Freitag, 28. Februar 2025

7 Tipps für Fritze

Lieber Fritze,

So. Jetzt bist du Kanzler – also natürlich noch nicht wirklich, aber so gut wie. Du hast es geschafft. Und alle Augen in der BRD sind nun auf dich gerichtet: Wirst du es schaffen? Wirst du dem Land das geben, was es braucht?
Du weisst genau, dass dieses Land nun einen Wumms braucht. Einen Impuls, ein Momentum, das Land braucht etwas, das Mut macht, das einen aufleben lässt. Und deshalb haben wir dir hier sieben Tipps, Tipps für ein Momentum, einen Impuls für unser Land.
Und:
Es sind günstige Tipps – denn Geld hast du ja auch keines, also du schon, aber die Staatskasse nicht.

Tipp 1: Fähren

Lieber Fritze, lass die Brücken einmal Brücken sein. Niemand braucht unbedingt Brücken. Kehren wir doch zu der alten, traditionellen, schönen Weise zurück, einen Fluss zu überqueren: Dem Fährmann. Fähren sind etwas Wundervolles. Wir in Basel haben vier davon. Und auch in Deutschland wird ja gesungen:
Schwäbische, bairische Dirndel juchheirasa,
muß der Schiffmann fahren.
und:
Heidewitzka, Herr Kapitän!
Mem Müllemer Böötche fahre mer su gähn.
Also lass die Brücken ruhig einstürzen, und installiere in der BRD 1000 Fährboote.

Tipp 2: ESC gewinnen

Wenn die Chefs der Eurovision nur halb so korrupt sind, wie ihre Kollegen von der FIFA und UEFA und vom IOC, dann kann man da doch sicher etwas machen: Deutschland gewinnt den ESC 2025! Und zwar haushoch, praktisch überall heisst es: Deutschland 12 Punkte – Germany 12 points – Allemagne 12 points. Das gibt einen Ruck durchs Land!

Tipp 3: Bauen

Lieber Fritze, schaue zu, dass du viel baust, und zwar effektiv und schnell, von der Planung bis zur Fertigstellung in 3 Monaten. Hole dir dafür ein paar chinesische Architekten, die können das, hole dir ja, ja nicht, ja nicht, auf gar keinen Fall die Basler, die brauchen Jahre und kosten das 20fache, nein, Xi Lung aus Peking oder Xi Long aus Wuhan, die machen das ganz fix. Und dann baue, und bei jeder Fertigstellung eine grosse Pressekonferenz, dabei ist es völlig wurscht, ob es Klohäuschen oder Sozialwohnungen oder nur ein Kiosk ist: Deutschland baut wieder!

Tipp 4: Freigewässer statt Hallenbäder

Es wurde immer wieder moniert, dass immer weniger Kinder schwimmen lernen, weil es an Bädern mangelt. Auch hier die Kehrtwende: Wer braucht Hallen- oder Freibäder? «Nur Memmen brauchen Beckenrand», das wird die neue Devise sein. Die BRD besitzt 290000 stehende Gewässer, da kann man doch schwimmen! Unter deiner Führung werden die Deutschen wieder ein toughes, starkes Volk, das den Kontakt auch zu 6 Grad kaltem Wasser nicht scheut…

Tipp 5: ÖV verbessern

Die DB zu sanieren, das wird Zeit und Geld kosten. Ebenso das Busnetz, das ja eigentlich gar nicht existiert. Aber hier zwei Gedanken zur schnellen Abhilfe: In der Bahn gibt es bei Verspätungen und Ausfällen Gewürztee und Lebkuchen, das ändert zwar nix an der Situation, aber macht Laune und bessert die Stimmung. Und für den Busverkehr gibst du die Parole «Bushäuschen an jede Station» aus, auch genannt «Merz lässt niemand im Regen stehen», das motiviert nämlich auch, wenn man nicht im Vollschiff auf den Bus warten muss.

Tipp 6: Konsum steigern durch Gutscheine

Den Asylanten wird ja zum Teil kein Geld ausgegeben, sondern Gutscheine. Das sollte man bei den normalen Bundesbürgern auch so handhaben. Was gibt man ihnen Bürgergeld, wenn sie es dann für Produkte aus Asien wegschleudern! Konsequent wäre es, den Arbeitslosen (=Arbeitsunwilligen?) Bons zu geben, für die sie nur deutsche Produkte erwerben können. Also wenn schon Hartz IV, dann in Schiesser und nicht in CK.

