Freitag, 7. März 2025

Wo liegen die falsch adressierten Karten herum?

Vor ein paar Tagen erreichte mich die SMS eines guten Freundes, dass unsere Weihnachtskarte nun angekommen sei.
Endlich.
Ich will Ihnen die ganze Geschichte erzählen:

In den Wochen vor dem Christfest schrieben wir unsere inzwischen traditionellen Weihnachtskarten. Sie werden bei einer hier nicht zu nennenden Firma im Thurgau elektronisch nach einem Foto von mir gestaltet, von uns unterschrieben und in die Welt geschickt. Und geschätzt! Immer wieder sagen uns Menschen, wie sehr sie es mögen, eine richtige Karte in einem richtigen Kuvert zu bekommen.
Letztes Jahr gingen wir frühzeitig an die Arbeit, sodass die letzten Exemplare am 19. 12. 2024 im Briefkasten waren. Meiner Herkunft geschuldet mussten etliche Karten nach Deutschland, aber alle kamen vor dem Heiligen Abend an, egal, ob Berlin, Westfalen, Dresden oder Stuttgart, die Dinger erreichten ihre Empfänger.
Nur nicht die Karte an jenen Freund, denn der war verzogen. Am 25. Februar – also zwei Monate später – kam sie retour, retour eben mit dem Hinweis, der Empfänger sei verzogen, die Adresse stimme nicht. Ich fragte ihn per SMS an, bekam die neue Anschrift, frankierte neu und warf neu ein, und nun sind die Weihnachtsgrüsse da.

Was aber um alles in der Welt hat die Karte zwischen Ende Dezember und Ende Februar gemacht? Denn eines ist klar: Sie war spätestens am 23. 12. an der draufstehenden Adresse, wo der Pöstler den Briefkasten nicht fand. Wo war die Weihnachtsbotschaft zwei Monate lang? Und warum wird sie nicht gleich zurückgeschickt?
Fluggepäck, das lange nicht erscheint, das weiss man, war zwischendurch in Honolulu, oder in Murmansk, oder es war auf den Osterinseln oder in der Antarktis. Aber Postkarten?

Ich kann mir die Sache nur so erklären: Die falsch adressierte Post wird ganz bewusst liegengelassen, damit wird verhindert, dass jemand eine Adresse quasi «ausprobiert». Es ist so, als ob irgendwo auf der Homepage der Post oder in den Postämtern ein grosses Schild hängt:

SIND SIE SICH NICHT GANZ SICHER BEI DER ADRESSE? DANN SCHAUEN SIE GENAU NACH UND ADRESSIEREN SIE GENAU! KOMMEN SIE NICHT AUF DIE IDEE, ADRESSEN AUSZUPROBIEREN. FALSCH ADRESSIERTE POST WIRD VON UNS GANZ BEWUSST ZWEI MONATE DEPONIERT.

Dabei ist es völlig egal, ob man nur die PLZ vergessen hat, ob man die Hausnummer falsch geschrieben hat («4» statt «6»), oder ob alles falsch ist. Die Post liegt mit bösem Stempel nach 60 Tagen wieder im Briefkasten des Absenders.

Das war früher besser. Ja, genau! Früher war nicht ALLES besser, aber DAS war besser.
Es gab zum Beispiel einen Pöstler (wie die Eidgenossen sagen) oder Briefträger (wie die Deutschen sagen), der seinen kleinen, feinen Bezirk genau kannte. Er brauchte für Emma Hirschberger gar keine Adresse, er wusste, dass die ältere Dame in der Heubodenstrasse 40 wohnt. Er wusste auch, wenn wieder einmal die Anschriften verwechselt wurden, dass FRANZ Müller in der Hauptstrasse 7 und HANS Müller in der Hauptstrasse 9 lebt. Und bei den beiden Kirchgemeinden, bei den Sportvereinen und der Gemeindeverwaltung war eh jede Angabe unnötig…

Ja, und wenn der Pöstler (oder Briefträger) nicht weiterkam, dann gab es eine Stelle der Deutschen Bundespost, die nichts anderes tat, als Adressen herauszufinden. Anna Berger in Stetten (geschrieben mit einer falschen PLZ)? Ja, welches Stetten war denn gemeint? Stetten am Kalten Markt? Stetten im Remstal? In der Pfalz? Am Bodensee?
Hunderte von Beamtinnen und Beamten recherchierten und forschten, ackerten alle Stetten durch (es sind zahllose) und fanden Anna Berger schliesslich in Stetten auf den Fildern.

Ein Freund meines Vaters schickte eben diesem einen Brief, während mein Vater das deutsche Kandidaten-Schachturnier spielte. Er schrieb:

An
Eberhard Herter
beim Schachturnier in
Hitzacker
Wo, wird die Post schon finden

Das war natürlich sehr, sehr frech und herausfordernd. Nein, das war geradezu unverschämt. Aber die Damen und Herren der Post-Adressen-Such-Stelle nahmen die Herausforderung an und fanden meinen Vater – und der hatte mit nur zwei Tagen Verspätung seinen Brief.
Das war in der guten, alten Zeit.

Natürlich erwartet niemand mehr einen solchen Service. Aber wenn ich am 19. Dezember meine Weihnachtsgrüsse in den Briefkasten werfe und die Anschrift falsch schreibe, wäre es dann zu viel verlangt, wenn die Retoure mich noch im alten Jahr erreicht (und nicht im Februar)? So zeitnah, dass die Wünsche für ein «Gutes Neues Jahr» noch irgendwie Sinn machen? Wäre es zu viel verlangt, dass man die Post nicht künstlich liegen lässt?

