Freitag, 29. März 2019
Dienstag, 26. März 2019
Softwarepannen 2
Die
Softwarepannen und Softwarekatastrophen sind so zahlreich und aber auch so
schön, dass gerade noch einmal eine zweite Runde kommt:
Auf besagter
Jugend-Bewerbungs-Homepage können die potentiellen Lehrlinge ein Profil
anlegen, in dem sie u. a. ihr Geburtsdatum eintragen. Dreimal müssen sie
wählen, den Tag aus einer Liste von 1 bis 31 (logisch), den Monat aus einer
Liste von Januar bis Dezember (logisch) und das Jahr aus einer Liste von 1919 –
2019.
Hä?
Das ist wohl
völlig absurd. Ein am 3. Mai 2018 geborenes Kind würde vielleicht im Sommer
2032 seine Lehre beginnen und – mal ganz ehrlich! – welcher Betrieb kann so
lange planen? Umgekehrt kenne ich Rentner, die noch ein Studium beginnen, die
noch den Doktor erwerben oder sich privat mit diversen Sachen beschäftigen. Ich
kenne aber keinen Fall, in dem eine 65jährige Frau oder ein 60jähriger Mann
noch eine Ausbildung zum Gärtner/zur Gärtnerin oder zum Fliesenleger/zur
Fliesenlegerin gemacht hat.
Hier wurde
eine Jahresliste hineingenommen, die auf dieser Homepage keinen Sinn macht.
Schön auch,
wenn Sie auf der Website eines grossen deutschen Opernhauses vor dem
eigentlichen Vorverkauf Tickets bestellen möchten. Sie kommen dann nicht in den
Saalplan, sondern können zwischen Preisstufe 1, Preisstufe 2, Preisstufe 3,
Preisstufe 4 und Preisstufe 5 auswählen. Nirgends aber gibt es Hinweis, was
diese Stufen bedeuten. Ist 1 der Preis eines Einfamilienhauses so wie in Zürich?
Oder entspricht 1 einem Schnitzel mit Pommes und Salat so wie in Freiburg i.
Br.? Sie suchen 80 Minuten nach einer Preistabelle, aber Sie finden nichts.
Grandios.
Auf einer
anderen deutschen Website weist man mich beim Drücken des WEITER-Buttons darauf
hin, dass ich meine Postleitzahl vergessen hätte. Ich scrolle hoch und sehe,
dass ich 4051 geschrieben habe. Noch einmal den WEITER-Button und wieder der
Hinweis:
Bitte
geben Sie eine gültige Postleitzahl ein!
Die Seite
akzeptiert nur 5stellige Zahlen, aber ich kann ja schlecht zu meiner
vierstelligen Basler Nummer noch eine dazuerfinden. Ich probiere CH 4051 – und
das geht! Wäre da nicht ein Hinweis wie ausländische PLZ mit Länderkennzeichen angebracht?
Und dann die
AGB!
Ich lüge
nicht gerne, ich lüge mit grösstem Widerwillen und ich lüge eigentlich fast
nie. Umso mehr stellen sich mir ehrlicher Haut alle Nackenhaare auf, wenn ich
an die Stelle komme, wo es heisst:
□
Ich habe die AGB gelesen und bin damit einverstanden.
Ich will
nicht lügen, also drücke auf den schon erwähnten WEITER-Button und erhalte die
Antwort
Bitte
akzeptieren Sie die AGB
Man will,
dass ich freiwillig die AGB akzeptiere und lässt mich aber nicht weiter, wenn
ich es nicht tue. Das ist eine reizende, eine schöne, das ist eine liebliche
Freiwilligkeit. Das ist so wie die Auswahl, die dem Gefangenen in Mr. & Mrs. Smith von Brad Pitt präsentiert wird:
«You have three possibilities: A – You talk, no pain, B – You don’t talk and it
will hurt, C – I’m not going in details, but in the end you are dead.” Worauf
der junge Mann um ein Glas Wasser bittet, Angelina Jolie ihm ein Telefon auf
den Kopf schlägt und er jammert: «A, A, I take A!!».