Tipp 7: Neue Hymne

Deutschland bekommt (endlich) eine neue Nationalhymne. «Einigkeit und Recht und Freiheit»? Braucht kein Mensch, was du jetzt brauchst ist Infrastruktur und Digitalisierung und Wirtschaft. Klingt nicht so griffig, aber mit einer netten Melodie vielleicht ganz hübsch. Und diese Hymne wird dann jeden Tag überall gesungen…

In diesem Sinne, Fritze!
Viel Erfolg!

 

Dienstag, 25. Februar 2025

Wie es mit den Kaffeebons weiterging

Liebe Leserinnen und Leser

Nein, ich kann Ihnen noch keinen Beitrag zur Wahl liefern. Das folgt. Ich werde Ihnen stattdessen berichten, was mit meinen Gutscheinen und Bons bezüglich Kaffee in der Eisenbahn passierte.
Sie meinen ja, ich erfinde alles und flunkere so herum und verbreite Märchen und Fakes. Aber die Sache war fast wahr, einzig der Code stimmte nicht. Aber dazu später.
Interessant erst einmal die Reaktion der DB, ja, der Bahn Bonus Service hat umgehend reagiert. Gut eigentlich, aber reagiert auf eine typisch deutsch-bürokratische Weise.

Hallo Herr Rolf Herter,
vielen Dank für Ihre E-Mail vom 14. Februar 2025.
Selbstverständlich nehmen wir Ihr Schreiben sehr ernst und werden versuchen, unseren Kundenservice entsprechend zu verbessern - denn Ihre Zufriedenheit und ein optimaler Service sind uns sehr wichtig.
Gerne möchten wir Ihnen auf diesem Wege nachträglich zu Ihrem Geburtstag gratulieren. Wir wünschen Ihnen alles Gute und viel Gesundheit.

Grossartig, nicht? Sie werden ihren Service verbessern! Das heisst, irgendwann werde ich an meinem Geburtstag auch einen Kaffeebon erhalten. Vielleicht 2026. Oder 2027. Oder die halten es so, wie sie es mit dem Stuttgarter Bahnhof machen. Es ist doch reizend, mir zu schreiben, man werde sich irgendwann um Geburtstagsgratulationen kümmern, anstatt mir – und das wäre das gewesen, was ich erwartet hätte – sofort einen Bon zu schicken.
Aber dass die DB überhaupt reagiert hat, ist sehr nett…

Wie ging das nun mit SBB weiter?
Ich hatte ja geschrieben:

Zwei nette Präsente kamen noch von der Karten-Ecke, einer Homepage, die Billette vertreibt, sie geben mir 5,-- Sfr Rabatt auf die nächste Bestellung, und von der SBB, die mir mit dem Code 45jfhgu4h48gh89hfiubi08364658»/&%&//// einen Gratiskaffee für die nächste Zugfahrt spendieren. Was mir nun noch nicht ganz klar ist, ist, wie 45jfhgu4h48gh89hfiubi08364658»/&%&//// zum Servicepersonal kommt. Muss ich 45jfhgu4h48gh89hfiubi08364658»/&%&//// auswendig lernen und aufsagen oder schreibt der Kellner 45jfhgu4h48gh89hfiubi08364658»/&%&//// von meinem Handy ab? Oder hat er die Mail mit 45jfhgu4h48gh89hfiubi08364658»/&%&//// auch bekommen? Aber weiss man, welchen Zug ich am 16. 2. nehmen werde?

Gut, der Code war Quatsch, der war überzeichnet und zu lang und übertrieben. Der richtige Code war viel kürzer, er lautete omxHkWN8Y1LyV. Nun gut, wirklich kurz und bündig ist das auch nicht.
Warum ich Ihnen den echten Code nicht genannt habe? Weil ich Ihnen nicht traue, Sie hätten ja das ganze Wochenende Zeit gehabt, mir meinen Kaffee zu stehlen, Sie hätten den Code nur sagen müssen, und mein Getränk wäre weg gewesen. Ich fuhr übrigens erst am 17. Februar wieder, das war falsch.

