Dienstag, 2. Dezember 2025
Die Bastion der Lateiner ist gefallen! (Vatikan gibt Latein als erste Amtssprache auf)
Das heisst (für Nichthumanisten) «Seid gegrüsst, Leser der Dienstag-Freitag-Glosse». Es geht heute nämlich um Latein, und das hat einen Grund: Unsere letzte Bastion ist gefallen. Der Vatikan verzichtet.
Ich habe mit dem Latein eine lange Geschichte. Ich habe Ihnen am 25. 3. dieses Jahres davon erzählt:
Ich habe meine Lateinkenntnisse bei Prof. Dr. Werner Stegmaier erworben. Später Ordinarius in Greifswald, war er in 70ern und 80ern Lehrer am Wagenburg-Gymnasium in Stuttgart. (Erfinde ich jetzt nicht, Sie können ihn googeln und er hat auch einen Wikipedia-Eintrag…)
Es gehört übrigens zu den Merkwürdigkeiten meiner Laufbahn, dass ich am mathematisch-naturwissenschaftlichen Wagenburg den besten Lateinunterricht erhielt, aber eine katastrophale Matheausbildung, und dass es sich dann am altsprachlichen Eberhard-Ludwigs-Gymnasium umdrehte, den besten Matheunterricht der ganzen Stadt und in Latein eine totale Pfeife als Lehrer.
Wie ging es dann weiter?
Nun, Latein wurde mein Wissenschaftliches Beifach an der Uni, ich habe also neben Schulmusik an der Musikhochschule auch Klassische Philologie des Lateinischen an der Albert-Ludwigs-Universität studiert. Und mir wurde einmal eine riesengrosse Ehre zuteil: Im Jahre 1991durfte ich beim «Colloquium Rhenanum», beim Treffen der Freiburger und Strassburger Latinisten den Vortrag der deutschen Seite halten (über die Phaedrus-Fabel III/7 «lupus ad canem»), eine Ehre, die sonst Nebenfächlern nicht zusteht…
In Diskussionen mit Menschen, die dem Latein ein wenig kritisch gegenüberstehen, die meine Studien belächelten, die meinten, es sei ja eine tote Sprache, die es für überflüssig halten, in diesen Diskussionen konnte man nun immer ein Schild hochhalten:
Den Vatikan.
Jener kleine Staat, in dem die Amtssprache das Latein sei, der Latein schreibt und redet und denkt, und der sogar neue Wörter erfindet. Ja! Echt! Schauen sie einmal her:
De sociali quaestione universali agitur, quae humanae vitae dignitati arcte coniungitur. Foederatarum Civitatum Americae Septentrionalis Episcopi socialem nostrae sollicitudinis de caeli status mutatione sensum optime significaverunt, qui tractationem oecologicam tantum praetergreditur, quandoquidem «nostra alterius cura itemque nostra terrae cura penitus nectuntur.
Heisst auf Deutsch:
Es ist ein globales soziales Problem, das eng mit der Würde des menschlichen Lebens zusammenhängt. Die Bischöfe der Vereinigten Staaten haben den sozialen Sinn unserer Sorge um den Klimawandel, der über einen rein ökologischen Ansatz hinausgeht, sehr gut zum Ausdruck gebracht, denn »unsere Sorge füreinander und unsere Sorge für die Erde sind eng miteinander verbunden.
(aus dem Schreiben «Laudate Deum»)
Und nun das:
Der Vatikan, der Sehnsuchtsort der Latinisten, die Bastion in der englischdominierten Welt, das kleine gallische Dorf, die letzte Zufluchtsstätte, dieser Vatikan hat kapituliert.
Die Kurie gibt Latein als erste Amtssprache auf.
Aber ich muss mich ja an die eigene Nase fassen: Mein Latein ist ja auch ziemlich am Ende. Da ich nie an einem BW-Gymnasium unterrichtete, habe ich mein Latein vernachlässigt, ich könnte die meisten Texte heute nicht mehr a prima vista übersetzen. Und das ist im Vatikan eben auch so, viele Leute reden eben doch Englisch miteinander. Der Papst hat nur reagiert, reagiert auf das, was eh Tatsache ist.
Schade ist es doch.
Valete, lectores columnae Martis-Veneris!
Freitag, 28. November 2025
Der schwimmende (im Wasser stehende) Spinnenmann
Der Gute ist jeden Tag im Hallenbad, mal am Morgen, mal am Mittag und mal (leider) zur Stosszeit um 17.00.
Er ist ca. 75 Jahre alt und klapperdürr mit langen Armen und Beinen (daher auch der Name «Spinnenmann»).
Das Besondere an ihm ist, dass er mit voller Wucht schwimmt, aber kaum einen Meter vorankommt. Er stösst seine Arme mit Kraft, und er bewegt seine Beine mit Kraft, mit viel Kraft, mit äusserster Kraft, mit extremer Kraft, aber alle seine Bewegungen gegen nach unten, vertikal, sodass der Zugewinn an Strecke praktisch gleich null ist. Er braucht für die Länge von 25 Metern – ungelogen! – 5 Minuten.
Jeder in B. kennt ihn: Den Hallenbad-Spinnenmann. Den schwimmenden Nichtschwimmer. Den Stehschwimmer. Den Tiefgraber. Den meistverhassten Besucher des Hallenbades in B.
Es gibt laufend Beschwerden über ihn, denn er ist wirklich im Weg. Vor allem natürlich zu Zeiten, an denen das Bad voll ist – wie eben zwischen 17.00 und 18.00, wenn alle Bürogummis und Sachbearbeiter, wenn alle Versicherungsangestellten und alle Sekretäre aus den Offices strömen, um ihren Feierabend mit einem erholsamen Schwimmen einzuläuten.
Aber was kann man ihm sagen? Kann man ihm Hausverbot erteilen? Ihm bestimmte Zeiten zuteilen? Was soll der Bademeister sagen und machen? Die Schwierigkeit ist, dass der Spinnenmann seiner Meinung nach das tut, was man in einem Schwimmbad tun darf: Schwimmen. Nach der Meinung der anderen tut er eben das nicht. Natürlich darf man langsam schwimmen, aber wie langsam ist es noch «Schwimmen» und wann ist es «Stehen im Wasser»?
(Wikipedia, sonst so hilfreich, drückt sich um eine klare Definition…)
Jeder in B. kennt ihn: Den Hallenbad-Spinnenmann. Den schwimmenden Nichtschwimmer. Den Stehschwimmer. Den Tiefgraber. Den meistverhassten Besucher des Hallenbades in B. Das klapperdürre Männlein.
Vielleicht aber tun wir dem Manne unrecht.
Vielleicht ist das, was er macht, gar kein Sport, sondern eine Performance.
Seine sinnlose und ineffektive Kraftanstrengung symbolisiert ja in einer unglaublichen Weise viele Aspekte aus Gesellschaft und Politik:
Vielleicht will er die deutsche Bundesregierung und die deutsche Wirtschaft darstellen, die sich abstrampelt und abmüht, die Geld in die Hand nimmt und Reformen beschliesst, die ackert und sich streitet und nochmal ackert und sich nochmal streitet und einfach nicht vom Fleck kommt.
Vielleicht will er die Klimakonferenzen darstellen, die in regelmässigen Abständen stattfinden und einen immensen Aufwand betreiben, nur um dann wieder festzustellen, dass man nicht vom Fleck gekommen ist.
Vielleicht will er die Kriegsgegner in der Welt symbolisieren, die Kriegsgegner, die nach 3 Jahren Kampf sich endlich an einen Verhandlungstisch setzen, um dann in 8 Wochen einen Waffenstillstand auszuhandeln, einen Waffenstillstand, der dann nach 24 Stunden schon wieder gebrochen wird.
Vielleicht…
Vielleicht…
Vielleicht…
Auf jeden Fall könnte der Mann ein Performer sein, ein Mensch in der Nachfolge Abramovics, Yoko Onos oder Nam June Paiks.
Jeder in B. kennt ihn: Den Hallenbad-Spinnenmann. Den schwimmenden Nichtschwimmer. Den Stehschwimmer. Den Tiefgraber.
Es gibt laufend Beschwerden über ihn, denn er ist wirklich im Weg.
Aber lasst ihn in Ruhe!
Der Mann ist Künstler.
Dienstag, 25. November 2025
Ich bin Utopist - und das ist gut so.
Dabei haben die lieben Leserinnen und Leser meine richtig utopischen Ideen noch gar nicht gelesen:
* Wir fragen jede Gemeinde und Region auf der Welt, zu welchem Staat sie gehören möchte.
* Wir fragen jeden Menschen auf der Welt, in welchem Staat er leben möchte.
* Weltraum und die Weltmeere gehören schon allen, nun wird auch alles, was tiefer als 500m im Boden liegt, der Weltgemeinschaft zur Verfügung gestellt.
(Die zweite Idee stammt übrigens gar nicht von mir, ich habe sie aus einem Programmheft des Theater Basel, weiss aber den Autor nicht mehr…)
Nach dem letzten Post haben mir viele geschrieben, dass ich ein Utopist sei. Und haben das Wort «Utopist» absolut negativ gemeint.
Natürlich ist das alles Utopie. Weiss ich. Weiss ich. Weiss ich. Weiss ich.
Aber – nun mal ganz ehrlich gesagt – sind nicht viele Dinge, die für uns heute total selbstverständlich und üblich und normal sind, eben genau das gewesen: Eine Utopie?
Da wären zu nennen:
* das Auto, die Eisenbahn, der Mondflug und Marsflug und Überhauptflug, die S- und U-Bahn und Schiene und Motor…
* die weltweite Kommunikation, das Telefon, das Handy, das Internet und so weiter…
* generell der elektrische Strom, die Elektronik und der Computer…
* der medizinische Fortschritt, die Möglichkeit, an TBC oder anderen Sachen nicht mehr zu sterben.
etc.
etc.
