien:

Tiere

Drei Tiere, so schärfte uns die Fremdenführerin in Ljubljana ein, drei Tiere seien wichtig und zentral für Slowenien: Der Bär, der Lipizzaner und die Biene. Der Bär, weil er in den dichten Wäldern des dünn besiedelten Landes wieder heimisch geworden sei, der Lipizzaner, weil die Rasse ursprünglich aus der slowenischen Stadt Lipica komme und die Biene, weil sie so wichtig für die Umwelt sei (Umwelt siehe Post vom Dienstag…).
Nun vergass die gute Frau, die es übrigens richtig nett machte und ein hervorragendes Deutsch sprach, ein ganzes wichtiges Tier. Ja, man muss sogar klar sagen, dass es nicht nur Bär, Lipizzaner und Biene sind, sondern Bär, Lipizzaner, Biene und – Grottenolm.
Jetzt staunen sie.
Aber wenn Ihnen jemand ein Stofftier aus Slowenien mitbringt, dann ist das eben weder ein Petz, noch ein Ross, noch eine Maja, sondern ein Drache oder ein Olm. Huch, nun sind es ja schon fünf, aber da der Drache (das Symbol und Wappentier der Hauptstadt) kein reales Tier ist, zählen wir ihn nicht.

Der Grottenolm also.
Der Grottenolm (Proteus anguinus) ist ein dauernd in Larvenform in Höhlengewässern lebender europäischer Schwanzlurch und die einzige Art der Gattung Proteus. Diese Gattung bildet zusammen mit den nordamerikanischen Furchenmolchen die Familie der Olme.
(Wikipedia)
Der Grottenolm lebt wirklich nur in den Höhlen der Region und ist eigentlich auch ein typisch slowenisches Tier. Sie können bei einem Höhlenbesuch das Tierchen nicht nur im Wasser bestaunen – falls Sie es in der Dunkelheit des Aquariums sehen – sondern auch als Stofftier für Ihren Neffen mitnehmen. Allerdings wird Michi wenig Freude haben: Das Tier (und auch die Stoffpuppe) ist WIRKLICH hässlich.

Höhlen

Wobei wir bei den Höhlen sind.
Als man mir einen Besuch des Höhlensystems von Postojna ankündigte, gähnte ich.
Als Kind Württembergs und damit Oftbesucher der Schwäbischen Alb, bin ich, sobald ich krabbeln konnte, in Höhlen geschleppt worden, die berühmte Bärenhöhle ist hier nur eine davon. Ich habe drei Jahre im Wiesental gewohnt, und hier war ein mehrfacher Besuch der Erdmannshöhle unumgänglich. (Es ist übrigens interessant, dass viele Basler sie nicht kennen, obwohl sie vor den Toren liegt…)
Zu diesen Höhlen kommen unzählige auf den Kanaren, Balearen, Azoren und allen sonstigen -aren, -eren, -iren, -oren und -uren, und auf allen -aren, -eren, -iren, -oren und -uren war es immer das Gleiche: Ab dem fünften Stalagmiten und ab dem sechsten Stalaktiten sahen alle gleich aus.
Und nun also Postojna.
Und das verschlug mir die Sprache.

Wenn Sie sagen, Sie seien schon in einer Grossstadt gewesen (nämlich Berlin) und müssten daher nicht nach Singapur, wenn Sie sagen, Sie wären schon in einsamen Flecken gewesen (Alpwiese bei Zermatt) und stehen nun in der Antarktis, dann kommt das ungefähr dem Feeling gleich.
Postojna ist riesig. Wenn ich alle meine Höhlenbesuche zusammennehme und verdoppele, dann kommen wir in etwa hin. 5 Kilometer legt man zurück, mit dem Züglein und dann auch zu Fuss, und jede Biegung brachte ein neues «Wow» aus meinem Munde hervor. Und wie der Singapurreisende sagen wird, er sei noch nie in einer Grossstadt gewesen, wie der Antarktisfahrer sagen wird, er sei noch nie in der Einsamkeit gewesen, muss ich sagen: Vor Postojna war ich in keiner Höhle.

Essen

Ach ja, wir können das Spiel gleich weiterspielen: Vor Rio in keiner Metropole, vor der Polregion nur in dicht besiedelten Landstrichen, vor Postojna in keiner Höhle und vor Ljubljana auf keinem Wochenmarkt.
Vergessen Sie die paar Ständlein auf Ihrem Markplatz. Der Markt von Laibach mit seinen gefühlt 50 Obstständen, 40 Gemüsebuden, 70 Brotläden und 80 Fleisch- und Fischtischen ist der helle Wahnsinn. Und ob der 50 Obststände, 40 Gemüsebuden, 70 Brotläden und 80 Fleisch- und Fischtische kam unsere Fotografin gar nicht aus dem Knipsen heraus, das machte derart aggressiv klick-klick-klick-klick-klick-klick-klick-klick, dass ich mich (da ich Schlimmeres vermutete) auf den Boden warf und meinen Kopf schützte…

Ja, die Slowenen sind Genussmenschen. Wenn Sie in einem der wunderbaren Bistros am Fluss einen Erdbeersaft (ja, Sie lesen richtig) trinken und dazu etwas essen wollen, und «Schinken und Käse» bestellen, dann kommen nicht wie bei uns ein paar lieblos hingeworfene Scheiben, sondern ein Holzbrett mit köstlichstem Räucherschinken, edelstem Käse, drapiert und dekoriert mit Feigen, Cranberrys, Kürbiskernen und Nüssen. (Gerade alles Kürbisoide ist auch so eine Spezialität…)
Ich hätte mir fast ein Kochbuch von Slowenien gekauft. Liess es aber dann, weil mir einfiel, dass ich auch aus denen der letzten 54 Reisen noch nichts gekocht habe.

Auf dem Heimflug graute mir dann die ganze Zeit vor den Kisten in der neuen Wohnung. Bis mir (fast schon in Kloten) einfiel: Alle Kisten sind ausgepackt. Wir kamen in eine aufgeräumte und strahlende neue Bleibe.

Und freuen uns auf die nächste Reise…

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