Was geschah nun?
Ich hatte meinen doppelten Espresso getrunken, es ging ans Bezahlen. Ich gab die wunderbare Reihe omxHkWN8Y1LyV ein, aber der Kellner war nicht in der Lage, diese Buchstaben und Ziffern irgendwo einzugeben. Er wollte einen QR-Code.
Nun waren wir beide ratlos. Ratlos wie Leander im Meer ohne Licht, ratlos wie Tell vor dem Hut, wir waren ratlos wie die vielen Prinzen, die es vor Kalaf probierten, ratlos wie ein Börsenmakler, dem gerade die Felle davonschwimmen.
Wir suchten nun beide verzweifelt auf unseren Geräten, und nach nur 20 Minuten suchen, wurde er auf seinem Tablet und ich auf meinem Handy fündig.
Bei ihm stand ganz klein, unten:

wennkundekeinqrbittehierklicken

Und bei mir stand ganz klein, unten:

wennqrnichtsichtbarbittehierklicken

Wir entschieden uns dann für den QR-Code und alles ging.
Warum in aller Welt macht man entscheidende Hinweise immer so klein? Manchmal müsste doch ein Hinweis einfach gross sein. GROSS!
Versuchen Sie einmal am HBF in Bern den Abfahrtssteig Ihres Busses oder Ihres Tram zu finden. Sie werden es nicht schaffen, ohne einmal um das ganze Areal herumzugehen und damit alle Buchstaben A bis Q abzulaufen. Doppelt so grosse Schilder, und man könnte von einem Perron zum anderen sehen.
Versuchen Sie bitte einmal, im Kunsthaus Aarau unten im UG die Toiletten zu finden. Schwarze Türen auf schwarzer Wand und «H» und «D» ungefähr 5 cm gross. Die berühmten Basler Architekten H&D haben das aus ästhetischen Gründen so gemacht…

So.
So viel für heute zu meinen Bons.
Nächstens etwas zur Wahl.

 

 

 

 

  

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Freitag, 21. Februar 2025

Parteien äussern sich zur Glosse - letzte Wahlhilfe

Lieber Leser, liebe Leserin

Sind Sie ein treuer Fan der «Dienstag-Freitag-Glosse»? Dann wird Sie doch sicher interessieren, was die einzelnen Parteien zu diesem Format sagen. Wir haben – auch als letzte Wahlhilfe und Wahlentscheidungsantrieb – alle Spitzenpolitiker befragt. Mit den einfachen Fragen:
«Was halten Sie von der Dienstag-Freitag-Glosse?»
«Soll es sie weiter geben?»
«Wenn ja, wie werden Sie diese unterstützen?»
Natürlich hat kein Politiker und keine Politikerin das wirklich beantwortet, aber es sind doch einige spannende Statements herausgekommen:

Bundeskanzler Olaf Scholz (Spitzenkandidat der SPD)

Also, ich sach mal, ich habe ja mir ein paar dieser Glossen durchgelesen, hihi. Ich komme ja nicht so gut weg dabei, hihi. Was mich an Ihrem Geschreibe stört, dass Sie konsequent nicht sehen wollen, was ich gut gemacht habe. Nämlich alles. Sie sehen auch nicht, was im Moment super läuft. Nämlich alles. Sie versuchen den Blick auf meine Versäumnisse und Fehler zu lenken. Die es nicht gibt. Ich bin der beste Bundeskanzler aller Zeiten und ich habe alles richtig gemacht. Deutschland ist friedlich und sicher, und die Wirtschaft brummt, nur können das manche nicht sehen. Sie auch nicht. Und wenn Sie so blind und taub sind, nicht zu merken, wie geil ich bin, dann sollten Sie aufhören.

Friedrich Merz (Spitzenkandidat der CDU)

Ich bin ja immer ein Mann der kurzen, klaren Worte.
Mit der Dienstag-Freitag-Glosse ist es wie mit der FDP. Nicht schlimm, wenn sie bleibt, aber auch nicht schlimm, wenn sie verschwindet. Oder es ist wie mit den Windrädern: Einfach nicht schön. Also können wir auf die D.-F.-G. verzichten.