Nach dem letzten Post haben mir viele geschrieben, dass ich ein Utopist sei. Und haben das Wort «Utopist» absolut negativ gemeint.
Aber genauso im politischen und gesellschaftlichen Bereich haben wir heute viele Dinge, für die diejenigen, die sie vor 100 Jahren dachten und forderten als totale Utopisten beschimpft wurden:
Wir haben – bei allem Bashing und Daraufrumhacken – eine Organisation, in der alle Staaten der Welt zusammensitzen und reden und verhandeln, statt sich die Köpfe einzuschiessen und die Länder zu zerstören.
Wir haben mit dem Roten Kreuz eine Organisation, die sich weltweit um humanitäre und medizinische Belange kümmert, und die in allen Nationen geachtet und anerkannt ist.
Ein evangelischer Mann und eine katholische Frau können heutzutage heiraten, ohne dass sie enterbt und verstossen und aus der Familie verbannt wird.
Aber ich gehe noch weiter: Auch zwei Männer, zwei Frauen können heute zusammenleben und man darf sogar auch noch etwas «dazwischen» sein. Und dieses «Dazwischen» wurde ja schon vor 100 Jahren von Magnus Hirschfeld, der ja sicher unter die ganz grossen Utopisten zu rechnen ist.
«Seid realistisch – fordert das Unmögliche» so prangte es in den 70er Jahren von manchen Hauswänden. Und im wunderbaren Schweizer Film «Utopia Blues» wird gesungen
Vill z`lang hämmer gschwige
Vill z`lang hämmer gnicktVill z`lang hämmer das gmacht
Wo sich halt eso schickt
Doch jetzt wirds sich ändere
Ja jetzt boued mir
Es ganz nöis Läbe uf
Utopia isch nonig tot!
Utopia isch nonig tot!
Ja, Utopia ist noch nicht tot.
Nach dem letzten Post haben mir viele geschrieben, dass ich ein Utopist sei. Und haben das Wort «Utopist» absolut negativ gemeint.
Aber ich bin stolz drauf.
Freitag, 21. November 2025
Klima-Idee: Kein Reisen ohne Heimatkenntnis
Ich war neulich in Sankt Urban. St. Urban ist eine wundervolle barocke Klosteranlage mit einem weltkulturerbeverdächtigen Chorgestühl. Es war einer der letzten Abende des goldenen Oktobers, wir spazierten in der untergehenden Sonne, die das Gebäude in den herrlichsten Farben erstrahlen liess. Einfach klasse.
Ich war noch nie in St. Urban gewesen.
Dabei liegt St. Urban zwar im Kanton Luzern, aber ganz, ganz, ganz im Norden und ist mit einem Bähnlein in 10 Minuten von Langenthal zu erreichen. Langenthal wiederum ist praktisch neben Olten und Olten ist keine halbe Stunde von Basel entfernt. Also in einem Satz: Das ist nicht weit.
Meine Patentante Pauline («Päule») – Gott habe sie selig – hätte dafür kein Verständnis gehabt. Sie war praktisch nie aus ihrem Dorf in der Zollernalb herausgekommen, ein paar Mal Stuttgart bei uns und einmal Paris mit dem Kirchenchor ausgenommen («Was soll ich woanders? Hier ist es am schönsten!»), aber die Dinge der Umgebung kannte sie.
Sie war nie in den Barockkirchen in Oberösterreich oder in Rom, aber die Wallfahrtskirche St. Anna in Haigerloch, immerhin doch auch eines der schönsten deutschen Barockmonumente, die kannte sie in- und auswendig.
Sie war nie in Potsdam und kannte Sanssouci nicht, wohl aber die Stammburg der Hohenzollern, schliesslich gibt die imposante Anlage dem Kreis um Balingen ja den Namen.
Sie hat nie den Schäfern auf Kreta oder in den Highlands, nie den Schafhütern in Syrien oder Palästina zugeschaut oder sie beobachtet, warum auch, Schäfer bevölkerten früher auch die Schwäbische Alb. (Und gaben ihr ihr typisches Aussehen, denn die Schafe verschmähten den ultralangsamwachsenden Wacholder, frassen aber das Gras drum herum…)
Warum reisen wir immer in Ferne? In die Ferne, um dann dort das toll zu finden, was wir daheim vor der Nase haben?
Meine Jungs sind auf jeder Tournee hin und weg von Tropfsteinhöhlen, von den Stalagmiten und Stalaktiten, sie staunen und staunen, aber KEINER von ihnen war je in der Erdmannshöhle – und die liegt in Schopfheim, also nur einen Katzensprung von Basel entfernt (wenn auch im Ausland).
Warum in die Ferne schweifen?
Sieh, das Gute liegt so nah.
So schreibt der Geheimrat – nein, schreibt er nicht, bei Goethe heisst es in Wirklichkeit:
Willst Du immer weiter schweifen?
Sieh, das Gute liegt so nah.
Lerne nur das Glück ergreifen,
Denn das Glück ist immer da.
Aber macht nix. Stimmen tut es doch.
Denn nur, wenn man das Nahe kennt, dann merkt man den Unterschied, natürlich gibt es Berge und Schluchten in Übersee und Flüsse und Vulkane, gibt es dort Wüsten und Steppen, die wirklich einmalig sind, aber diese Einmaligkeit sieht man ja nur, wenn man es mit dem daheim vergleichen kann.
Daraus entwickle ich nun eine Forderung, eine Forderung, die alle Klimaprobleme beendet und allen CO2-Ausstoss gegen Null wandern lässt:
KEIN MENSCH DARF MEHR REISEN, DER SEINE NÄCHSTE UMGEBUNG NICHT EINGEHEND BESUCHT UND ERKUNDET HAT. DIESE KENNTNIS WIRD BEI JEDEM TICKETKAUF ÜBERPRÜFT.
Sie wollen ins Disneyland, stammen aber aus Karlsruhe? Dann zeigen Sie bitte, dass Sie den Europa-Park mindestens 10x besucht haben, dann bekommen Sie einen Flug.
Sie wollen ins MoMa, um dort Warhol und Lichtenstein und Pollock und Rothko anzugucken? Weisen Sie nach, dass Sie alle Post-war-Bilder im Umkreis von 100 Kilometern gesehen haben (die meisten Museen haben ein Bild dieser Meister).
Sie wollen einen Canyon in Thailand? Erst einmal in die Wutachschlucht. Oder in die Via Mala, oder an die Teufelsbrücke.
Ich war neulich in Sankt Urban. St. Urban ist eine wundervolle barocke Klosteranlage mit einem weltkulturerbeverdächtigen Chorgestühl. Es war einer der letzten Abende des goldenen Oktobers, wir spazierten in der untergehenden Sonne, die das Gebäude in den herrlichsten Farben erstrahlen liess. Einfach klasse.
Und es gibt noch viel, viel, viel, viel in der Nähe zu sehen.
Dienstag, 18. November 2025
Gedanken über Fussabtreter - der St. Martins-Fake
Wir haben uns einen neuen Fussabtreter zugelegt. Der alte war am Rand ausgerissen und zerfleddert, er besass nämlich einen Lederrand, der sich zerlegte, wenn man den Gegenstand horizontalen Spannungen aussetzte. Zum Beispiel, wenn man sich mit den Füssen darauf rieb. Und genau das ist es ja, wofür ein Fussabtreter gemacht wird. Also wieder genauso ein Fall, wo die Hersteller nix nachdenken, aber ich will nicht abschweifen.
Der neue Fussabtreter sollte nach unseren Wünschen in den Farben Blau, Schwarz oder Anthrazit gehalten sein, auf keinen Fall in Kackbraun wie der alte. Und auf keinen Fall sollten auf ihm Worte wie
WILLKOMMEN
WELCOME
TRAUTES HEIM GLÜCK ALLEIN
HOME SWEET HOME
stehen, eine solche Fussmatte steht in der gleichen Reihe wie ein Katzenbaum, eine Macramé-Eule, wie ein Holzlättlein-Windspiel und zehn kleine Blumentöpfe mit Usambaraveilchen, nun können ein Katzenbaum, eine Macramé-Eule, wie ein Holzlättlein-Windspiel und zehn kleine Blumentöpfe mit Usambaraveilchen eine gewisse Nostalgie und ein gewisses Kindheitsgefühl auslösen, man würde aber doch darauf verzichten wollen…
Wir schauten nun in MANIFESTUM®, den Katalog für links-intellektuelle Menschen mit hohem Monatseinkommen, also Rundfunkmitarbeiter, Zeitungsredakteure, Museumskuratoren und Dramaturgen, MANIFESTUM® hatte tatsächlich einen Fussabtreter im Angebot, ein wunderschönes Ding in Schwarzgrau, handgewebt aus der Wolle von nordiberischen Ur-Schafen, bio, vegan und unbehandelt, aber den stolzen Preis von 599,99 konnten wir im Moment nicht aufbringen.
Also erstanden wir ein dunkelblaues Exemplar im MUJOB® – für 6 Franken, auch sehr schön und sehr gediegen.
Wir hatten uns nun einen neuen Fussabtreter zugelegt. Der alte war, wie Sie wissen, am Rand ausgerissen und zerfleddert, er besass nämlich einen Lederrand, der sich zerlegte, wenn man sich mit den Füsslein darauf rieb. (Und genau das ist es ja, wofür ein Fussabtreter gemacht wird.)
Es ging nun darum, die alte Fussmatte möglichst elegant und sauber zu entsorgen. Nicht lag näher, als sie zu zerschneiden und die kleinen Einzelteile in den Mülleimer zu tun. Ich schnappte mir nun ein Japanmesser und ging an die Arbeit.