Es wäre viel
einfacher, einen Satz wie
Mit
der Bestellung akzeptieren Sie die AGB
zu
schreiben. Das tun Sie z. B. bei jedem Fahrkartenkauf. Steht hinten auf jedem
Fahrschein drauf, nur dass es Allgemeine
Beförderungsbedingungen statt Allgemeine
Geschäftsbedingungen heisst. Oder haben Sie an einem Ticketautomaten schon
einmal einen AGB-Knopf gesehen?
Na also.
Was ist also
zu tun? Im Falle des Theaters (Lüften wir das Geheimnis: Es sind die
Württembergischen Staatstheater Stuttgart) half nur ein Anruf, bei dem ich den
Preis erfuhr und meine Bitte loswerden konnte, die Preistabelle doch bitte,
bitte, bitte in die Homepage einzupflegen. Was mir die Kassendame in breitestem
Schwäbisch auch versprach. («Des könne mir schoa mache») Auch in den anderen
Fällen kann man mailen, schreiben, anrufen etc.
Denn
Websites kann man ändern, und zwar sehr schnell.
Alle
späteren Nutzer werden sich freuen.
Übrigens:
Das mit der
PLZ-Geschichte waren auch die Stuttgarter.
Freitag, 22. März 2019
Software-Pannen
Jedes Mal, wenn
ich online bei der Deutschen Bahn Tickets kaufe, regt mich ein Sachverhalt
wahnsinnig auf: Bei der Länderauswahl muss ich die Schweiz aus einer langen
Liste sämtlicher Länder herausfiltern. Es wäre ja möglich, die Nachbarländer
der Bundesrepublik gesondert an den Anfang zu stellen, aber nein, die
Eidgenossenschaft steht zwischen Schweden und dem Senegal. Mal ehrlich: Aus
welchem Land werden die meisten Tickets bei bahn.de bestellt – ausser
Deutschland? Natürlich aus dem südlichen Nachbarstaat. Wie viele Senegalesen
ordern Fahrkarten bei der Deutschen Bundesbahn?
Ich hatte
neulich das Problem, bei agoda.com eine Hotelbuchung zu ändern, ich hatte extra
eine Buchung getätigt, die eine solche Änderung erlaubte. Als ich versuchte,
die Reisedaten von 28.2.-3.3. auf 1.3.-3.3. zu reduzieren, erschien ein Button
VERFÜGBARKEIT PRÜFEN, verstand ich zwar nicht ganz, klickte aber trotzdem an.
Sehr merkwürdig war, dass agoda.com nun keine weiteren Zimmer fand, der Raum
war ja vorhanden, ich wollte ja nur eine Nacht weniger. Das ist ein wenig so,
wie wenn man dem Ober sagt, man möchte seinen Salat ohne Zwiebeln und er kommt
aus der Küche und sagt, die Zwiebeln seien ausgegangen und deshalb könne man
die Speise nicht servieren.
Schön auch
die Seite, bei der sich Schüler von mir für eine Lehrstelle bewerben können:
Das Unternehmen hat hier ausser für Zeugnisse, für Lebenslauf und für
Motivationsschreiben, für Schnupperberichte und für Multicheck auch eine Stelle
für Arbeitszeugnisse gelassen, die unbedingt gefüllt werden muss. Nun haben
Lehrlinge noch keine Arbeitsstelle gehabt, aber das System ist unerbittlich: Es
will irgendetwas haben, sonst kommt der schöne Hinweis: DIE GEKENNZEICHNETEN
FELDER SIND PFLICHTFELDER. Und wenn Sie dreimal probieren, das Feld freizulassen,
dann schmeisst die Seite alle bisher eingetragenen Daten fort, und wenn ich
sage alle, meine ich alle, das heisst, Sie können ganz von vorne anfangen.