Robert Habeck (Spitzenkandidat der GRÜNEN)

Zunächst einmal: Ich kann Sie auf der Liste der Satiriker und Kabarettisten, die ich aktuell verklage, nicht finden. Das ist ja schon einmal OK. Entweder sind Sie total langweilig oder total anständig. Oder ich habe nicht alles von Ihnen gelesen. So weit, so gut. Ich bin mir aber sicher, dass die Dienstag-Freitag-Glosse nicht klimaneutral operiert. Sie verbrauchen beim Schreiben und Hochladen ja Strom, kompensieren Sie das CO2? Pflanzen Sie Bäume? Oder Sträucher? Am besten wäre es, Sie würden während des Verfassens Ihrer Texte auf einem Fahrrad mit Dynamo sitzen. Ich kann ja mal vorbeikommen und wir besprechen das an Ihrem Küchentisch.

Alice Weidel (Spitzenkandidatin der AfD)

Bei der Durchsicht Ihrer Texte Stelle ich immer wieder fest, dass die Deutsche Kultur in der Glosse entschieden zu kurz kommt. Das fängt schon mit Ihren ständigen Helvetismen an und geht weiter mit der Vermeidung des guten deutschen Scharf-S. Was mich aber dann vollends auf die Palme bringt, das sind Szenen, in denen Sie mit einem Freund in einer Pizzeria sitzen. Oder sich einen Döner holen. Einen Döner! Schon in der zweiten Glosse 2011 kommt eine Döner-Bude vor! Vielleicht stimmt eben meine Vermutung doch, dass das «Freitag» in Ihrer Glosse mit «Freitags-Gebet» und «Freitags-Predigt» zusammenhängt. Sind Sie ein verkappter Muslim? Ich glaube, man sollte Sie des Landes verweisen – was ja nicht geht, Sie leben ja schon im Ausland. Vielleicht untersagen wir Ihnen (ungewöhnlich für die AfD) die Remigration.

Heidi Reichinnek (Spitzenkandatin der LINKEN)

Ich habe mal kurz reingeschaut in Ihre Texte, nett, ganz nett, auch viele eigentlich linke Positionen dabei. Sehr lustig. Also meine Unterstützung haben Sie. Auch wenn ich die Glosse eigentlich nicht kannte, aber Sie kannten mich ja auch nicht. Geben Sie es zu: Sie mussten mich googeln um mich richtig zu schreiben. Nehme ich Ihnen aber nicht übel, ich habe für eine Partei, die eher die sozial Schwachen im Blick hat, auch einen doofen Namen.

Christian Lindner (Spitzenkandidat der FDP)

Meine Unterstützung haben Sie nicht. Sie halten die FDP für eine Partei DER Menschen, die teuren Wein trinken, Golf spielen und fette Autos fahren. Und Sie halten auch mich für einen der Leute, die teuren Wein trinken, Golf spielen und fette Autos fahren. Sie selbst aber gehören zu denen, die das nicht können, teuren Wein trinken, Golf spielen und fette Autos fahren.
Es ist also der pure Neid.

Sarah Wagenknecht (Spitzenkandidatin des BSW)

Machen Sie weiter so. Sie schreiben ja ganz nett. Vor allem über meinen Kleidungsstil – hat mich gefreut.
Da ich wahrscheinlich bald von der politischen Bühne wieder verschwinde, wünsche ich Ihnen alles Gute.

Sind Sie ein treuer Fan der «Dienstag-Freitag-Glosse»? Dann hat Sie doch sicher interessiert, was die einzelnen Parteien zu diesem Format sagen. Wir hatten – auch als letzte Wahlhilfe und Wahlentscheidungsantrieb – alle Spitzenpolitiker befragt. Mit den einfachen Fragen:
Natürlich hat kein Politiker und keine Politikerin die Fragen wirklich beantwortet, aber es sind doch einige spannende Statements herausgekommen.



 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Dienstag, 18. Februar 2025

Meine Geschenke

Liebe Leserin, lieber Leser, Sie fragen, wie mein Geburtstag war? Mein runder?
Er war sehr schön, aber relativ unspektakulär – die spektakulären Dinge kommen noch.

Ich bin am Morgen aufgestanden. Das tue ich meistens so, aufstehen, am Morgen. Und dann bin ich Schwimmen gegangen. Ach, ja, ich vergass das zu erwähnen: Meine eine Arbeitsstelle hatte Ferien. Dann haben wir gefrühstückt, und dann gab es Geschenke.
Irgendwann gönnte ich mir einen langen Mittagsschlaf – und dann ging ich arbeiten; und da ich in meinem Chor nicht verheimlichen konnte, dass ich 60 werde, gab es nach der Probe einen Apéro.

