Es gibt Witze und Wortspiele, die so auf der Hand liegen,
dass sie nicht mehr besonders originell sind. Wenn mir jemand sagt, dass das
Leben hart und ich Herter sei, dann entlockt das mir nur noch ein sehr müdes
Gähnen. Als der Semiotiker aus Bologna seine Weltkarriere startete, machten
sämtliche Feuilletons Sprüche wie L‘autore qui fa l’eco (der Autor, der Echo hervorruft) und fanden sich überschäumend
einfallsreich. Genauso ist es jetzt mit Loretta Lynch: Wenn eine mit diesem
Namen in der Justiz arbeitet, hat sie das Wortspiel Lynch-Justiz schon so oft
gehört, dass sie nicht einmal mehr mit der Augenbraue zuckt.
Und dennoch ist es wahr: Die Dame, die hier meint gegen die
FIFA stürmen zu dürfen, betreibt genau das.
Ich bitte sie: Das geht doch gar nicht.
Das geht doch gar nicht, dass hier eine Frau (!) in Sachen
Fussball (!) ermittelt und Massnahmen ergreift.
Es ist für Männer ja schon schlimm genug, wenn sie von
Frauen gedemütigt, beleidigt, wenn sie von Weibern geschlagen, getreten und
verletzt werden. Umgekehrt natürlich auch, aber da ist es natürlich, eine
mächtige Frau IST gegen die Natur. Hunderte von Geschichten, Theaterstücken,
Opern und Operetten wissen davon zu erzählen: Falstaff wird zu seiner grossen
Schande von den Merry Wives in einen Waschkorb gesteckt und Oberst Ollendorf,
der im Bettelstudent nur ein
Kompliment machen wollte, wird mit einem Fächer geschlagen, worauf er traurig
singt:
Ach, ich hab sie ja
nur auf die Schulter geküsst…
Donizettis Don Pasquale bringt es auf den Punkt:
Bist verloren, Don
Pasquale, bist verloren, Don Pasquale, von der eignen Frau geschlagen
Und mir bleibt ein
einzig Mittel: Ich geh fort und häng mich auf…
Schlimmer ist es dann, wenn Frauen als Amtspersonen agieren.
Welcher Mann lässt sich gerne von einer Frau kontrollieren? Natürlich keiner.
Welcher Mann lässt sich gerne von einer Frau anklagen, verurteilen, welcher
Mann steht gerne einer Frau Rede und Antwort? Welcher Mann erträgt es, wenn
eine Frau in seinen Sachen herumschnüffelt, in seine Schränke guckt, in seinen
Mails liest, welcher Mann würde einer Frau freiwillig seine Akten, seine Belege
und Scheine, seinen Schreibtisch und seinen Hobbyraum zeigen?
Keiner. Keiner. Keiner.
Und so sollte es auch keine Staatsanwältinnen, keine
Richterinnen und Polizistinnen, keine Zollbeamtinnen und Steuerfahnderinnen
geben, es sollten keine Frauen bei Ämtern und Behörden und Grenzwachen
arbeiten. Oder nur für Weiber zuständig sein.
Denn es ist für einen Mann entwürdigend, einer Person des
schwachen Geschlechts sein Leben oder seinen Koffer zeigen zu müssen. Umgekehrt
ist es etwas anderes: Die Frau soll dem Manne untertan sein, so steht es
geschrieben.
Wenn nun aber so ein Weib (!) als Amtsperson (!) in Sachen
herumagiert, die eine klare Männerdomäne sind, dann ist das der Gipfel, der
Mount Everest, der Mont Blanc. Es verletzt uns Männer so tief, so grundlegend,
dass eigentlich die Menschenrechtsstelle einschreiten müsste. Bereiche, aus
denen sich Amtsfrauen fernhalten sollten, sind:
Bier
Autos
Angeln
Fussball
Die EU-Richtlinie über den Hopfengehalt von Weissbier MUSS
von einem Mann geschrieben werden, Tempolimits auf Autobahnen MÜSSEN von Kerlen
verhandelt werden und die Fischereigesetze MÜSSEN von Leuten überprüft und
durchgesetzt werden, die nicht nur etwas im Kopf, sondern auch etwas zwischen
den Beinen haben.
Und die FIFA darf nicht von einem Weibsbild angegriffen
werden, das ist klar.
Die Frau hat sicher ein Fussballproblem, wahrscheinlich
schaut ihr Mann zu viel Major League Soccer, und jetzt muss sie irgendwie um
sich schlagen. Die FIFA ist nämlich sauber, sie hat das selber immer wieder
intern kontrolliert und überprüft. Alle diese aufwändigen Eigenevaluationen
ergaben: Null Kriminalität, null Korruption. Siehste.
Ich meine, kennt diese Tusse überhaupt die Fussballregeln?
Weiss sie, was eine Abseitsfalle ist? Kann sie die WM-Austragungsorte der
letzten 150 Jahre aufzählen? Weiss sie, wer Pelé, wer Maradona, weiss sie, wer
Uwe Seeler und Franz Beckenbauer waren oder sind? Hat sie überhaupt schon einmal
in einem Stadion gestanden? Also, wer nicht weiss, wann ein Eckball gepfiffen
wird, hat keinerlei Befugnis, in Sachen Fussballverband etwas zu unternehmen. Und
wer eine Schwalbe für ein Vögelein hält, das in singulärem Auftritt noch keinen
Sommer macht, soll die FIFA in Ruhe lassen.
Frau Lynch mag eine tolle Juristin sein, sie mag fair, klar,
direkt und offen sein, studiert, gebildet und intelligent.
Aber sie ist eine Frau.
P.S. Ich habe diesen Post am Donnerstagmorgen geschrieben.
(Ehrlich! Indianerehrenwort! Isch schwör!) Am Donnerstagabend erschien in BLICK
AM ABEND ein Artikel, in dem dargelegt wurde, dass Loretta Lynch nur an ihrer
Karriere arbeite, dass es bei ihr nicht um Fussball ginge, dass sie von
Fussball keine Ahnung habe… In der Schlagzeile fand sich das schöne Wortspiel
LYNCH-JUSTIZ. Hier sind Redakteure wieder einmal zu geistigen Höhenflügen
aufgestiegen, die einen staunen machen.