Dienstag, 16. September 2025

Herbsttournee 2025 (1): Von Bahnangestellten, Bauhaus und Bier

Ich bin zurück. Ich bin zurück aus Mähren, aus Schlesien und von der Ostsee. Ich bin zurück mit vielen neuen Erlebnissen und Erfahrungen, ich bin zurück von meiner Tournee und aus der Blogpause und werde jetzt – wie Sie es erwarten – berichten. Und zwar dieses Mal chronologisch.

Der Schlafwagenangestellte

Auf der Nachtfahrt von Basel nach Wien hatten wir eine witzige Buchung, verschiedene Vierer- und Dreier-Liegeabteile, und dazu ein Sechser-Sitz-Abteil. Das ich bekam, obwohl für mich auch eine Buchung in einem Dreierliegeabteil bestand. Aber so entzerrten wir uns alle ein bisschen, und meine beiden Chorbetreuerinnen waren froh um den Platz.
Am Morgen allerdings gab es ein Problem: Kaffee. Ich möchte, brauche und erwarte morgens einen Kaffee – die einzige Sucht, die ich mir nach dem Aufhören mit Alkohol und Nikotin noch genehmige. Nun ging ich in die Schlafwagenzone, und ich versuchte dem Schlafwagenangestellten klar zu machen, dass mir ein Kaffee zusteht. Nichts zu wollen. Nichts zu machen. Ich kam ja offensichtlich aus dem Sitzbereich. Und den Menschen aus dem Sitzbereich steht Kaffee nur kostenpflichtig zur Verfügung. Ich zahlte also 3 Euro für einen (schlechten) Espresso.
Später brachte mir meine allerliebste Chorbetreuerin mein Frühstück, Gipfeli, Joghurt, Apfel und einen grossen Mehrwegbecher Kaffee. Als ich diesen Becher dem Schlafwagenangestellten nun freudestrahlend zurückbrachte, erwartete ich irgendeinen Kommentar, immerhin war das ja der Beweis, dass mir Kaffee zustand, dass ich ein Recht auf Kaffee hatte. Sein Kommentar war aber nur: «Hmrpfr».
Man muss nun aber zur Rechtfertigung der Schlafwagentypen und ihrer schlechten Laune sagen, dass sie für einen solchen Sch…job einfach zu schlecht bezahlt sind. Denn es reisen ja nicht nur Bubenchöre, bei denen auch die Leiter schauen, dass alle schlafen, es reisen ja auch Junggesellen, die saufen und lärmen, und da wären 80,-- pro Stunde angebracht, was aber niemand zahlt…

Bauhaus in Brno

Man wäre gerne Mäuschen gewesen, als das Gebäude, in dem wir logierten, errichtet wurde. Das Hotel «Avion» ist nämlich ein ganz spezielles Ding: Im Jahre 1928 von Bohuslaw Fuchs entworfen und ausgeführt, ist es ein wunderbares Beispiel Neuen Bauens, oder sagen wir doch lieber «Bauhaus». Es gibt ein Foto im Hotel, das Fuchs zusammen mit Le Corbusier auf der Dachterrasse zeigt. Das «Avion» war mit seinen 10 Etagen lange das höchste Bauwerk der Stadt und ist bis heute eine der schmalsten Herbergen Europas.
Wie haben die Menschen damals reagiert? Wie fanden sie den Stil? Waren sie entsetzt über das unglaublich hohe Bauwerk? Über die Schmalheit? Wahrscheinlich haben sie nur gemotzt und sich mokiert, das ist ja häufig so, dass die Sachen erst im Nachhinein geschätzt werden.
Die Auftraggeber des zweiten wichtigen Bauhaus-Gebäudes in Brno, Tugendhats, die die «Villa Tugendhat» in Auftrag gaben, die waren sicherlich begeistert, wer bei Mies Van der Rohe für eine schwindelnd hohe Summe etwas bestellt, der wird dann auch begeistert sein.
Leider muss man das Bauhaus inzwischen wieder verteidigen. Im Schlepptau des Rechtsrucks in Europa ist auch das Neue Bauen wieder in Verruf gekommen. Man hätte es gerne wieder traditionell (oder was man dafür hält), man hätte gerne wieder «Eiche Rustikal» und Eckbänke und karierte Tischtücher. Dabei hat das Hotel «Avion», wie alles in diesem Stil eine wundervolle Eigenschaft: Es ist zeitlos.