Natürlich trudelten ständig Gratulationen ein, per SMS, per Mail, per Anruf, per Messengerdienst, per Post (ja, auch das gibt es noch!). Und bei allen versuchte ich mich, kurz zu bedanken.
Grossartig war mein Erzengel, er schickte mir Glückwünsche mit 60 Kerzen-Emojis – und dem Hinweis «Du musst ausblasen». Ich suchte nun verzweifelt nach einem Ausgeblasene-Kerze-Emoji, ich fand keines. Entweder bin ich zu doof, oder es gibt wirklich nix, denn natürlich hat die AUSGEBLASENE Kerze im Gegensatz zur ANGEZÜNDETEN Kerzen eine völlig andere Bedeutung, beim Verlöschen des Lichtes denkt man ja an Ende, ans Vergehen, man denkt an den Tod, an den Abschied, an den Exitus, es ist ein Memento Mori. Also ein sehr düsteres Bild, das man eigentlich auch niemand schicken will.
Was ich gemacht habe?
Ich habe im Internet ein Bild einer ausgeblasenen Kerze gesucht und ein Word-Dokument mit 60x diesem Bild gemacht, 12 Reihen mit 5 Bildern, das kann man dann wunderbar wieder per Messengerdienst verschicken…

Liebe Leserin, lieber Leser, Sie fragen, wie mein Geburtstag war? Mein runder?
Er war sehr schön, aber relativ unspektakulär – die spektakulären Dinge kommen noch.

Nun wollen Sie sicher wissen, was ich alles geschenkt bekommen habe. Nun, ich muss sagen, ich bin überhäuft worden, ich bin immer noch ganz platt.
Mein Bücherstapel, den ich von Weihnachten her fast abgearbeitet hatte (es ist noch ein Buch drauf), ist wieder auf 1,35 Meter angewachsen.
Dabei zähle ich nicht zwei meiner Lektüren seit dem 24. 12., Monika Helfers «Wie die Welt weiterging – Geschichten für jeden Tag» lese ich so, wie es gemeint ist: Ich lese jeden Tag eine der 365 Storys. «Mein Name ist Barbra», die Autobiographie von Barbra Streisand lese ich im Bett vor dem Einschlafen. Mit seinen über 1000 Seiten und seinen gefühlten 10 Kilogramm ist dieses Werk nicht im Rucksack transportabel und auch unmöglich in der Hand zu halten, als ÖV-Lektüre also unthinkable. Wahrscheinlich will die gute Frau, auch gar nicht, dass man das Werk liest, wahrscheinlich hat man sie so lange genervt, sie solle ihre Memoiren verfassen, dass sie dachte: «Ok, dann mache ich es halt, aber das Ding wird so fett, dass es niemand lesen kann, es wird ein reines Coffeetablebook.»

Zwei nette Präsente kamen noch von der Karten-Ecke, einer Homepage, die Billette vertreibt, sie geben mir 5,-- Sfr Rabatt auf die nächste Bestellung, und von der SBB, die mir mit dem Code 45jfhgu4h48gh89hfiubi08364658»/&%&//// einen Gratiskaffee für die nächste Zugfahrt spendieren. Was mir nun noch nicht ganz klar ist, ist, wie 45jfhgu4h48gh89hfiubi08364658»/&%&//// zum Servicepersonal kommt. Muss ich 45jfhgu4h48gh89hfiubi08364658»/&%&//// auswendig lernen und aufsagen oder schreibt der Kellner 45jfhgu4h48gh89hfiubi08364658»/&%&//// von meinem Handy ab? Oder hat er die Mail mit 45jfhgu4h48gh89hfiubi08364658»/&%&//// auch bekommen? Aber weiss man, welchen Zug ich am 16. 2. nehmen werde?
Aber immerhin: Die SBB hat mir gratuliert, im Gegensatz zur DB, die mir ausgerechnet wegen einer Bahn-Bonus-Lappalie schreibt und mir nicht gratuliert, auch dort wären meine Daten ja hinterlegt.
Ich habe reagiert:
Vielen Dank für die Info
Aber ein bisschen peinlich
Sie schreiben mir an meinem 60. Geburtstag und vergessen zu gratulieren
Die SBB hat mir gratuliert und spendiert mir einen Kaffee
Liebe Grüsse Rolf Herter