Der schwierigste Schnitt ist in diesem Fall der erste. Nein, der schwierigste Schnitt ist immer der erste – und der tiefste, sang ja schon Cat:
The first cut is the deepest
Baby, I know the first cut is the deepest
Aber nicht abschweifen, der erste Schnitt muss so gesetzt werden, dass er die Unterlage (hier meinen Balkontisch) nicht zerkratzt. Ab der zweiten Zerteilung kann man nämlich die Hälfte der Matte auf der anderen schneiden. Ich hob also den Fussabtreter ein bisschen in die Luft und schnitt so mit Japanmesser hinein.
Und während ich so kämpfte, kamen mir Gedanken. Ich dachte daran, dass wir ja Mitte November haben, und ich dachte daran, dass es wahrscheinlich unmöglich wäre, die Matte zu zerteilen, wenn man sie komplett in der Luft hält, und ich dachte daran, dass es ganz schwer wäre, wenn das Textil leichter und das Messer grösser wäre.
Sie ahnen, worauf ich hinauswill?
Der gute Heilige kann unmöglich diesen Mantel mit dem Schwert so zerteilt haben, wie es auf den Abbildungen dargestellt wird. Wahrscheinlich hat er ihn an der Naht zerteilt, denn normalerweise waren die Mäntel zusammengenäht. Ja, natürlich, da ist die «Lasst-uns-diesen-nicht-zerteilen-Geschichte», aber es ist ja so, dass der Mantel Jesu eine AUSNAHME war…
Die Martinsgeschichte ist also ein Fake, aber das macht nix, sie war auf jeden Fall ein gutes PR.
So.
Jetzt muss ich los, ich brauche immer ein wenig länger.
Weil ich immer noch 10 Minuten vor der Wohnungstüre stehenbleibe und mich über meinen neuen Fussabtreter freue.
Freitag, 14. November 2025
Wo sind Jude, Shaze und Tom im Film?
kennen Sie Sally Phillips, Shirley Henderson und James Callis? Nicht? Britische Schauspielerinnen und Schauspieler. Shirley Hendersons Gesicht ist Ihnen wahrscheinlich als das der «Maulenden Myrtha» aus den Potter-Filmen vertraut. Den Namen haben Sie aber nicht gemerkt. Die anderen beiden stehen irgendwo im Nebel der Unbekannten.
Kennen Sie aber Renée Zellweger, Colin Firth und Hugh Grant? Natürlich, was für eine Frage. Und Sie wissen sicher auch, in welchem Film die drei gespielt haben?
Klar: Bridget Jones. Sie verkörperten dort Bridget, den wunderbaren Mark Darcy und den fiesen Daniel Cleaver.
Nun kommen aber auch die anderen wieder ins Spiel. Sally Phillips, Shirley Henderson und James Callis gaben die Rollen der Freunde Bridgets: Sharon (auch «Shazze», «Shaze», oder «Shazzer/Shazer» genannt), Jude und den schwulen Tom.
Dass Sie sich nun partout NICHT an die drei erinnern, liegt daran, dass man im Film ihre Bedeutung auf ein Minimum reduziert hat.
So.
Ich muss mich nun ein wenig outen. Ich lese manchmal auch Bücher, die nicht über allen Zweifel erhaben sind. Und ich tue das ohne schlechtes Gewissen und mit Spass. Das Gleiche gilt für Filme. So habe ich vor vielen, vielen, vielen Jahren «Schokolade zum Frühstück» gelesen und auch den passenden Streifen dazu gesehen. Nun fiel mir neulich in einem Gratis-Bücher-Schrank der Roman wieder in die Hände und ich las ihn noch einmal.
Und nun fiel mir noch einmal auf, was mich damals schon störte: Im Film ist Clique von Bridget eine totale Nebensache. Im Buch sind Sharon (auch «Shazze», «Shaze», oder «Shazzer/Shazer» genannt), Jude und der schwule Tom mithin die wichtigsten Figuren.
Warum verschwindet die Frauenclique im Film? (Ich rechne den Tunten-Tom nun auch mal zu den Frauen – ich als Schwuler darf das…) Weil die Bridget-Gruppe nicht dem entspricht, was wir unter «Frauenfreundschaften» gerne verstünden.
Frauen sollten gerne befreundet sein, sie sollten auch gerne Zeit miteinander verbringen, gerne sich mögen und zusammenhocken, dann aber etwas Nützliches tun:
* Handarbeiten (stricken, häkeln, spinnen, stopfen…)
* mit den Kindern auf den Spielplatz (oder ins Schwimmbad)
* Austausch von Koch, Back- und Einmachrezepten
* Hilfe beim Haushalt, wenn die andere mal krank ist
usw.
usw.
Bridget, Sharon (auch «Shazze», «Shaze», oder «Shazzer/Shazer» genannt), Jude und der schwule Tom tun aber nichts dergleichen, sie hängen herum, stehlen dem lieben Gott die Zeit, rauchen, futtern, quatschen.
Und trinken viel zu viel Alkohol.
Da Bridget ja Tagebuch führt (nicht umsonst heisst das Buch im Original «Bridget Jones's Diary»), werden die Alkoholmengen immer am nächsten Tag verzeichnet – und sind meist hoch.
Pfui.
Geht gar nicht.
Bei Männern ist das natürlich etwas anderes, da geht es um hehre Dinge, Freundschaft, Kameradschaft, einer für alle und alle für einen, da geht es um Ideale und Kunst und Philosophie, da werden Freundschaften zu Bünden und Bündnissen, und der Alkohol spielt nur nebensächlich eine Rolle.
Denkt man.
Denn wenn man genauso hinsieht, dann sind Männerfreundschaften halt doch sehr häufig Sauffreundschaften, die im Nachhinein zu grossen Dingen stilisiert werden. Was haben die «Schubertianer» bei ihren Wochenendfahrten gemacht? Sicher, Kultur ohne Ende, sagt man, aber sie haben auch entsetzlich viel getrunken.
Gesoffen.
Brutal gesagt.
Beim «Mächtigen Häuflein» ging es nicht anders zu.
Liebe Leserin und lieber Leser,
kennen Sie Sally Phillips, Shirley Henderson und James Callis? Nicht? Britische Schauspielerinnen und Schauspieler.
Und es bleibt zu hoffen, dass einmal eine Bridget Jones-Fortsetzung gedreht wird, in der die ganze Liebe weggelassen wird und die drei 90 Minuten lang Sharon (auch «Shazze», «Shaze», oder «Shazzer/Shazer» genannt), Jude und den schwulen Tom spielen dürfen.
Dienstag, 11. November 2025
Klimakonferenz!
Ja, und dann ist da noch das Schlussdokument der Klimakonferenz. Es gibt hier nichts schönzureden oder zu beschönigen: Glasgow war eine Katastrophe. So schön es war, dass – und lassen Sie sich das jetzt mal auf der Zunge zergehen – niemand mehr den Klimawandel abstreitet, angesichts der Tatsache, dass es eins vor zwölf ist, ist ein Packen-wir-es-irgendwie-und-irgendwann-einmal-an einfach zu wenig.
Einfach Mist.
Einfach nix.
Aber wir wollen nicht alles gleichsetzen, dieses Mal wird alles besser, es sind ja dieses Mal ganz viel Betroffene dabei, Indigene zum Beispiel, die ihren Standpunkt schon klar machen werden.
Dann führte ich 2021 aus, dass diese Abschlusserklärungen mich an die Vorsätze meiner Bekanntschaft erinnert, die jeweils zum Neuen Jahr getroffen werden. Der eine will weniger rauchen, die andere abnehmen, der eine mehr Sport, die andere weniger Alkohol.
Und am Ende eines Jahres kann man (meistens) einen Erfolg verbuchen, denn wer von 30 Zigaretten auf 29 kam, wer von 0 Längen Schwimmen auf 1 steigerte, wer nur noch jeden zweiten Tag sich betrinkt, alle diese Leute haben ja reduziert.
So schrieb ich 2021:
Wenn man also kein klares Ziel definiert, dann ist man immer auf der Gewinnerseite.
…
Und so ist es eben auch mit der Schlusserklärung von Glasgow. „Wir wollen die Kohle reduzieren.“ Das ist ein so netter Satz, eine so entzückende Sentenz, ein so tolles Vorhaben, aber dieser nette Satz, diese so entzückende Sentenz, dieses so tolles Vorhaben bringt halt nix, gar nix, weil dieser entzückende Satz, diese so nette Sentenz, dieser Spruch, dieser Slogan, dieses so tolle Vorhaben keinerlei konkrete Ziele festlegt.
Kohle reduzieren – Bis wann? Und wie viel?
Aber wir wollen nicht alles gleichsetzen, dieses Mal wird alles besser, es sind ja dieses Mal ganz viel Betroffene dabei, Indigene zum Beispiel, die ihren Standpunkt schon klar machen werden.
Ich schloss 2021 mit den Worten:
So bitter es ist: Wir brauchen drastische Massnahmen und die sofort.
Aber wir wollen nicht…
Doch.
Doch.
Doch.
Wir wollen mal gleichsetzen. Welche Klimakonferenz hat in den letzten Jahren wirklich etwas gebracht? Glasgow? Johannesburg? Madrid? Toronto? Baku? Dubai? Sofia?
Wie unerheblich diese Treffen geworden sind, zeigt ja schon die Tatsache, dass ich hier drei Städte hineingemogelt habe, die Sie jetzt – Hand aufs Herz! Hand aufs Herz! Hand aufs Herz! – gar nicht bemerkt haben. Es hab nix in Johannesburg, Toronto und Sofia.
Auch die Anwesenheit der Indigenen kann hier nichts ändern. Denn Sie können ja keinen Druck ausüben, sie können nur hinweisen, hinzeigen, hindeuten auf ein Problem.