Es gibt noch
Hunderte von Beispielen:
Warum muss
man bei einer Ticket-Bestellung die gewünschte Reihe angeben, wenn doch bei der
Veranstaltung freie Platzwahl herrscht?
Warum bietet
mir die BVB-Fahrplan-App wenn ich «Au…» eingebe ausser Augst auch Augsburg an?
Warum
bekomme ich eine Mahnung, weil ich meinen Krankenkassen-Dauerauftrag nicht
rechtzeitig umgestellt habe (es fehlen 5,70.-) mit einer Mahngebühr von 10.-?
Warum…?
Warum…?
Warum…?
Ich habe
einmal behauptet, in den Softwarefirmen sässen nur misanthropische,
menschenfeindliche, sässen nur sadistische und gemeine Leute, die sich den
ganzen Tag überlegen, wie sie die Menschheit ärgern können, ich glaube das
nicht mehr. Ich glaube viel mehr, dass viel zu viel Standard-Software
übernommen und geschaltet wird.
Für einen
international arbeitenden Paketdienst mag die Länderauswahl von A bis Z mit der
Abfolge Schweden, Schweiz, Senegal Sinn machen, die Deutsche Bahn müsste hier
eine eigene Software-Lösung finden. In bestimmten Fällen mag der Befehl «stets
Verfügbarkeit prüfen» Sinn machen, im Fall einer Reduktion der Reisetage nicht.
Und Lehr- und Arbeitsstellensuche über die gleiche Schiene laufen zu lassen,
ist natürlich auch Quatsch.
Es wird hier
alles über einen Leisten geschlagen.
Wissen Sie
eigentlich noch, was das heisst? Früher hatte der Schuhmacher von jeder Kundin
und jedem Kunden einen Leisten, das heisst ein hölzernes Schuhmodel, auf den er
das Leder fügte. Wenn man nun für jeden Schuhbrauchenden den gleichen Leisten
verwendet, gibt es keine wirklich passenden Schuhe. Sie erinnern sich sicher
noch an das Lied:
Suse, liebe
Suse, was raschelt im Stroh?
Das sind die
lieben Gänschen, die haben kein’ Schuh’.
Der Schuster
hat’s Leder, kein Leisten dazu.
Darum sind
die Gänschen barfuss und haben kein’ Schuh’.
Und genauso
geht es den Leuten, die eine Website betreiben, auf der man eintragen muss,
bestellen will, ordern kann, auf der man Dateien hochladen oder Angaben
ausfüllen will. Sie sind wie Leute, die in zu grossen oder zu kleinen Schuhen
herumeinanderlaufen (sic). Da wird gestolpert und gestrauchelt, da wird Fuss-
und Zehenschmerz erzeugt.
Warum also
nicht massgeschneiderte Lösungen?
Weil die
Geld kosten würden.
Dienstag, 19. März 2019
Wa man alles über die Mitmenschen erfährt
Hallo,
Michael aus Wangen!
Geht es
deinem Fuss besser, sprich, ist er endlich in Ordnung?
Hallo,
Katrin aus Laufen!
Hast du es
endlich geschafft mit diesem Scheisstyp Schluss zu machen?
Hallo, Ralph
aus Luterbach!
Hast du den
neuen Supermixer gekauft?
Nun werdet
ihr euch wundern, wo ich dieses Detail aufgeschnappt habe. Um zu beweisen, dass
ich nicht nur ein Detail weiss, hier die ganzen Fakten:
Michael,
dein rechter Fuss wurde im April letzten Jahres bei einem Velounfall gequetscht
und der grosse Zeh gebrochen. Im Kantonsspital Olten wurdest du am 27. 4. vom
Oberarzt Dr. Meier-Schlottheim operiert, er machte seine Sache gut, aber
dennoch gab es Komplikationen. Bis in den Oktober hinein klagtest du über
Schmerzen, konntest nicht richtig laufen und warst ziemlich beeinträchtigt. Im
November wurdest du noch einmal operiert und bekamst eine Reha bewilligt. Auch
das brachte noch nicht den gewünschten Erfolg. Ende des Jahres 2018 stellte man
nun endlich fest, dass eine angeborene chronische Muskelschwäche in den Füssen
die Genesung verhinderte, diese sogenannte Aplofedistie wird nun seit Januar
behandelt.