Das tollste Geschenk war natürlich das meines Arbeitgebers. Es ist ein Opernbesuch für 2 Personen, mit Reise und Übernachtung(en). Nun bin ich noch am Zögern, ob wir in die Met («La Bohème») oder nach Kapstadt in die «Zauberflöte» gehen sollen.
Eine schöne Option wäre auch noch diese: Zum 100. Geburtstag des Komponisten veranstaltet die Stockhausen-Gesellschaft eine komplette Aufführung des Zyklus LICHT – und zwar in der Heimat des Meisters, die er selbst als seine Heimat sah, auf dem Sirius. Elon Musk arbeitet schon an einem Shuttle.

So viel zu meinem Geburtstag und seinen Geschenken. Wie mein Leben mit der «6» vorne im Alter weitergehen wird, da werde ich sie auf dem laufenden halten.
Eins ist klar: Die Kreuzfahrt mit Kapitänsdinner und Parade mit Wunderkerzen wird es erst geben, wenn die «7» da ist.

Oder die «8».



















 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Freitag, 14. Februar 2025

Pssst... Ich habe einen runden...

Psssst…
Ich muss Ihnen etwas anvertrauen, aber sagen Sie es nicht weiter:
Ich habe heute Geburtstag. Und zwar einen runden. Ich werde sechzig.

Ihre erste Reaktion ist nun wahrscheinlich, dass das doch gar nicht geht, weil ja Valentinstag ist, aber da kann ich Sie beruhigen, das geht schon.
Es ist halt ziemlich unpraktisch, weil man nie Blumen bekommt, was so auch nicht stimmt, ich habe immer Blumen am 14. Februar bekommen, es waren halt immer GEBURTSTAGsblumen und nie VALENTINSblumen, da geht es mir wie den Leuten, die am 24. 12. oder 25. 12. Geburtstag haben und die auch nur die Hälfte an Geschenken kriegen, nein, ich habe mich daran gewöhnt, am 14. 2. geboren zu sein, ich hatte nun ja auch 60 Jahre Zeit dazu.
Ungeschickt ist es, wenn man – wie es immer wieder vorkam – an diesem Tag in Ferien ist, entweder bekommt man gar keinen Tisch in einem Restaurant oder es kostet das Dreifache. Letztes Jahr waren wir am Abend in Hamburg in 10 Lokalen, bis darauf kamen, es in dem zu probieren, in dem wir immer frühstückten; und man servierte uns im «Café Gnosa» noch wunderbare Pasta und ein süsses Dessert. (Hamburg-Kenner ist das «Gnosa» in St. Georg sicher ein Begriff.)

Ich muss Ihnen etwas anvertrauen, aber sagen Sie es nicht weiter:
Ich habe heute Geburtstag. Und zwar einen runden. Ich werde sechzig.

«Jung stirbt, wen die Götter lieben». Das war eigentlich immer mein Wahlspruch. Und das stimmt ja auch, wer mit 25, 30 oder 35 geht, hat viel weniger Chance, etwas noch richtig in den Sand zu setzen.
Vielleicht wäre der vierte (ich zähle die frühen, wo er nicht einmal im Abspann war, nicht…) Film von James Dean (* 1931 / † 1955) ein ganz schlechtes Movie gewesen, langweilig und kitschig, mit miesem Skript und mies gespielt.
Vielleicht hätte man Fritz Wunderlich (* 1930 / † 1966) mit 65 ausgebuht, weil das hohe C nicht mehr ohne Qual gekommen wäre, ein Buhen, das Rosvaenge, Windgassen und Traxel nicht erspart wurde.
Vielleicht hätte Mani Matter (* 1936 / † 1972) im neuen Jahrtausend beim Songcontest teilgenommen, mit einem Schlager, fett orchestriert und elektronisch aufbereitet.
Die Reihe liesse sich beliebig fortsetzen.
«Jung stirbt, wen die Götter lieben». Das war eigentlich immer mein Wahlspruch. Geht jetzt aber nicht mehr, das «Jung sterben» habe ich nun ganz, ganz, ganz klar verpasst.