Und das Problem ist ja bekannt.
Hinreichend bekannt.
Es tut mir leid, dass ich heute so düster bin. Aber wenn man keine Massnahmen (keine Flüge mehr weltweit unter 500 km – zum Beispiel), sondern nur Ziele beschliesst, dann wird das wieder nix.
Freitag, 7. November 2025
Freundschaft der Welt dank Seltener Erden
Man kann gar nicht sagen, was man gegen sie hatte, sie waren nicht fies oder gemein oder hässlich, sie stanken nicht oder waren zerlumpt, sie hatten keine ansteckende Krankheit und keinen Makel, sie waren einfach «uncool». Sie blieben auch uncool, wenn sie sich um «Coolness» bemühten, ja dann war es fast umso schlimmer, denn ihre Jeans waren dann eben genau nicht die richtigen, ihre Deos rochen falsch und sie hörten genau die falschen Lieder: Hatten Sie gehört, dass Reggae cool ist, dann kamen sie mit «Sunshine Reggae», einem Song, der jedem echten Marley-Fan den Zorn ins Gesicht trieb…
Aber dann gab es Zeiten, da wurden aus den Mauerblümchen, aus den uncoolen Typen, da wurden aus den Opfern und Klassenärschen die Stars.
Die Helden.
Die Grössten.
Die Supermen und Superwomen.
Die Ritter der Galaxis.
Das war, wenn sie irgendetwas hatten, was alle wollten. Dann konnten sie sich vor Freundinnen und Freunden kaum retten.
Olav zum Beispiel wurde zum beliebtesten Schüler, wenn Herbstmesse war, denn dann kam der Cousin seines Patenonkels, der eine Bahn betrieb, die «Hollabullabolla», so ein wildes Fahrteil, wo man ECHT herumgeschleudert wurde. Und Olav bekam immer ca. 50 Freichips.
Marions Vater arbeitete immer wieder in Paris und brachte von dort Schminksachen mit – und zwar Schminksachen, die man im heimischen Warenhaus einfach nicht bekam (und Internet gab es ja noch nicht). Und immer, wenn Marion mit Rouge, Eyeliner, Mascara, Lipgloss und Puder in die Schule kam, dann war sie umringt von Girls, die angeblich alle ihre beste Freundin waren.
Und Peter wurde zum Disco-Helden, zum Travolta der Kleinstadt, er wurde zum Partyhengst, er wurde zum Coolsten, als das «Zibo» aufmachte und Mani, sein Nachbar als Türsteher anfing. Nun brauchte man Peter, denn er konnte Mani überzeugen, bei den Ausweisen nicht so genau hinzugucken…
Schauen Sie, und in der Weltpolitik ist es genauso.
Frudu der Erste, selbsternannter Kaiser von Timborien, einem abgespaltenen Teil der «Südaustischen Republik», müsste eigentlich Probleme haben. Seit seinem Putsch im Jahre 2015 kämpft er um Anerkennung in der Weltgemeinschaft. Bislang umsonst, vergebens, niemand erkennt Timborien an, niemand hat dort eine Vertretung, niemand lässt eine timborische Botschaft ins Land, ja, es wird mit Frudu nicht einmal geredet. Die einzigen Organisationen, die Timborien ihre Aufmerksamkeit widmen, sind NGOs, und zwar solche, die sich mit Menschenrechten auseinandersetzen. Amnesty International zum Beispiel bereist immer wieder das Land, denn die Gefängnisse sind voll – wie gesagt, Frudu der Erste («der Grosse», wie er sich nennt) kam durch einen Putsch an die Macht.
Nun aber…
Nun aber…
Nun aber…
Nun aber haben timborische Ingenieure Eberhardium gefunden, ein Metall, das zu den seltenen Erden gehört und beim Bau des Quantencomputers (Nobelpreis 2025! Sie erinnern sich?) eine grosse Rolle spielen wird. Und zwar Eberhardium in einer relativ grossen Menge.
Und nun geht es Frudu, wie es Olav ging, ihm passiert das, was Marion passierte und sein Schicksal erinnert an Peters Schicksal:
Für den Januar 2026 hat sich eine Delegation aus Deutschland angekündigt, mit Macron hat er telefoniert und mit Trump tauscht er Nachrichten aus. Putin hat eine Mail geschrieben und die Inder, die Chinesen und Japaner werden schon in diesem Jahr zu Gast sein. Es gibt Baugesuche für 30 Botschaften und die Anerkennung Timboriens ist nur noch Formsache.
Dass die Gefängnisse immer noch voll sind, und dass gefoltert wird – wer will das so eng sehen.
So, nun muss ich enden für heute. Ich muss meinem Nachbar noch einen Blumenstrauss zum Geburtstag vorbeibringen.
Ein saublöder Typ.
Aber er sitzt in der Steuerverwaltung – ich werde nicht der einzige Gast sein.
Dienstag, 4. November 2025
Die Verben-Titel-Bücher aus dem Hanserverlag
«Wohnen» von Doris Dörrie
«Altern» von Elke Heidenreich
«Lieben» von Emilia Roig
«Essen» von Alina Bronsky und
«Schlafen» von Theresa Enzensberger
Weitere werden folgen.
Das Spannende an der Reihe ist, dass die Bücher die Themen nicht immer streng behandeln, sondern eine grosse Freiheit herrscht. Während Dörrie und Heidenreich ihr Thema relativ allgemein angehen, schreibt Bronsky sehr persönlich, wir erfahren sehr viel über russisches und hessisches Essen (zum Beispiel warum ein «belegtes Brot» für Nicht-Deutsche keine Mahlzeit ist…). Enzensberger schreibt eigentlich mehr über Schlaflosigkeit als über Schlafen, da sie selbst an Insomnie leidet, ist das ganz logisch. Und Roig? Ja, die driftet ein wenig sehr ab, das geht dann am Ende auch noch zum «Tiere lieben», «Pflanzen lieben» und «den Kosmos lieben». Na ja.
Ich hatte nun die Idee, dem Hanser Verlag ein Manuskript meinerseits anzubieten. Sie können sicher erraten, um was es gehen sollte:
SCHWIMMEN
Ich konnte drei Argumente ins Feld führen, warum mein (noch zu schreibendes) Buch dort verlegt werden sollte:
Ich kann gut schreiben.
Ich kann gut schwimmen.
Lange war der «Herter-Röcker-Lörcher» als technisches Grundlagenbuch DER Renner der wissenschaftlichen Abteilung des Hanser-Verlages. Es gibt also eine Verbindung.
Die Antwort des Verlages war aber relativ ernüchternd. Auch sie führten drei Argumente ins Feld, die klar gegen mein Projekt sprachen:
Ich sei keine Frau.
Ich sei nicht prominent.
Die Einreichungen zu den Neuauflagen des «Herter-Röcker-Lörcher» seien relativ abstrus gewesen.
Wie nun damit umgehen?
Ich bin keine Frau, das kann ich nicht ändern. Und merkwürdigerweise werden alle Bücher dieser Reihe von AutorINNEN geschrieben.
Ich bin nicht prominent, das könnte das Buch «Schwimmen» ändern, aber hier haben wir ein Catch22-Problem, ich müsste prominent sein, um das Buch zu schreiben, das mich dann auch wieder berühmt macht.
Das Argument mit dem «Herter-Röcker-Lörcher» konnte ich nicht ganz entkräften, ich WEISS, dass viele Ideen ziemlich seltsam waren, ich habe ja neulich in dem Post über Emeriti (3. Oktober 2025) darauf hingewiesen.
Ich habe nun beschlossen, eine eigene Reihe ins Leben zu rufen. Die Reihe wird genauso wie die Hanser-Reihe aus essayistischen Werken im Umfang von ca. 100 Seiten sein. Allerdings werden die Verben alle eher dem negativen Spektrum angehören. Folgende Bücher erscheinen hier vor meinem geistigen Auge:
«Lügen» von Donald Trump
«Überfallen» von Vladimir Putin
«Hassen» von Bernd Höcke
«Beeinflussen» von Elon Musk
Haben Sie Lust, sich an der Serie zu beteiligen? Noch ist niemand konkret angefragt.
Und folgende Titel sind noch ganz unbelegt:
«Saufen»
«Rauchen»
«Verblöden»
Sie müssen einfach ein Mann sein, ob prominent oder nicht, ist egal.
Freitag, 31. Oktober 2025
Bitte immer so Tatorte wie am Sonntag!
Das Lied, an das sich wahrscheinlich nur die Boomer erinnern, war ein Schlager von Rudi Carell, den er mit seinem unvergleichlichen (künstlichen) niederländischen Akzent nach der Melodie von «City of New Orleans» von Arlo Guthrie sang:
Wann wird`s mal wieder richtig Sommer?
Ein Sommer, wie er früher einmal war,
So mit Sonnenschein von Juni bis September
Und nicht so kalt und so sibirisch wie im letzten Jahr.
Ich wollte dieses Lied nun noch einmal umtexten:
Wann wird`s mal wieder richtig Krimi?
Ein Krimi, wie er früher einmal war,
So mit Mörder, den man sucht und dann auch findet
Und nicht so kryptisch, wie der letzte Tatort war.
Ich wollte nun von den guten alten Wallace-, und Christie- und Holmes, von den Poirot- und Marple, ich wollte von den Highsmith- und Maigret-Krimis schwärmen, Krimis, in denen man nicht von vornherein weiss, wer der Möder (oder die Mörderin) ist, in denen man raten darf und grübeln, in denen dann am Ende alle im Salon versammelt werden – und der Detektiv (die Detektivin! Es gab ja Marple…) allen die Abläufe mitteilt. Und am Ende war es immer der oder die Unverdächtigste. Oder wie Reinhard Mey sang:
Der Mörder war wieder der Gärtner,
und der plant schon den nächsten Coup.