Katrin, dein
Freund Karl, den du vor drei Jahren auf einer Reise nach Italien kennengelernt
hast, ist ein verlogener und schwanzgesteuerter Mann. Er hat dich, seit ihr
zusammenseid, mit so ungefähr allen Weibern betrogen, die ihm über den Weg
gelaufen sind. Er ist mit seiner Nachbarin Barbara ins Bett (du nennst sie
«blonde Ratte»), er hat auf der Betriebsweihnachtsfeier seine Kollegin Sina
gevögelt (du nennst sie «fette Schlampe») und er trifft sich zurzeit mit einer
dir noch nicht namentlich bekannten Frau mit violetten Haaren. Das nur die, die
du herausgefunden hast, die Dunkelziffer ist wahrscheinlich höher. Trotz all
der Demütigungen und Erniedrigungen, trotz aller Tränen und Schreikrämpfe,
trotz Weinen und Jammern und Zähnemalmen bist du die ganze Zeit bei ihm
geblieben.
Du, Ralph,
bist begeisterter Hobbykoch, du köchelst und probierst und brutzelst seit
Jahren feine Dinge, machst Soufflés und Gratins, machst Gulasch und Schnitzel,
da werden Rüebli zu feinen Suppen und Pilze zu feinen Saucen, da wird
blanchiert und tranchiert, da wird filetiert und mariniert, das es eine wahre
Freude ist, Nun hast du neulich den MegaMix 775 ® entdeckt, ein Wahnsinnsgerät
der Firma GASTROTECH, ein Wunderwerk, das z. B. Karotten nicht nur raspelt,
sondern auch vorher schält, und das Ganze auch elektronisch vorprogrammiert zu
einer bestimmten Zeit, es macht komplette Kuchenteige und komplette Eintöpfe.
Jetzt hirnt
ihr.
Ihr hirnt
und hirnt und hirnt.
Ihr hirnt,
ob ihr das auf Facebook geschrieben habt oder auf Instagram, ob ihr diese
Fakten auf irgendeinem sozialen Netzwerk hinterlegtet; ihr kontrolliert eure
Accounts und findet aber nichts…
Ich will es
euch verraten:
Ihr habt
alle diese Dinge auf Fahrten mit der SBB so laut in eure Smartphones gebrüllt,
dass es unumgänglich war, dass ich sie hörte.
Ich weiss
übrigens noch viel mehr:
Ich weiss,
dass Beat aus Oberdorf seine Erbschaft über 50000.- nicht bei der Steuer
angeben wird, sondern sie nächste Woche ins Fürstentum Liechtenstein schaffen
wird.
Ich weiss,
dass Sylvia aus Olten sich überlegt, für den Nationalrat zu kandidieren, dies
aber ihrem Mann nicht erzählen will, der letzten Mal deutlich nicht gewählt
wurde.
Ich weiss,
dass Anton aus Solothurn, der bei den Schneuzer-Werken als IT-Chef arbeitet,
nächste Woche seinen Job künden wird.
Ich weiss…
Ich weiss…
Ich weiss…
Alles live
von den Betroffenen in Zügen der SBB erzählt.
Alle
Geheimdienste der Welt, die Steuerbehörden, die Polizisten, die
Wirtschaftskriminalität bekämpfen, der Verfassungsschutz und der Zoll sollten
sich also schleunigst Leute zulegen, die nichts anderes tun als Zug fahren.
Und
zuhören.
Ich biete
mich gerne an.
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