Psssst…
Ich muss Ihnen etwas sagen, aber behalten Sie es bitte für sich: Ich werde heute 60.

Wenn ich so auf meine runden zurückblicke, dann waren eigentlich nur 30 und 50 so richtig schlimm.
20 nahm man ja gar nicht so wahr, da war ja 18 viel entscheidender, man durfte auf einmal Alkohol trinken und Häuser kaufen und heiraten und wählen, Verträge abschliessen und Bankkonten eröffnen und alles mehr, nein, 18 war das wichtige Dinge und der 20., der lief dann einfach so mit.
30 war dann schrecklich, die Jugend war vorbei und die Studien abgeschlossen, es wurden jetzt von einem Dinge erwartet, man war erwachsen und irgendwie doch nicht, der 30. Geburtstag, der war übel für mich, ich fühlte mich alt und verknittert, obwohl ich ja (nur) dreissig Lenze zählte.
40 war easy, war locker und spassig – übrigens auch die Feier, da Morgenstreich war, stiessen wir zu meiner originalen Geburtszeit auf der Mittleren Brücke an, um 3.03. Also das Anstossen war auf der Brücke, nicht die Geburt, die hatte in einer ganz seriösen Klinik stattgefunden.
50 war dann wieder sehr, sehr, sehr, sehr arg. 50! Fünfzig! Ein halbes Jahrhundert, die Jugend gehörte nun endlich einer sehr fernen Vergangenheit an, die Haare waren grau und der Körper knirschte und die Energie war weg. Aber dann raffte ich mich auf, und das letzter Jahrzehnt war extrem OK…

Und nun also 60.
Und mir fallen natürlich zwei Lieder ein, die merkwürdigerweise – komischer Zufall – beide von einem Jürgens sind.

Sechzig Jahre und kein bisschen weise
aus gehabtem Schaden nichts gelernt.
Sechzig Jahre auf dem Weg zum Greise
und doch sechzig Jahr′ davon entfernt.
(von Curd)

Mit sechsundsechzig Jahren, da fängt das Leben an
Mit sechsundsechzig Jahren, da hat man Spaß daran
Mit sechsundsechzig Jahren, da kommt man erst in Schuss
Mit sechsundsechzig ist noch lange nicht Schluss
(von Udo)

Das ist doch eine gute Perspektive, das sind noch sechs Jährchen und dann geht es richtig los.

Psssst…
Ich habe Ihnen etwas anvertraut: Ich habe einen runden Geburtstag. Ich werde 60.
Aber sagen Sie es nicht weiter.



 

 

 

 

 

 

 

 

 


Dienstag, 11. Februar 2025

Der ewige Lärm

Am Anfang ihres wunderbaren Buches «Klara oder die Liebe zum Zoo» lässt Pia Frankenberg die Protagonistin etwas Herrliches machen:
Sie öffnet das Fenster ihrer New Yorker Wohnung und brüllt hinaus, dass jetzt doch alle mal still sein sollen. Und siehe da, alles schweigt augenblicklich, ausser einer Frau, die drei Plätze weiter immer noch in ihr Handy schreit. Als Klara diese aber direkt anspricht («Ja, auch DU!!!!»), lässt auch diese ihr Cellphone sinken und schweigt. Natürlich passiert das nicht so wirklich, eher so in Klaras Phantasie, aber die Idee ist toll.

Denn der Lärm ist ja überall. War der Lärm früher in den Metropolen, eben in New York, in Paris oder London, dann hat er sich jetzt überall auf der Welt festgesetzt.
Wollen Sie Beispiele?

Ich steige jeden Morgen in Olten in die S-Bahn nach Solothurn. Nun, dass in einem Knotenpunktsbahnhof wie Olten Ruhe herrscht, das kann man jetzt wirklich nicht verlangen, da rattert und rumpelt, da bammert und bumpelt es, da quietschen Gleise und werden Karren ausgeladen, da dröhnen Lautsprecher und zischen Ventile, auf einem Knotenpunktsbahnhof herrscht Knotenpunktsbahnhoflärm, da kann man nichts machen.
Aber in S-Bahn müsste doch Ruhe sein…