Bier in Tschechien

Um es kurz zu sagen: In Brno und in Prag trinkt man Bier. Und zwar richtiges, ordentliches. Und natürlich in Pilzen (deutsch Pilzen), immerhin ist ja eine Biersorte nach dieser Stadt benannt. Das Bier also, das tschechische, es ist kräftig, stark und hat Alkohol. Meine Frage nach einem alkoholfreien Bier wurde von den Kellnern und Barkeepern mit grossem Stirnrunzeln aufgenommen. Wenn ich gefragt hätte, ob ich auf dem Tisch tanzen darf, wäre das Erstaunen nicht grösser gewesen. Wenn ich die Bitte geäussert hätte, mich nackt ausziehen zu dürfen, hätte man auch nicht anders reagiert. Und mein Wunsch nach einem lila Einhorn wäre mit der gleichen Verblüffung aufgenommen worden. Bier ohne Alkohol? Hier?
Das tschechische Bier hat in seiner heftigen Form so viel Alkohol wie bei uns ein Weisswein. Wenn unsere Gastgeber am ersten Abend drei Grosse tranken – und das taten sie – dann war das das Gleiche wie anderthalb Flaschen Chardonnay oder Riesling. Also so schon eine Menge. Als Mineralwassertrinker war ich da natürlich der Exot.

So viel für heute. Am Freitag mehr.

Dienstag, 26. August 2025

Wegen Tournee: Blogpause bis zum 16.9.

Wieder einmal eine Reise.
Wieder einmal eine Tournee.
Und wieder einmal eine Blogpause.

Der Grund für diese Pausen – das haben Sie ja längst herausgefunden – ist natürlich nicht, dass man aufgrund von Funklöchern nicht posten könnte. Laut dem letzten «Digital Development Report» der UN gibt es nur noch fünf grosse Funkloch-Zonen auf der Welt:
die Arktis
die Antarktis
den Himalaya
die Sahara
die Bundesrepublik Deutschland
Und wir fahren nicht nach Deutschland, sondern nach Tschechien und Polen.

Nein, der Grund ist einfach, dass ich, ob des doch sehr vollen Tourneeplans, wahrscheinlich keine Zeit haben werde, mich um meinen Blog zu kümmern. Natürlich könnte ich auf einen Rundgang in Brünn verzichten, natürlich könnte ich ein Sightseeing in Stettin auslassen und natürlich könnte ich Breslau NICHT angucken. Dann hätte ich ein bisschen Zeit, aber das wäre ja schade. Zudem bin ich nicht zum Vergnügen auf der Fahrt, ich bin als Pianist dabei, und jeden Tag wartet auf mich zwar das gleiche Repertoire, aber immer ein neuer Flügel, der getestet und gespielt werden will.

Wieder einmal eine Reise.
Wieder einmal eine Tournee.
Und wieder einmal eine Blogpause.

Ja, und natürlich bringe ich – wie immer – eine Menge Erlebnisse und Erfahrungen mit, und ich werde natürlich darüber berichten. So wie ich Ihnen aus Brasilien erzählt habe. So wie ich immer wieder aus Holland schreibe. So wie ich Ihnen aus Frankfurt, Berlin, Stuttgart oder Köln viele Anekdoten mitbrachte. Ich werde also aus Brünn keine Wienerin, sondern einen Text mitbringen.
Sie erinnern sich doch noch an das doofe Lied von Peter Alexander:

Wie Böhmen noch bei Öst'reich war
vor finfzig Jahr, vor finfzig Jahr,
hat sich mein Vater g'holt aus Brünn
a echte Wienerin.