Immerhin: Die Karte ist jetzt angekommen.
Und das ist doch die Hauptsache.
Die Karten aus Brasilien (Sie erinnern sich: Post vom 24. 5. 2024) kamen nie. Und wo sie sich befinden, wird auch nie geklärt werden…



























 

 

 

 

 

 

 

 

Dienstag, 4. März 2025

Dächer für alle Haltestellen!

Ich habe im letzten Post die Überdachung von Bushaltestellen erwähnt. Das war nun ein Tipp für Friedrich Merz, der nicht ganz blödsinnig gemeint war.

In seinem wunderbar abstrusen Film «Das jüngste Gewitter» lässt der schwedische Filmemacher Roy Anderson einen Mann im strömenden, und zwar wirklich strömenden Regen auf ein Bushaltestellenwartehäuschen zulaufen, das absolut voll ist. Ja, die Leute stehen so dicht, dass selbst das kleinste Zusammenrücken unmöglich wäre. Er steht also im Regen – im wahrsten Sinne des Wortes.

Bei vielen Bushaltestellen ist nun das Problem überhaupt nicht, dass die Bushaltestellenwartehäuschen überfüllt wären, ich habe noch nie erlebt, dass so viele Menschen in einem Bushaltestellenwartehäuschen stehen, dass man nicht mehr hineinkommt, oder dass die wenigen Menschen im Bushaltestellenwartehäuschen nicht zusammenrutschen. Nein, das Problem ist, dass an manchen Punkten Bushaltestellenwartehäuschen überhaupt nicht existieren.

Lassen Sie mich zwei Beispiele geben.
An der Haltstelle «Hallenbad» in Muttenz gibt es für Wartende auf den 60er-Bus nur in Richtung Muttenz Bahnhof die Möglichkeit, im Trockenen zu warten. In der Gegenrichtung fehlt ein Dach. Warum? Nun, der Besitzer des angrenzenden Grundstücks müsste einen Quadratmeter für Stützpfeiler hergeben und tut das scheinbar nicht. So denke ich, vielleicht ist das aber auch ganz anders. Nun ist das aber auch alles nicht schlimm, denn wenn man auf der Gegenseite im Bushaltestellenwartehäuschen Richtung Bahnhof vor dem Regen Schutz sucht, dann sieht man den Bus auf der Gegenseite von weitem kommen, und die wenig befahrene Strasse kann dann auch gut im letzten Moment überquert werden.

Anders, ganz anders, sehr, sehr anders und verschieden ist es an der Haltstelle «Zentralbibliothek» in Solothurn. Dies ist der Punkt, an dem ich nach meinem Schulvormittag einen Bus Richtung Hauptbahnhof besteige. Obwohl viel, viel Platz wäre hat niemand ein Bushaltestellenwartehäuschen aufgestellt. Es gibt keine Möglichkeit, vor einem Guss oder einem Schauer in Deckung zu gehen. Doch, es gäbe sie, aber dann erreicht man den Bus nicht. Man könnte entweder sich unter die Arkaden des Veloladens gegenüber stellen, dann schafft man es aber nicht über die – im Gegensatz zu der vorhin erwähnten – stark befahrene Strasse. Oder man stellt sich in den Vorbereich der Zentralbibliothek (nach der die Haltestelle benannt wurde), dann sieht man aber den von Oberdorf kommenden Bus zu spät und dieser fährt dann vorüber…

Nun könnte jemand einwenden, dass es ja Schirme, Regenschirme gibt.
Gut, aber diese Möglichkeit existiert nicht für notorische Schirmvergesser, und ich bin so einer, ich habe das am 20. September letzten Jahres in einem Post zum Thema gemacht. (Er hiess – sehr sinnig – «Regenschirme vergessen».) Nähme ich am Morgen einen Schirm von Basel mit, hätte dieser schon drei Möglichkeiten, liegenzubleiben, den Zug Basel – Olten, den Zug Olten – Solothurn und den Bus Solothurn HBF – Solothurn Zentralbibliothek. Und er würde eine dieser Möglichkeiten nutzen, er wäre nach dem Vormittagsunterricht sicher nicht mehr bei mir.

Übrigens sind auch – man glaubt es kaum – beide Richtungen des Tram 15 an der Haltestelle «Grosspeterstrasse» ohne Bedachung. Es ist übrigens meine Haltestelle, und ich nehme meistens im Eingang des Helvetia-Versicherung-Gebäudes Schutz vor Regen und Sturm, wenn ich Richtung Stadt muss, bin aber dort nur geduldet und keineswegs erwünscht.

Und manchmal, wenn ich irgendwo im Regen ohne Bushaltestellenwartehäuschen auf den Bus warte, dann nehme ich mir vor, beim nächsten Male das Auto zu benützen. Was ja für Klima und Umwelt ganz schlecht ist. Was mich zurückhält, sind nur zwei Dinge: Ich habe kein Auto. Und ich habe keinen gültigen Fahrausweis, weil ich ihn nicht umgeschrieben hatte. Gäbe es aber Ausweis und Auto, könnte es sein, dass ich umstiege.
Was richtig doof wäre.

Warum ist es so schwierig, jeden Haltepunkt mit einem Dach zu versehen?
Man müsste ja kein gemauertes Haus machen, es bräuchte ja keinen Getränkeautomaten, man müsste nicht heizen, man müsste weder Gebäck noch Lektüre, man müsste keine Beschallung und kein Video bereitstellen. Es bräuchte ein paar Stützen und drei Plexiglaswände. Mehr nicht. Es kann also nicht an dem Kostenfaktor liegen.
Woran liegt es dann? Ich weiss es nicht.

Es wäre eine so simple und einfache Möglichkeit, den ÖV attraktiver zu machen.

Ich habe im letzten Post die Überdachung von Bushaltestellen erwähnt. Das war nun ein Tipp, der nicht ganz blödsinnig gemeint war.