Aber dann ist da die Frau in der S-Bahn, die mit ihrer Mutter telefoniert, und damit wir alle, wirklich alle, dieses wichtige Gespräch auch mitbekommen, schreit sie nicht nur selbst in ihr Handy, sondern hat auch ihre Frau Mama auf laut gestellt: «Heut kann ich nicht kommen, ich muss arbeiten!» «Aber ich kann die Kiste nicht allein…» «Morgen, Mama, morgen.» «Aber Abholung ist heute.» «Dann frage Frau Schmied!» «Die kann ich doch nicht immer fragen…»
All das in einer Lautstärke, die auch zwei Waggons weiter noch deutlich hörbar ist. Zum Glück steigt sie in Oensingen aus, und ich kann noch 15 Minuten schlafen oder zumindest dösen.

In Solothurn ist es dann wieder laut.
Solothurn ist kein Knotenpunktsbahnhof, es herrscht also kein Knotenpunktsbahnhoflärm, Solothurn ist nur ein Normalbahnhof und es herrscht auch nur Normalbahnhoflärm, aber dennoch: Da rattert und rumpelt, da bammert und bumpelt es, da quietschen Gleise und werden Karren ausgeladen, da dröhnen Lautsprecher und zischen Ventile, es könnte eine wahre Freude sein.
Wenn es Freude wäre.

Dann der Bus Linie 4 Richtung Rüttenen, und auch in ihm könnte es ja ruhiger sein. Könnte. Aber der Vierer hält an den Kantonsschulen und da sind nun ganz viele Kantonsschüler, die ihre unendlich vielen TikTok-Videos und Insta-Videos angucken müssen, natürlich alles ohne Kopfhörer. Sogar ich habe inzwischen Airpods, warum stecken die Jungs und Mädels sich die netten Dinglein nicht in die Ohren? Und so habe ich die Wahl, ob ich die Bumm-bumm-bumm-bumm-bumm-Musik meines rechten Nachbarn mithöre oder die Stimme einer Influencerin aus dem Smartphone meiner Nachbarin links. («HALLOOOOO MÄDELS HIEEEEEER BIN ICH WIEEDER MIT DEN UUUUUUUUUUUUUULTIMATIIIIIIIIIIIVEN TIPPPPPPPS»)

Ich steige an der Zentralbibliothek aus und gehe die paar Schritte zu meinem Unterrichtszimmer. Hier hätte ich jetzt 30 Minuten Zeit und Musse, meinen Tag ein wenig zu planen, denn wenn die Schüler kommen, wird es wieder laut. Und das ist OK, wer wegen starkem ADHS bei uns ist, der kommt nicht auf leisen Sohlen, das ist immer ein Ereignis, und wenn er still und leise wäre, wäre er nicht bei mir.
Aber diese 30 Minuten werden nun konsequent von irgendwelchen Apparaten vernichtet, Apparate, die man ja unbedingt schon um 7.30 laufen lassen muss:
Laubbläser.
Kreissägen.
Starkstaubsauger.
Betonmischer.

Um 12.00, wenn ich mich auf den Heimweg mache, wiederholt sich alles in der umgekehrten Weise:
Im Bus zum HBF Kantonsschüler, die ihre unendlich vielen TikTok-Videos und Insta-Videos angucken müssen, natürlich alles ohne Kopfhörer.
Der Normalbahnhof mit dem Normalbahnhoflärm, da rattert bumpelt es, da quietschen Gleise und zischen Ventile.
Eine andere Frau in der S-Bahn, die aber ihr Handy genauso bedient wie die am Morgen. Zum Glück bin ich so müde vom Arbeiten, dass ich mühelos schlafen kann.
Am Knotenpunktsbahnhof dann wieder Knotenpunktsbahnhoflärm, es rumpelt und battert, Karren werden ausgeladen und Züge gekoppelt.

Manchmal beneide ich Klara.
Sie öffnet das Fenster ihrer New Yorker Wohnung und brüllt hinaus, dass jetzt doch alle mal still sein sollen. Und siehe da, alles schweigt augenblicklich, ausser einer Frau, die drei Plätze weiter immer noch in ihr Handy schreit. Als Klara diese aber direkt anspricht («Ja, auch DU!!!!»), lässt auch diese ihr Cellphone sinken und schweigt. Natürlich passiert das nicht so wirklich, eher so in Klaras Phantasie, aber die Idee ist toll.