Doof deshalb, weil natürlich die K&K-Nostalgie immer eine sehr einseitige Sache ist, die Wiener fanden K und K besser als die Tschechen und Ungarn. Und weil es nicht stimmt, Peterlein setzt hier Tschechien und Böhmen gleich, Brno aber ist Mähren, der andere Teil des Landes. Aber waren nicht alle Grossen aus Böhmen? Nein, keineswegs. Leoš Janáček zum Beispiel war Mähre.

Wieder einmal eine Reise.
Wieder einmal eine Tournee.
Und wieder einmal eine Blogpause.

Was können Sie nun – die Frage stellt sich ja immer in einer Blogpause – mit der gewonnenen Zeit anfangen? Hier zwei Vorschläge:

Durchforsten Sie Ihren Kleiderschrank und spenden Sie. Machen Sie am besten zwei Haufen, den einen mit den kaputten, zermotteten und löchrigen, den mit den schmutzigen und verdreckten können Sie getrost in den Müllschlucker kippen. Den anderen Haufen bringen Sie zu einer Sammelstelle, zum Beispiel zu einem TEXAID®-Container. Aber achten Sie darauf, dass Sie die Säcke direkt in den Container werfen und nicht davorstellen. Die werden sonst geklaut. Am meisten von Kostümbildern und Kostümbildnerinnen. Elena Zaytseva wurde etwa dabei beobachtet, wie sie die Kostüme für «Giulio Cesare in Egitto» (Salzburger Festspiele 2025) an TEXAID®-Boxen klaute. Das sah man der Inszenierung auch an.

Wenn Sie zwischen 60 und 65 und Deutsche(r) sind: Sehen Sie sich schon einmal nach einer Stelle fürs Soziale Jahr um. Wenn sich Marcel Fratzscher durchsetzt, dann möchten Sie doch zumindest etwas Schönes und Spannendes machen. Ich selbst weiss gar nicht, ob ich das muss, da ich ja keine deutsche Rente beziehen werde, aber meine ehemaligen Zivi-Kollegen haben mich angefragt, ob wir nicht alle 2030 wieder ein Jahr auf den Sonnenhof nach Schwäbisch Hall gehen. Ich stelle mir das sehr lustig vor…

Wieder einmal eine Reise.
Wieder einmal eine Tournee.
Und wieder einmal eine Blogpause.

In diesem Sinne: Auf Wiedersehen bis zum 16. 9.

Freitag, 22. August 2025

Zu Risiken und...

Wir warten auf die Nachrichten, und da man nicht exakt um 19.00 einschalten kann, lässt sich ein bisschen Werbung nicht vermeiden.

Als erstes schauen wir einer Frau so um die 60 zu, die völlig beschwingt vom Klo kommt, sich aufs Rad schwingt und zum Yoga fährt. Glückselig und gut gelaunt – denn sie hat ausgiebig gesch… Dank Darmibon®.
Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihre Ärztin, Ihren Arzt oder in Ihrer Apotheke.

Ein Mainzelmännchen macht Yoga.

Als zweites das Gegenteil: Entspannen und Einschlafen, hier geht eine junge Frau am Strand entlang und schaut dem Sonnenuntergang zu, und sie wird heute sehr, sehr, sehr gut einschlafen können, dank einem Präparat, das sie mit Melatonin dopt, dank Dormabain®.
Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihre Ärztin, Ihren Arzt oder in Ihrer Apotheke.

Ein Mainzelmännchen schläft.

Als drittes ein älterer Mann, so um die 70, der uns auf einer Wanderung mitten im Wald erklärt, dass er dank Prostitoll® nicht mehr an jeden Baum pinkeln muss, weil sein Harndrang so nachgelassen hat, nicht nur nachts, sondern auch am Tag…
Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihre Ärztin, Ihren Arzt oder in Ihrer Apotheke.

Ein Mainzelmännchen läuft durch den Wald.

Als viertes und letztes ein junger Mann, der sich im Fitnessstudio die Schulter ausrenkt, aber praktisch sofort weiter trainieren kann, ein wenig Muscosun® aufgestrichen, und schon kann man(n) wieder 40kg-Gewichte stemmen.
Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihre Ärztin, Ihren Arzt oder in Ihrer Apotheke.