Der Mörder ist immer der Gärtner,
und der schlägt erbarmungslos zu!
Nun aber hat die ARD am Sonntag, den 26. 10. einen Tatort gesendet, der allen meinen Wunschkriterien entsprach. Und am Ende versammelte im Krimi «Letzte Ernte» die Kommissarin Lindholm (alias Maria Furtwängler) alle Beteiligten im… nein, im Salon nicht, aber im Schuppen (der ja auch Tatort war) und klärte auf.
Und nebenbei…
Ganz nebenbei…
Wirklich nur nebenbei…
Nebenbei erfuhr man einige Dinge über die wirtschaftlichen Sorgen und Probleme der Apfelbauern im Alten Land.
Ach, könnte das doch immer so sein! Ach, könnte das wieder Standard werden! Ach, wäre das schön!
Schön wie bei den guten alten Wallace-, und Christie- und Holmes, bei den Poirot- und Marple, schön wie bei den Highsmith- und Maigret-Krimis, die ich alle so liebe.
Ich möchte keine Tatorte und auch keine Polizeirufe 110 mehr, in denen alle Polizisten 1.) gestörter sind als die Mörder, 2.) alle ihre Leichen im Keller haben und 3.) sich diese Vergangenheiten dann auch noch ständig in die Ermittlungen mischen.
Ich möchte nicht mehr sehen, dass die beiden Polizisten vor 20 Jahren einen Fall falsch gelöst haben und seither nicht nur schlaflos, sondern auch erpressbar sind.
Ich möchte nicht mehr sehen, dass der obskure Anwalt, der sich in den Fall mischt, der Vater der Tochter der Polizistin ist, was sie aber nicht weiss.
Ich möchte nicht mehr sehen, dass die Kollegin des Ermittlers vor 17 Folgen gestorben ist (weil die Schauspielerin aufhören wollte) und der Ermittler seitdem einfach nur noch gaga handelt.
Ich möchte nicht mehr sehen, dass die Mutter der Kommissarin eine gesuchte RAF-Terroristin ist.
Nein, liebe ARD. Weiter wie am Sonntag!
Ich texte mein Lied auch um:
Es wurde mal wieder richtig Krimi!
Ein Krimi, wie er früher einmal war,
So mit Mörder, den man sucht und dann auch findet
Und nicht so kryptisch, wie der vorvorletzte war.
Dienstag, 28. Oktober 2025
Stadtbild?
Stadtbild.
Die Wogen schlugen hoch, es gab Demonstrationen und Kundgebungen, bis sich Friedrich Merz dann doch entschloss, ein wenig zu präzisieren: Es geht um die Sicherheit, oder das Fehlen von Sicherheit, das man am Stadtbild erkennt. Oder eigentlich geht es um das Gefühl des Fehlens von Sicherheit. («Fragen Sie meine Töchter.»)
«Stadtbild» ist ein schwieriger Begriff.
Wenn ich durch Basel laufe, dann stören mich auch bestimmte Dinge im Stadtbild. Am meisten stören mich die riesigen Hochhäuser, die eine Schweizer Pharma-Klitsche errichten liess, aber gegen die kann ich nichts machen.
Manchmal stört mich auch die Gruppe am Claraplatz, die da fröhlich grölt und säuft, manchmal, vor allem, wenn ich daran denke, dass dort Männer ihre Söhne mitnehmen, welche lieber eine Ausbildung machen sollten, aber ich schweife ab; wenn mich diese Gruppe stört, dann kann ich einfach weggucken, was ich bei den Hochhäusern der Pharma-Klitsche nicht kann, sie sind dermassen omnipräsent, dass ein Wegschauen unmöglich ist.
Stören mich Ausländer im Stadtbild? Natürlich nicht, ich bin ja selbst einer. Die Gruppe am Claraplatz – das muss man auch einmal klar sagen – besteht praktisch nur aus Einheimischen.
Es kommt nun immer auf den Blickwinkel an. Ich habe die Frage in die Runde geworfen, ob eine Gruppe von 20jährigen Männern aus Afrika das Stadtbild stören würde. Klares Nein. Deutliches Nein. Ein Votum war: «Natürlich nicht. Wenn es Sommer ist, und sie Tanktops tragen, dann ist das doch unglaublich reizvoll.» Und dann gackerten Detlef und Jens los…Vielleicht war die Runde, in die ich die Frage warf, doch die verkehrte. Ich hätte das Thema nicht gerade in der Plüschbar «Pink Panther» ansprechen sollen.
Aber Spass beiseite.
Mit der ungeschickten und dämlichen Erwähnung seiner Töchter – Merz ist ja unglaublich stolz darauf, wieder einmal ein führender Politiker MIT Kindern zu sein – hat er doch etwas Wahres angesprochen: Es geht um die Sicherheit von Frauen. Das heisst es geht um das Gefühl der Sicherheit von Frauen.
Wir könnten ja einmal den Test machen, wir fragen die «Töchter», vielleicht auch die «Enkelinnen», vielleicht auch die «Mütter» und «Grossmütter», wo sie sich unsicher bzw. sicher fühlen:
daheim, in der eigenen Wohnung, im eigenen Bett
bei der Privataudienz bei einem männlichen Mitglied des europäischen Hochadels
im Sport-Einzeltraining in der Turnhalle
beim Heimweg durch den Park, wo zehn 40jährige Syrer stehen
nachts beim Umsteigen am Bahnhof, zehn 18jährige Afrikaner stehen
Das Gefühl der Unsicherheit wird – egal wie die Umfrage ausfällt – nicht unbedingt mit der Realität übereinstimmen. Daheim fühlt man sich natürlich sicher, obwohl doch sehr viele junge Frauen von männlichen Familienangehörigen missbraucht werden, da ist der Übeltäter sehr, sehr nahe. Der gleiche Sachverhalt trifft auch auf den Sporttrainer zu, hier denkt man, der tut einem nix, aber der Missbrauch im Sport ist noch einer der ganz grossen dunklen Sachverhalte. Und ein gekröntes Haupt? Das muss doch anständig sein, vorbildlich, ritterlich, beschützend, es muss «höflich» sein (schliesslich kommt das Wort von «Hof»). Menschen wie Prinz Andrew, der ehemalige spanische und der jetzige schwedische König zeigen, dass das eben nicht so ist.
Und die Syrer und die Afrikaner? Würde ich meine Hände ins Feuer legen? Natürlich nicht, schliesslich sind es – auch Männer. Wobei ich glaube, dass 18jährige vor toughen Frauen eine unglaubliche Angst haben.
Müssen wir also unser «Stadtbild» ändern? Alle rausschmeissen? Alle reinlassen? Wir müssen gucken, dass alle Menschen, egal woher, egal wo, egal wie, sich an die Spielregeln halten – nicht mehr und nicht weniger.
Noch eine nette Anekdote zum Abschluss: In der U-Bahn neulich in Berlin stehen junge Araber für uns drei «Alten» auf. Ohne Verzögerung, mit freundlichem Lächeln. Der eine erklärt uns (in makellosem Deutsch mit Kreuzberger Akzent), da, wo er herkomme, habe man Respekt vor dem Alter und benehme sich auch so.
Ist das jetzt gut oder schlecht? Soll er dieses prächtige Verhalten ablegen und sich «integrieren»? Denn bei uns steht man ja nicht mehr auf, er sei denn, die 90jährige mit Stock bittet flehentlich darum…
Freitag, 24. Oktober 2025
Berlinreise (2): Von Busverspätungen, Schwimmbädern, Amazon und tollem Theater
So, hier noch die versprochene zweite Ladung an Berlin-Impressionen, einfach mal so, ohne konkrete Abschnitte und Überschriften...
Ich ging jeden Morgen schwimmen. Das ist nun nix Neues, nix Spannendes. Spannender ist vielleicht nur, wohin ich ging. Ich fuhr nämlich jeden Morgen mit dem 194 von der Haltestelle Pflügerstrasse zum Ostkreuz und von da mit der S-Bahn zum Bahnhof Springpfuhl, um am Helene-Weigel-Platz in die Schwimmhalle Helmut Behrend zu gehen.
Warum ?
Weil in Berlin eine Schwimmbad-Wüste ausgebrochen ist. Berlin hat fast 40 Hallenbäder, davon sind etliche wegen Renovierung geschlossen, etliche öffnen erst am Nachmittag, etliche sind nur von 6.00 – 8.00 geöffnet, um dann Schulen und Vereinen zur Verfügung zu stehen. Die nächste Schwimmhalle von der Pflügerstrasse wäre das «Wellenbad am Spreewaldplatz», das zurzeit saniert wird (nachdem es seit gefühlt 8 Jahren geschlossen ist, die erste Zeit überlegte man, ob man das Geld findet, das brauchte eine ganze Weile, nun wird es sicher bis 2040 nicht zugänglich sein).
Nach Marzahn also. Man könnte von der Pflügerstrasse auch einfach sitzenbleiben, dann würde die Reise aber 70 Minuten gehen (eine Strecke). Besser ist es natürlich, vom Bus auf die S-Bahn zu wechseln.
Denn:
Die Busse in Berlin sind eine Katastrophe. Ich habe mir während der Woche an der Spree geschworen, nie mehr, niemals mehr, zu keiner Zeit und an keinem Tage über die Busverbindungen der BVB zu lästern. (Zur Erklärung: Die BVB sind die Basler Verkehrs-Betriebe, die BVG ist die Berliner Verkehrs-Gesellschaft.) In Berlin gibt es zwar Busfahrpläne, aber die sind reine Fiktion, dass ein Bus wirklich zur auf dem Zettel angegebenen Zeit erscheint, ist zum letzten Male am 4. Juni 2015 passiert, auf der Linie 109 an der Haltestelle U-Bahnhof Uhlandstrasse.
