Heinrich
Heine (1797 – 1856)
Die Loreley
Ich weiß nicht, was soll es bedeuten, dass
ich so traurig bin;
ein Märchen aus alten Zeiten, das kommt mir nicht aus dem Sinn.
Die Luft ist kühl und es dunkelt, und ruhig fließt der Rhein;
der Gipfel des Berges funkelt im Abendsonnenschein.
Die schönste Jungfrau sitzet dort oben wunderbar;
ihr goldnes Geschmeide blitzet, sie kämmt ihr goldenes Haar.
Sie kämmt es mit goldenem Kamme und singt ein Lied dabei;
das hat eine wundersame, gewaltige Melodei.
Den Schiffer im kleinen Schiffe ergreift es mit wildem Weh;
er schaut nicht die Felsenriffe, er schaut nur hinauf in die Höh.
Ich glaube, die Wellen verschlingen am Ende Schiffer und Kahn;
und das hat mit ihrem Singen die Loreley getan.
ein Märchen aus alten Zeiten, das kommt mir nicht aus dem Sinn.
Die Luft ist kühl und es dunkelt, und ruhig fließt der Rhein;
der Gipfel des Berges funkelt im Abendsonnenschein.
Die schönste Jungfrau sitzet dort oben wunderbar;
ihr goldnes Geschmeide blitzet, sie kämmt ihr goldenes Haar.
Sie kämmt es mit goldenem Kamme und singt ein Lied dabei;
das hat eine wundersame, gewaltige Melodei.
Den Schiffer im kleinen Schiffe ergreift es mit wildem Weh;
er schaut nicht die Felsenriffe, er schaut nur hinauf in die Höh.
Ich glaube, die Wellen verschlingen am Ende Schiffer und Kahn;
und das hat mit ihrem Singen die Loreley getan.
Bundesgerichtshof Karlsruhe
Am Schloss
Aktenzeichen
GHSTZ/567345672/FGEVEB/efgegge/9003435
In Sachen: Der deutsche Staat gegen
Heinrich Heine
Karlsruhe, den 13. 11. 2018
Im Namen des Volkes ergeht letztinstanzlich
folgendes Urteil:
Der Dichter Heinrich Heine wird wegen Grobem
Unfug (StGB § 345 d) und Anstiftung zur Veruntreuung von Geldern (StGB 723 c) zu
einer Freiheitsstrafe von 2 Monaten verurteilt. Die Strafe wird zur Bewährung
ausgesetzt.
Begründung:
Mit seinem
Gedicht hat der Poet die Illusion erweckt, bei der Loreley handele es sich um
eine alte deutsche Sagenfigur. («Ein Märchen aus uralten Zeiten…») Dies hat er
wissentlich und in voller Absicht getan. Hunderte von Germanisten und
Volkskundlern sind seitdem an den Rhein gefahren und haben Archive und
Nachlässe durchforstet, natürlich ohne fündig zu werden. Dabei sind Spesen und
Honorare von einem siebenstelligen Betrag entstanden, ganz zu schweigen von
vergeudeter Lebenszeit, die nicht ersetzt werden kann. Herrn Heine musste klar
sein, dass man nach einer solchen Figur suchen würde. Ob die Gelder immer
sinnvoll eingesetzt wurden, kann hier nicht mehr eruiert werden, spielt für die
Entscheidung aber auch keine Rolle. Der im Prozess diskutierte Sachverhalt,
dass Prof. Dr. Hubert Schleuder während seiner Loreley-Recherchen in einem
*********-Hotel abgestiegen ist und relativ kostspielig gegessen hat, wird als
Einzelfall gesehen.
Die
sogenannte «dichterische Freiheit» oder «Freiheit der Dichtung» greift hier
nicht, denn das BGB schränkt die Freiheit eines Literaten klar ein: Gelogen
werden darf nach § 854 BGB in der Belletristik durchaus, aber er setzt drei
Ausschlusskriterien:
·
Es dürfen keine Persönlichkeitsrechte verletzt
werden.
·
Die öffentliche Ordnung darf nicht gestört
werden.
·
Es dürfen keine Kosten entstehen.
Die Frage
stellt sich natürlich, ob nicht eigentlich der Kollege Brentano der wirkliche
Schuldige ist. Hier muss darauf hingewiesen werden, dass im Gedicht von diesem
noch die Möglichkeit gelassen wird, die Loreley als eine Erfindung der Romantik
zu sehen, während Heine mit seinem «Märchen aus uralten Zeiten» hier klar die
Behauptung aufstellt, die Dame auf dem Felsen sei eine alte deutsche
Sagenfigur.
P.S.
Da Heinrich
Heine nicht mehr lebt, wird das Urteil posthum gefällt. Der komplexe
Sachverhalt einer posthumen Bewährung wird noch auszuarbeiten sein.