Endlich hält das Mainzelmännchen das ENDE-Schild hoch, die Uhr läuft, das Jingle kommt und wir begrüssen Barbara Hahlweg. Oder eigentlich begrüsst Barbara ja uns…

Kurz drücken wir noch die violette Taste an unserer Fernbedienung. Sie zeigt uns an, wer den Arzneimittelansagenschnellsprechwettbewerb gewonnen hat:
Darmibon® 1,7 Sekunden
Dormabain® 0,8 Sekunden
Prostitoll® 2,3 Sekunden
Muscosun® 1,4 Sekunden
Dormabain® ist klarer Sieger.

Warum kommen eigentlich nur noch Arzneimittel in der Werbung?
Mein Freund Heinz gibt hier eine klare Antwort: Weil alle Reklame für geile, schöne Sachen inzwischen verboten oder out ist:
Tabak.
Alkohol.
Fettes, ungesundes Fleisch.
Kalorienreiche Süssigkeiten.
usw.
usw.
Und dann fängt er an zu schwärmen, von den Männern, die meilenweit durch den Dschungel laufen, und uns dann ihre Schuhe entgegenstrecken, während sie sich eine Camel anzünden, von Cowboys mit Marlboro und den kleinen Männchen, die erst in die Luft gehen, dann mit HB aber alles bewältigen.
Er schwärmt von Schottischen Schlössern, in denen es Abend wird, und der Tag geht (und Johnny Walker kommt) und von Destillerien im tiefsten Tennessee, in denen die Zeit stehen bleibt und man Whiskey macht.
Er schwärmt von Schokolade und Haribo.

Aber hat Heinz recht? Wahrscheinlich auch ein kleines bisschen, aber problematischer scheint mir die Klientel zu sein. Medikamentenreklame richtet sich ja doch eher an ältere Leute, 17jährige haben keine Verstopfung und können schlafen, und sie haben sicher, sicher, sicher keine Prostataprobleme. Wenn aber die Zuschauerinnen und Zuschauer von «heute» über 50 sind, wie informieren sich dann die Jungen? Hoffentlich nicht nur im Internet, über TikTok und sonstige Kanäle, Fake News lassen grüssen.

P.S.
Ich habe gerade den Satz «Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihre Ärztin, Ihren Arzt oder in Ihrer Apotheke» in 0,5 Sekunden geschafft. Hätte damit also den Arzneimittelansagenschnellsprechwettbewerb klar gewonnen.

P.P.S.
Die violette Taste an der Fernbedienung ist natürlich eine Erfindung von mir, Sie müssen nicht suchen.

Dienstag, 19. August 2025

In der Badi: Haben wir ein Ausländerproblem?

Ich bin gerne und häufig im Freibad. Ich könnte sogar behaupten, dass das Gartenbad St. Jakob quasi mein zweites Zuhause ist, denn ich besitze für das Bad nicht nur ein Abonnement, sondern habe auch eine Kabine gemietet, in der ich Handtücher, Badehosen, Schwimmbrille, Duschgel und Sonnencreme aufbewahre und in der ich mich ungestört umziehen kann.
Das Thema «Freibad» taucht deshalb auch in etlichen Posts von mir auf.

Nun werde ich gefragt, ob ich in letzter Zeit nicht Angst gehabt hätte, man höre ja so einiges, so viel Gewalt und immer – das müsse man ja sagen dürfen – von Ausländern, und dann behalten die ausländischen Jugendlichen neuerdings ihre Unterhosen unter den Badeshorts an, und das sei doch eine Sauerei, und ob das Gartenbad St. Jakob nicht auch alle aus dem Ausland mit einer Sperre behängen müsse…
Und…
Und…

Jetzt mal halblang.
Zunächst einmal ist spannend, dass solche Fragen von Menschen kommen, die a) in Deutschland wohnen, b) dort nie ins Freibad gehen, c) noch nie in Basel waren und d) irgendwo etwas aufgeschnappt haben. Um es klar zu sagen: Wenn Sie, liebe Deutsche, ein korrektes Bild von der Schweiz bekommen möchten, ist die «Weltwoche» nicht unbedingt ein geeignetes Medium.