Wenn ich am S-Bahnhof Ostkreuz die Treppe hinunterkam, konnte ich an der Anzahl der Menschen erkennen, wie viele Busabfahrten man im Rückstand war. Oft kamen dann drei bis vier Busse hintereinander.
Fand man aber in Bus 1, Bus 2, Bus 3 oder Bus 4 einen Platz, dann war noch längst nicht gesagt, dass Bus 1, 2, 3 oder 4 nun auch tüchtig weiterkommen. Eine Fahrt, die auf der App mit 30 Minuten angegeben wird, kann locker, locker, locker 60 Minuten dauern.
Vier Faktoren beeinträchtigen das ordnungsgemässe Fahren der Linien:
zähflüssiger Verkehr
parkende Autos
Umleitungen
Fahrradfahrer
Und natürlich Lieferverkehr – vor allem Amazon!
Für Leute, die auf dem Land leben, auf dem Dorf, die sozusagen zwischen Scheune und Kuhstall ihr Leben fristen, und für die jede Fahrt in die Stadt ein Riesenaufwand ist, der auch Zeit kostet, Zeit, die man mit den Kindern verbringen könnte oder zum Fenster putzen, ist das ja ok. Aber in der Metropole?
Die Anzahl aller Läden in Berlin kann man natürlich nicht eruieren. Aber das Internet nennt mir über 200 Buchläden. Also ca. 16 in jedem Bezirk und ca. zwei in jedem Ortsteil. Kein Grund, irgendetwas bei Amazon zu ordern. Denn das ist ja das Paradoxe: Die Touristen freuen sich so, endlich einmal richtig shoppen zu gehen, denn zuhause gibt es ja nix mehr, keine Läden, weil alle alles online bestellen, aber hier in Berlin…aber wehe, die Ansässigen hier machen das Gleiche wie die in Pasewalk oder Jüterbog.
Wir waren in vier (in Worten vier, in Zahlen 4) wunderbaren Vorstellungen. «Das Dinner» im Deutschen Theater, «Die Möwe» in der Schaubühne (mit einem unglaublich riesigen Baum als Bühnenbild), bei «Familie Flöz» im BE (eine Truppe, die pantomimisch mit Masken spielt, unglaublich gut) und in der «Zauberflöte» in der Deutschen Oper. Alles kraftvolles, vitales, spannendes, alles gekonntes und erfreuliches, alles professionell gemachtes Theater, das nur zwei Fragen zurücklässt:
Warum geht das anderswo nicht genauso? / Zum Beispiel in Basel?
Warum will man das kaputtsparen? (Man hat lange nix gehört, aber es ist zu hoffen, dass der Kultur-Rotstift wieder in der Versenkung verschwindet…)
Dass die Papagena beim Mozart zwei ihrer Einsätze verpasste, schmälerte die Begeisterung nicht, eine Papagena muss ja vor allem schauspielern, die junge Koreanerin bekam dennoch Bravorufe, obwohl etliche Töne fehlten.
So, das waren ein paar Impressionen von der Spree und von der Havel.
Berlin ist immer eine Reise wert.
Dienstag, 21. Oktober 2025
Berlinreise (1): Vom Botanischen Garten oder: Die Viktoria-Seerose ist ein Märchen
Ach, werden Sie sagen, jetzt ist der schon wieder vereist, ist der eigentlich nie daheim, hat der immer Urlaub? Sie vergessen vielleicht, dass schon wieder Zeit vergangen ist, und Sie vergessen eines: Die Tournee nach Tschechien und Polen war kein Urlaub, auch wenn es schön war, eine Konzertreise mit 70 Sängern und sechs Konzerten ist Arbeit.
Nun aber waren wir eine Woche in Berlin, und da will ich Sie doch ein bisschen teilhaben lassen. Heute wird es um den Botanischen Garten gehen.
Zum Botanischen Garten habe ich eine besondere Beziehung. Meine Mutter wuchs in Lichterfelde in der Tulpenstrasse auf (in der Nähe des Parkes heissen alle Strassen nach Blumen) und der Botanische Garten war eines der wichtigsten Spaziergangziele – wenn Grosspapa vom Büro nach Hause kam, dann war immer eine Stunde Spaziergang angesagt. Aber auch wenn man mit S-Bahn wegfuhr, dann war «Botanischer Garten» der nächste S-Bahn-Bahnhof.
Ich war sicher in meiner Kindheit etliche Male im Hortus Botanicus, ich kann mich aber daran nicht mehr erinnern. Im 21. Jahrhundert war ich dreimal dort, einmal mit meinem Ex (merkwürdigerweise kann er sich nicht mehr an diesen Besuch erinnern...), zweimal mit meinem jetzigen Partner.
Beim ersten Mal gingen wir durch den ganzen Park inklusive Gewächshäuser – nur die Attraktion der Einrichtung, der Star der Truppe, die Schönheit schlechthin war nicht zu sehen, weil ihr Bassin leckte: Victoria cruziana, die Riesenseerose, auf deren Blättern ein Kleinkind sitzen kann.
Beim zweiten Male kamen wir nicht weit, von der Tulpenstrasse herkommend, kamen wir bis zu den Absperrungen, die niemand zu den Gewächshäusern liessen, wir gingen dann einmal um den Teich, um dann im wunderbaren «Landhaus» Aprikosenkuchen zu essen. Natürlich sahen wir auch jenes Mal die Attraktion der Einrichtung, der Star der Truppe, die Schönheit schlechthin nicht.
Dieses Mal freuten wir uns aufs Landhaus und den Aprikosenkuchen, der, da wir vom Königin-Luise-Platz ausgingen, der Endpunkt sein sollte. Das Restaurant war aber geschlossen, wir machten dann im Café Viktoria im Gewächshaus eine Pause, auch dort war der Kuchen (nicht Aprikose, sondern Zwetschge) herrlich – liegt wahrscheinlich daran, dass die Beizen vom gleichen Mensch betrieben werden. Und die Attraktion der Einrichtung, der Star der Truppe, die Schönheit schlechthin? War auch im Oktober 2025 abgeriegelt, wieder leckte ein Becken.
Fazit:
Bitteres Fazit:
Die Attraktion der Einrichtung, der Star der Truppe, die Schönheit schlechthin, die Riesenseerose Victoria cruziana mit ihren 3 Meter durchmessenden Blättern, die 100 Pfund tragen, sie existiert nicht.
Es ist ein Fake.
Eine Lüge.
Alle Menschen, die behaupten, sie gesehen zu haben, lügen. Sie lügen so, wie die Tausenden von Touristen, die auf der Wartburg den Lutherschen Tintenfleck gesehen haben wollen. Den es ja auch nicht gibt.
Aber die Wahnsinns-Kakteen, die herrlichen Farben der Blumen, all das Grün und Oliv, das alles ist ja auch ganz schön.
Heiter waren für uns noch zwei Schilder. Das erste prangte im Gewächshaus:
BITTE SETZEN SIE KEINE HAUSTIERE IN DEN GEWÄCHSHÄUSERN AUS
Anscheinend kommt es ständig vor, dass Besucher ihre Wellensittiche, ihre Schildkröten, Zierfische und Reptilien einfach irgendwo im Botanischen Garten lassen. Sie haben das Gefühl, dass ihre inzwischen ungewollten und ungeliebten Lieblinge dort in Steglitz ganz gut passen würden. Was man nicht bedenkt, sie finden meist keine Nahrung, und das Klima stimmt auch nicht immer, die Tiere gehen erbarmungslos ein. Es schon absurd, auf was für Ideen die Menschheit kommt...
Das zweite Schild, war noch skurriler. Auf einer Fussgängerbrücke über den Amerika-Teich war zu lesen:
!!!!!!!!
AUF DER BRÜCKE MAX. 10 PERSONEN ZULÄSSIG
---------
MAX. 10 PERSONS ALLOWED ON THE BRIDGE
Oh, armes Deutschland, wenn nun auch die Fussgängerstege marode sind und die Belastung begrenzt werden muss. Später diskutierten wir dann noch die Frage, wie man feststellt, wenn die Brücke kracht und die Versicherung nicht zahlt, WER die 11. Person war...
Insgesamt muss man aber sagen, der Botanische Garten ist einer der schönsten im deutschsprachigen Raum und ein absolutes Muss. Gehen Sie hin! Besuchen Sie ihn! Aber erzählen Sie mir nicht, Sie hätten die Seerose gesehen...
So viel für heute, am Freitag die zweite Ladung.
Freitag, 17. Oktober 2025
Losverfahren! Wir sollten überall auslosen
wie der Mond
von wechselhafter Art!
Die deutsche Bundesregierung hat eine fundamental tolle Idee in die Runde geworfen und auf den Weg gebracht:
Die Männer, die in den Wehrdienst müssen, sollen ausgelost werden.
Nach einigem Nachdenken und Grübeln, nach einigem Stirnrunzeln finde ich inzwischen, dass das gar keine schlechte Idee ist. Nein, man sollte das Losverfahren auf ALLE Bereiche des täglichen und öffentlichen Lebens anwenden. Ich möchte Ihnen hier einige Beispiele vorstellen.
RENTE
Die Rentenkassen sind leer? Die neue Idee: Die Renten werden ausgelost. Das Verfahren wird auf folgende Art vor sich gehen:
Mit 65 beantragen Sie nach vielen, vielen, vielen Jahren Arbeit in die Rente zu gehen. Ihr Name kommt in die Lostrommel. Nun wird gezogen, und zwar in einem Verhältnis 1 zu 2, das heisst auf ein Los «Rente» kommen zwei Lose «Nichtrente». Die 33,33% Glücklichen kommen in eine neue Lostrommel, die anderen arbeiten weiter. Jedes Jahr können diese nun wieder eine Rente beantragen und auf die Lotterie hoffen. Allerdings gibt es eine Deckelung des Alters, mit 80 bekommt dann doch jede und jeder sein oder ihre Rente – wenn er oder sie dann noch lebt, aber das ist eben Fortuna!