Wie sind aber nun die Fakten?
Die Badi in Porrentruy hatte Probleme, da kam sehr viel Volk von Frankreich her über die Grenze, ja, und verhielt sich eben nicht besonders gut, lärmte, schlägerte und krakeelte, beleidigte die Badmeisterinnen und Badmeister und belästige andere Leute.
Die Badi Porrentruy schoss aus der Hüfte und verhängte eine Eintrittssperre für Menschen, die keinen Schweizer Wohnsitz haben. (Unter grossem Applaus von rechts, auch von deutschen Rechten, die das ja wirklich nichts angeht.)

Nun ergab sich eine groteske Situation: Michelle (76) und Brigitte (79) aus Villar-le-Sec, einer französische Gemeinde im Département Territoire de Belfort in der Region Bourgogne-Franche-Comté, also jenseits der Grenze, durften nicht mehr in ihr geliebtes Bad nach Pruntrut (so die deutsche Schreibweise), wohl aber die jugendliche Gang aus Bure, einer politischen Gemeinde im Bezirk Porrentruy des Kantons Jura in der Schweiz.

Basel hatte nun auch Probleme. Und Basel reagierte anders. Für ein paar Tage tauchten Sicherheitsleute und Polizei auf, da sah man etliche Trupps von Menschen in Uniform – und dann wurden 10 Hausverbote ausgesprochen (an Ausländer und an Schweizer).
Und seitdem herrschte Frieden.
So kann man es auch machen. Sachbezogen, streng, klar: Wenn du meinst, du musst hier rumschreien und andere belästigen, wenn du nicht auf den Badmeister hörst und hier schlägerst: Da ist die Tür.

Jetzt müssen wir aber noch auf das Unterhosen-Problem eingehen, weil hier so furchtbar gelogen wurde. Der Satz «ausländische Jugendliche haben begonnen, die Unterwäsche anzulassen» bringt mich so auf die Palme, dass ich schreien könnte.
Also:
Praktisch alle Jungs (ja, es sind die Männer!) lassen unter den Badeshorts ihre Unterhosen an, und das tun sie seit 20 Jahren. Warum? Keine Ahnung, es muss irgendwie toll sein, muss irgendwie Spass machen, muss irgendwie geil sein, ich fände es nur eklig, aber ich bin auch kein Jugendlicher. Ein Problem ist die Kontrolle, man kann den Jungs ja nicht in die Hose gucken, jeder Bademeister bekäme da ja sofort eine Anzeige.
Nun tragen viele Jungs Badeshorts, unter denen ganz frech die Unterhose mit einem CK- oder HOM-Logo hervorlugt, zum Teil ist das aber ein Produkt, in das ein Slipteil schon eingearbeitet wurde. Also auch schwierig.

Wir haben es also nicht mit einem Ausländerproblem zu tun. Im Gegenteil, was würde ich tun, wenn ich ein junger Asylant wäre und zum ersten Mal im Gartenbad St. Jakob? Genau. Ich würde gucken, wie es die anderen machen, und selbst wenn ich eigentlich die Hose wechseln wollte, würde ich denken: «Schau mal, die lassen alle die Unterhose an, das mache ich jetzt auch.»

Die letzten 14 Tage der Ferien war es in der Badi so ruhig wie auf einer einsamen Insel. Das merkte man auch an den Securitas-Leuten, denen so langweilig war, dass sie am Ausgang herumstanden und mich daran hinderten, durch den breiten Kinderwagenweg hinauszugehen (ist inkorrekt, aber bequemer) und nicht anständig durch die Drehtür.

Die erste Schulwoche war dann wieder Hully-Gully. Weil alle Basler Schulklassen dort waren – aber mit Lehrpersonal. Aber was soll man machen, wenn im Klassenzimmer im Obergeschoss eines Beton-Glas-Baus 33° herrschen?

Ich bin gerne und häufig im Freibad. Ich könnte sogar behaupten, dass das Gartenbad St. Jakob quasi mein zweites Zuhause ist.
Und das wird auch so bleiben.











 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Freitag, 15. August 2025

Das Plakat


Ein kleines Quiz: Was ist an diesem Plakat verkehrt?

Stuttgarter Sinfoniker
Leitung: Hubert Derwisch

HIGHLIGHTS DER KLASSIK
über 100 Mitwirkende

Brahms: Ungarischer Tanz Nr. 1
Ravel: Bolero
Mozart: Eine Kleine Nachtmusik
Smetana: Die Moldau
Vivaldi: Der Sommer
Strauss: Kaiserwalzer

Musical Theater Basel
Samstag, 4. Oktober 2025 / 20.00

Tickets 60,-- bis 120,-- bei allen Vorverkaufsstellen

Die Antwort: Alles.
So klar und einfach.

Es gibt keine «Stuttgarter Sinfoniker». Es ist ein sogenannter Muggen-Haufen (eine Mugge=Musikalisches Geldgeschäft, entspricht dem, was Jazzer und Rocker und Popper und Blueser einen «Gig» nennen). Das heisst, die Musikerinnen und Musiker werden für dieses eine Projekt zusammengestellt. Darf man das dann «Sinfoniker» nennen? Ja, darf man. Der Begriff ist nicht geschützt. Nicht benützen dürfte man «Stuttgarter Philharmoniker», denn die gibt es und die haben ihren Namen natürlich geschützt.
Also: googeln!

Genauso googeln müssen Sie selbstverständlich den Dirigenten. Wahrscheinlich hat er eine Homepage mit einem beeindruckenden Lebenslauf. Das zählt aber nicht, denn alle haben eine Homepage mit beeindruckendem Lebenslauf. So waren alle auf einem Meisterkurs bei Maestro A.B., da Maestro A.B. circa 10 Kurse pro Jahr gibt, mit circa 20 Teilnehmern, waren schon Hunderte bei ihm.

100 Mitwirkende sind eine stolze Zahl.
Aber kein ernstzunehmendes Ensemble prahlt mit seiner Grösse. Genauso wie Sie auf keiner Speisekarte den Hinweis «über 20 Gewürze» oder «über 40 Zutaten» finden werden. Genauso wie kein Autohändler Ihnen einen Mercedes mit dem Hinweis «der hat über 500 Einzelteile» anpreist. Genauso wie Sie beim Kauf eines Seurat in einer New Yorker Galerie Unverständnis ernten, wenn Sie die Anzahl der Punkte wissen wollen.
Dazu kommt jetzt aber noch das Folgende: 100 Mitwirkende sind für Ravel und Smetana notwendig und denkbar, für Vivaldi und Mozart sind sie Quatsch. Wahrscheinlich sogar tödlich. Diese Musik wurde in kleinen und feinen Ensembles musiziert.

Nun zur Auswahl: Schon der Titel «Highlights» entlarvt ja alles. Eine Programmzusammenstellung, die jeder dramaturgischen Idee bar ist, ein Haufen schöner Melodien nach dem Motto «allen Leuten gefällt es». Immerhin hat man auf einen Pseudo-Zusammenhang verzichtet, den ich auch schon gesehen habe. Zum Beispiel «der Donau entlang», wobei man Ravel rausliess, Vivaldi unter dem Thema «auch an der Donau ist Sommer» mit hineinnahm und hoffte, niemand würde bemerken, dass die Moldau in die Elbe und damit in die Nordsee fliesst.

Last, but not least: Das Musical Theater ist natürlich der verkehrte Ort, Klassik gehört ins Stadtcasino und der Preis ist viel zu hoch.

Ein korrektes Plakat sähe nun also so aus:

GANZ GROSSES AD HOC-ORCHESTER AUS STUTTGART
SPIELT
SACHEN, DIE ALLE KENNEN UND ALLE MÖGEN

ZUM BEISPIEL MOZART UND DEN BOLERO

WIR HABEN EINEN DIRIGENTEN, ABER DEN KENNEN SIE NICHT

Musical Theater Basel
Samstag, 4. Oktober 2025 / 20.00

Tickets 60,-- bis 120,-- bei allen Vorverkaufsstellen (der Preis ist viel zu hoch, wissen wir)

Aber wer würde in ein solches Konzert gehen?