Und die Glücklichen? Ja, die müssen noch einmal in die Lostrommel, denn nun wird die Höhe der Rente gezogen. Es gibt (zu gleichen Teilen) 30%, 40%, 50% und 60% des letzten Gehaltes. Wem das nicht reicht, der darf natürlich auf die Rente verzichten und das nächste Jahr noch einmal das Glück versuchen. Aber Achtung! Aber Achtung! Man kommt wieder in die ERSTE Trommel, also muss man sich überlegen, ob man nicht jetzt eine Rente von 30% akzeptiert, bevor man nächstes Jahr gar nichts hat.
O Fortuna!
Stets nimmst du zu
und nimmst du ab;
schmähliches Leben!
STEUER
Es wird seit langem diskutiert, ob man die in Deutschland ausgesetzte Vermögenssteuer nicht wieder einführen soll.
Ja, unbedingt wieder einführen, aber per Los! Und das geht folgendermassen:
Jedes Jahr wird zunächst ein Steuersatz gezogen (von 10% bis 70%). Die Ziehung des Steuersatzes wird zum medialen Ereignis hochstilisiert und zu einer kleinen Fernsehshow, man könnte die legendäre Karin Tietze-Ludwig wieder engagieren, sie ist ja erst 84 und sieht immer noch blendend aus, und sie würde mit ihrem legendären Lächeln die magischen Worte sprechen:
«Der Aufsichtsbeamte hat sich vor der Sendung vom ordnungsgemässen Zustand des Ziehungsgerätes und der Kugeln überzeugt.»
Ist der Steuersatz festgelegt, dann werden aus den 100 reichsten Leute in der BRD die gezogen, die Vermögenssteuer in diesem Jahr zahlen müssen.
O Fortuna!
Erst misshandelst
dann verwöhnst du
im Spiel des Geistes Schärfe.
Dürftigkeit,
und große Macht
lässt du wie Eis zergehen.
ORGANSPENDE
Ja, ja, ja, auch hier! Wir haben zu wenig Spenderleber, Spenderniere, Spenderherz, Spenderlunge. Was liegt näher, als uns Spenderleber, Spenderniere, Spenderherz, Spenderlunge durch ein Losverfahren zu sichern. Sobald der Totenschein ausgefüllt ist, wird ausgeknobelt, ob die Organe zu Verfügung stehen. Klar ist, dass nur tote Menschen in die Lotterie kommen, es wird also niemand – wie bei Monty Python – vor Ihrer Tür stehen und ihre Leber, Ihr Herz oder Ihre Niere wollen.
Furchtbares Schicksal du
und eitles,
du kreisendes Rad,
schlimm dein Wesen,
nichtig dein Glück.
Aber – wenn wir jetzt so weit gedacht haben – warum losen wir nicht die ganzen Politiker aus und lassen das mit den Wahlen? Warum nicht? Denn – mal ganz ehrlich:
Schlechter als diese Bundesregierung könnte eine AUSGELOSTE es auch nicht machen…
Dienstag, 14. Oktober 2025
Überall Openair! Der Offenluft-Unsinn
«Wann sind die Konzerte?»
Es stellte sich heraus, dass die Fragende davon ausging, auf jeder Burg und auf jedem Schloss, in jedem Kreuzgang und in jedem Kloster fänden Open Air-Konzerte statt. Und so ganz unrecht hat die Dame ja auch nicht. Johannes Alois Duppler-Fidelmoser musste der Enttäuschten mitteilen, dass auf Burg Mumpfing eine solche Konzertreihe noch nicht geplant sei.
Ihr Erstaunen war grenzenlos.
Beim an die Führung anschliessenden Imbiss, ein Imbiss, der dort «Brotzeit» genannt wird, fingen wir an, eine Konzertreihe für Burg Mumpfing zu planen. Bei der angeregten Diskussion stellte ich fest, dass alle acht Führungsteilnehmer davon ausgingen, die Musik müsse zum Ambiente passen, man müsse also auf einer Anlage, die mit Burggraben, Zugbrücke, mit Mauern und Zinnen, die mit einem 20 Meter hohen Turm und einem Palas aus dem 12. Jahrhundert doch recht imposant ist, auch entsprechende Stücke finden. Das könne allerdings ein Mittelalter-Programm mit Fidel und Flöte und viel Schlagwerk genauso wie ein Programm des Historismus bedeuten, ebenso könne man sich auch einen kompletten Avantgarde-Abend denken, quasi im Kontrast.
Mit unserer Planung – das musste ich nun den anderen Teilnehmenden sagen – waren wir den meisten Open Air-Standorten voraus. Da heisst es nämlich:
Bekanntes Orchester
Solisten mit vielen Preisen
Stücke, die allen gefallen
Melodien zum Mitsingen
Ob irgendwas zu einer Anlage, die mit Burggraben, Zugbrücke, mit Mauern und Zinnen, die mit einem 20 Meter hohen Turm und einem Palas aus dem 12. Jahrhundert doch recht imposant ist, passt, ist wurscht.
Einer der seltsamsten Abende lief neulich auf 3sat: Die Mezzosopranistin Elīna Garanča sang, begleitet vom Kammerensemble CHAARTS, Stücke aus «Carmen». Dazu spielten die Musiker Sätze aus den Carmen-Suiten. Alles phänomenal. Alles grandios. Die Sängerin IST einfach die Carmen und die Musiker waren super – ohne Dirigent.
Und wo fand das Ganze statt?
Auf Neuschwanstein.
An diesem Ort, pseudogotisch und mittelaltergetränkt, passte der Bizet wie eine mediterrane Tarte neben eine Rindsroulade. Zudem regnete es die ganze Zeit und es war kalt, die Zuschauer waren in Regenumhänge gehüllt und die Musiker hatten Schaffell überm Frack, was dem Ganzen noch zusätzlich eine skurrile Note verlieh.
Auf jeder Burg, auf jeden Platz gab es diesen Sommer ein Offenluft. Dabei muss man, müsste man ja eigentlich stets von einem Halb-Offenluft reden; denn die Musiker sind immer unter Dach, das Publikum ist Wetter und Stürmen ausgesetzt.
Hier zeigt sich ein dann ein kleiner Unterschied zwischen Klassik-Offenluft und Rock/Pop-Offenluft:
Bei Klassikkonzerten liegt der Grund für die Abdeckung der Musiker in dem Wert ihrer Instrumente, wer könnte es verantworten, wenn eine sauteure Geige, ein teurer Flügel, ein unbezahlbares Horn dem Regen anheimgegeben würden? Kein ernstzunehmender Musiker ist bereit, bei Regen und Schnee zu spielen. Auch die Zuhörerinnen und Zuhörer machen sich da nicht gut, man hat ja schliesslich keine Sommerhemden und Kleider von Armani und Gucci gekauft, um sie unter Regenumhängen und Pelerinen zu verstecken.
Anders bei Rock/Pop-Konzerten, hier ist es die Technik, die die Bands unter das Dach zwingt, wer schon einmal einen Kaffee auf seinen Computer geleert hat, weiss, wie stark Elektronik unter Nässe leidet; das Publikum allerdings ist hier anders, Regen, Schnee, Sturm, Hagel, Wind gehören dazu, man WILL nass werden, man WILL im Schlamm baden, man WILL es kalt haben. Ein Wacken ohne dreckige Kleider, ein St. Gallen ohne Regen und Sturm wäre nur der halbe Spass…
Aber ist das ganze Offenluft nicht Quatsch? Schon nach dem ersten hätte man aufhören sollen. Das fand nämlich vor 4000 Jahren im heutigen Palästina statt. Die Josua Brass Combo spielte vor Jericho. Mit verheerenden Folgen für die Stadt, sie haben sicher davon gehört. Im Mittelalter durften deswegen Blech und Schlagzeug ihre Openairs nur VOR der Kirche machen, innen wurde schöne und leise Musik gemacht.
Wir haben im August im Raum Passau die Burg Mumpfing angeschaut. Und der Burgführer Johannes Alois Duppler-Fidelmoser machte uns klar, dass auf SEINER Burg der Offenluft-Unsinn nicht mitgemacht würde.
Freitag, 10. Oktober 2025
Auf Wiedersehen, Windows 10!
Au Revoir, Windows 10!
Arrivederci, Windows 10!
A bun ans vair, Windows 10!
Mit dem Kauf meines neuen Computers geht eine lange und intensive Freundschaft zu Ende. Du hast mich seit fast 10 Jahren begleitet, alles wechselte – du aber bliebst. Als Fels in der Brandung. Als nicht wankende Stütze. Ich zog um, von Kleinbasel ins Am Ring-Quartier, von da ins Gellert, du aber warst immer dabei. Der Partner wechselte, du nicht. Und die Arbeitsstellen! Ich übernahm die KKB, hörte in Allschwil auf, hörte beim Musikverein und im Chor auf, aber ob ich nun für die Sekundarschule Powerpoints machte, oder ob ich Probenpläne schrieb, immer war es auf Windows 10. Mit dir geht eine grosse Konstante in meinem Leben verloren.
Mache es gut, Windows 10!
Fais-le bien, Windows 10!
Fallo bene, Windows 10!
Sto bain, Windows 10!
Dass es ganz klar ist: Ich wurde zu diesem Schritt gezwungen. Ich verlasse dich nicht freiwillig, ich wurde genötigt. Ich möchte ausrufen wie Donna Isabella am Beginn der «Braut von Messina»:
Der Noth gehorchend, nicht dem eignen Trieb...
Ende des letzten Jahres kam die Horrormeldung: «Der Support für Windows 10 wird nur noch bis zum 31. 10. 2025 gewährleistet.» Fieberhaft rief ich die Seite meines Herstellers, Acer auf und durchsuchte die Liste nach den Geräten, bei denen ein Update möglich wäre. (So gefühlt hatte ich mich das letzte Mal, als ich in den Listen am schwarzen Brett der Uni Freiburg nach meinem Namen in der Kategorie «Latein – zugelassen zum Hauptstudium» suchte.)
Ich hatte einen Aspire A315-51 und fand in der Liste der Glücklichen
Aspire A315-47 / Aspire A315-48 / Aspire A315-49 / Aspire A315-60 / Aspire A315-61 …
Alle 50-Notebooks hatten die Arschkarte. Tränen liefen mir die Wangen hinunter, zusammen mit dem Abschied von dir würde auch der Abschied vom meinem Acer vonstattengehen.
Es war schön mit dir, Windows 10!
C`était sympa avec toi, Windows 10!
È stato bello con te, Windows 10!
I haja bun cun el, Windows 10!
Warum griff Bill Gates zu so einem harten Schritt? Ja, meine verschwörungstheoretisch denkenden weitläufigen Bekannten würden jetzt sagen, wer die ganze Welt totimpfen will, ist ja eh ein Menschenhasser, aber das lassen wir nun mal ganz schön beiseite, nein, der Grund für das radikale «Der Support für Windows 10 wird nur noch bis zum 31. 10. 2025 gewährleistet» war ganz simpel: Du warst zu gut.
Wenn ein Produkt gut ist, dann halten die Leute daran fest. Das ist aber für eine Firma, die Geld verdienen möchte, ganz blöd. Nichts ist schlechter für das kapitalistische System als Dinge, die gut sind und ein Leben lang halten. Wo kämen wir da hin? Schliesslich will man verkaufen. Und da man ins Windows 10 keine Sollbruchstelle (wie bei Waschmaschinen, Toastern, Herden, Heizungen usw.) eingebaut hat, geht nur der Trick mit der Supportverweigerung. Laut Experten rollt eine riesige Welle von Elektroschrott auf uns zu, weil Millionen von Notebooks und Tablets weggeworfen werden müssen.
Habe viel Spass in der Rente, Windows 10!
Amuse-toi à la retraite, Windows 10!
Buon divertimento in pensione, Windows 10!
Tant divertiment in vitta di pensiun, Windows 10!
Wie wird das jetzt werden mit Windows 11? Es wird es schwer haben, nicht nur bei mir.
Das ist, wie wenn man die Nachfolge eines CEO antritt, der 30 Jahre im Amt war, beliebt bei allen Angestellten und erfolgreich auf der ganzen Linie. (Soll es geben! Soll es geben! Soll es geben!)
Das ist, wie wenn man einen Witwer mit 5 Kindern heiratet, die sich zunächst emotional gegen die Stiefmutter sträuben.
Das ist, wie wenn in der Espressobar die Frau hinter der Theke wechselt und alle Kunden genervt sind, weil die Neue natürlich mit einem «wie immer» nichts anfangen kann.
Aber ich werde Windows 11 eine faire Chance geben, wie auch meinem neuen Notebook – das immerhin wieder ein Acer ist, ein wenig Konstanz braucht der Mensch ja schon…
In diesem Sinne:
Auf Wiedersehen, Windows 10!
Au Revoir, Windows 10!
Arrivederci, Windows 10!
A bun ans vair, Windows 10!
Dienstag, 7. Oktober 2025
Apple Pi
Ich komme mit einer (sehr pfiffigen, sehr gewitzten) Schülerin im Englischunterricht auf die mathematische Grösse «Pi» und wir überlegen uns, wie der Engländer dies ausspricht. Es muss – da sind wir uns einig – «pai» heissen und bildet dann mit «pie» ein Homophon. Sofort kommt uns ein Witz in den Sinn: «What is the math teacher's favorite dessert? – apple pi.» Und wir sind mächtig stolz.
Dann aber denken wir, dass dieser Joke zu eindeutig, zu naheliegend, zu offensichtlich, zu banal ist, und dass sicher schon Leute daraufgekommen sind. Einmal Google ernüchtert uns: Es gibt sogar ein T-Shirt mit diesem Spass, ein Apfel und ein Pi-Zeichen. Natürlich sind schon andere auf diese Idee gekommen…
Ich erzähle meiner Schülerin, dass ich jedes Mal mit einer Schnute reagiere, wenn ein Mensch den Spruch «Das Leben ist hart – Sie sind Herter» bringt. Nicht, weil das nicht lustig wäre, sondern weil der oder die Betreffende meint, er oder sie sei so wahnsinnig originell. Und ich habe diesen Spruch schon circa 1600 mal gehört.
Das heisst aber nicht, vor allen Fettnäpfen gefeit zu sein. Als ich meinen Knabenkantoristen Emil mit Max, Luis und Ariel stehen sah und diese fragte: «Seid ihr die Detektive?», bekam ich von Emil einen Blick, der Enttäuschung, Mordlust, Depression und Verzweiflung in sich barg. Und auch ich war mir so originell, so witzig, so lustig, ich war mir so intelligent und spritzig vorgekommen, dabei war das so banal…
Der geniale Umberto Eco schreibt zu diesem Thema in einem seiner «Streichholzbriefchen»:
Seit ich klein war, bin ich meines Nachnamens wegen gewöhnlich zwei (und nur zwei) Arten von
Witzen ausgesetzt gewesen, nämlich: »Du bist (Sie sind) derjenige, der immer antwortet« und »Du hallst (Sie hallen) durch die Täler wider,« Während der ganzen Kindheit glaubte ich, durch einen merkwürdigen Zufall seien alle Leute, denen ich begegnete, Dummköpfe. Dann, in mein hohes Alter gelangt, habe ich mich überzeugen müssen, dass es zwei Gesetze gibt, denen sich kein menschliches Wesen entziehen kann: Die erste Idee, die einem in den Sinn kommt, ist immer die nächstliegende, und wenn man eine naheliegende Idee gehabt hat, kommt einem nicht in den Sinn, dass andere sie schonvorher gehabt haben könnten. Ich verfüge über eine hübsche Sammlung von Rezensionen, in allen Sprachen des indogermanischen Stammes, deren Titel sich zwischen »L'eco di Eco« (Das Echo von Eco) und »Un libro che fa eco« (Ein Buch, das Widerhall findet) bewegen. Allerdings habe ich hier den Verdacht, dass es diesmal nicht die erste Idee war, die dem Redakteur in den Sinn kam; es dürfte eher so gewesen sein, dass die Redaktion sich versammelt und vielleicht zwanzig mögliche Titel durchdiskutiert hatte, und plötzlich hatte sich das Gesicht des Chefredakteurs aufgehellt, und er hatte gesagt: »Freunde, mir ist eine phantastische Idee gekommen!« Und die Runde: »Chef, du bist ein Genie! Wie machst du das nur?» – «Das ist eine Gabe», wird er geantwortet haben.
Wie kommt es, dass wir immer wieder denken, dass wir einen neuen und originellen Witz gemacht haben? Dass wir eine originelle Idee hatten? Dass wir neuartig und einfallsreich sind?
Weil wir nur Berichte in der Art von «Vor mir war noch keiner draufgekommen und so machte ich das Geschäft meines Lebens» haben und keine andere.
Sehen Sie:
Marco P., der die Idee für den Plugiwumm, ein Küchengerät, hat, das wirklich jeder braucht aber noch niemand erfunden hat, geht zum Patentamt und meldet Plugiwumm zum Patent an. Und natürlich bekommt er das Patent und produziert und lizensiert und wird reich. Und er schreibt ein Buch darüber: «Wie ich den Plugiwumm erfand und reich wurde».
Aber:
Markus F., der den Plagiwamm erfindet, ein Gerät zum sparsamen Schälen von Kartoffeln, geht auch zum Patentamt. Dort erfährt er, dass der «Sparschäler» schon 1947 patentiert wurde, und sogar (zusammen mit der Schokolade, dem Reissverschluss und dem LSD) zu den wirklich wichtigen Schweizer Erfindungen zählt. Der Patentbeamte ist überdies so frech, Markus zu sagen, dass er eine echte Lachnummer sei.
Der Unglückliche wird nun über seine «originelle Idee» schweigen. Er wird hoffen, dass die Sache nicht publik wird, er wird sicher kein Buch mit dem Titel «Wie ich den Plagiwamm erfinden wollte und erstens nicht reich wurde und mich zweitens unendlich blamierte» schreiben.
Und da nur Menschen, die wirklich originell und einfallsreich waren, das veröffentlichen, denken wir, jedes Wortspiel sei witzig und komisch und noch nie dagewesen. Dabei wäre es so einfach, es gibt ja da so ein Ding, das nennt sich das Internet.
Sie haben einen lustigen Spruch zum deutschen Bundeskanzler in Bezug auf den Monatsnamen?
Googeln Sie! Es gibt sie schon tausendfach.
Sie haben eine witzige Schlagzeile zum Thema «Trump triumphiert»?
Googeln Sie! Das Netz ist voll davon.
Ich komme mit einer (sehr pfiffigen) Schülerin auf den Witz: «What is the math teacher's favorite dessert? – apple pi.» Und wir stolz.
Aber Google ernüchtert uns: Es gibt sogar ein T-Shirt mit diesem Spass, ein Apfel und ein Pi-Zeichen. Natürlich sind schon andere auf diese Idee gekommen…
Man ist nicht immer so originell, wie man denkt.