Dienstag, 19. Juli 2022

Impressionen aus Oldenburg III

DER KLEINE SUPERMARKT

«Mafila», so lese ich oben auf dem Gebäude, das nach einem Supermarkt aussieht, als ich auf der Suche nach eben einem solchen bin. «Mafila». Das klingt nach Mafia, die will man ja nicht unterstützen, aber als ich näherkomme, merke ich, dass es «Famila» heisst.
Famila® ist die norddeutsche Supermarktkette, und als ich sie betrete, trifft mich fast der Schlag: Der Laden ist gefühlte 30 Fussballfelder gross.
Die Auswahl überfordert mich in einem Masse, das mir die Tränen in die Augen treibt. Käse? Schon die Entscheidung, ob man zu den 19 Laufmetern Abgepacktem oder an die 16 Meter lange Theke (Nummer ziehen!) geht, lässt einen sich wie Herkules am Scheideweg fühlen. Der Scheideweg führt übrigens zur Famila®, ich weiss nicht, ob das ein Zufall ist. Marmelade? Es gibt jede Fruchtsorte, dazu Ingwer, Gurke, Pfeffer, Calamares und Karotte, jeweils vegan oder nicht vegan, mit 10%, 20%, 30% oder 50% Zucker. Brot? 12 Meter von Dinkel bis Chia, mit oder ohne Körner, Sesam oder Mohn. Und das Ganze ist nur der Food-Bereich. Man kann genauso Duschgel (231 Sorten), Zahnpasta (467 Sorten) oder Heftpflaster (325 Sorten) einkaufen.
Das komplette Ding ist eine totale Überforderung. Zumindest für mich – ich erwarte, irgendwo zusammengebrochene und weinende Oldenburger zu sehen, aber Fehlanzeige. Die Einheimischen meistern das tapfer.
Am Abend redet Frank immer vom «kleinen Famila» und da begreife ich, dass es neben dem 30 Felder grossen am Scheideweg noch einen «wirklichen grossen» Famila gibt, weiter draussen an der Autobahn.
Zu dem traue ich mich nicht hin.
Die Angst, für immer in dem Laden verloren zu gehen, ist zu gross.

WOHNUNG AB 800000.--

Wenn du etwas über eine Stadt wissen willst, dann studiere die Immobilienanzeigen.
Und so stehen wir eine Weile vor den Aushängen von Feddersen, Feddersen & Feddersen, Immobilien – Verkauf und Vermietung und lesen die Angebote. Auf den ersten Blick muss man sagen: Wirklich günstig ist Oldenburg nicht. Aber das hatten wir ja schon im letzten Post. Gut, fern am Deich gibt es schöne Villen mit 45 Hektar Grundstück. Aber da brauchst du dann schon wieder Minimum zwei Dinge: Ein grosses Auto und einen Gärtner…
Eine Anzeige fällt uns aber ins Auge:

SUCHEN
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5 – 7 Zimmer
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Das erstaunt uns jetzt doch einigermassen, denn es muss doch hier ein Schreibfehler vorliegen. Normalerweise will der Verkäufer ein Minimum und der Käufer bietet ein Maximum, es müsste also «bis…» heissen. Oder gibt es wirklich so reiche Leute, die nicht wohin wissen mit ihrem Geld?
Meine Erklärung heisst Geldwäsche. Da möchte jemand schmutziges Geld ins Reine kriegen, und da sucht er natürlich eine nicht zu grosse, unauffällige Wohnung, er muss aber minimalst achthunderttausend Euro losbekommen.
Vielleicht war mein Lesefehler mit der Mafi(l)a gar nicht so verkehrt… 

AUSFLÜGE

Wohin fährt man an ringfreien Tagen? Es waren dieses Mal immerhin fünf. Gut, auch Oldenburg bietet eine Menge, aber wenn man schon in der Gegend ist, dann…
…fährt man nach Bremen. Zum Roland und zu den Stadtmusikanten. Und man lässt im «Viertel» bei einem Espresso die studentisch-lockere Atmosphäre auf sich wirken. Und geht dann im Schnoor essen, wobei man aufpassen muss, dass man nicht zu viel zu sich nimmt, denn es sollen in den winzigen Gässlein (Breite gefühlt 30 cm) schon Leute stecken geblieben sein.
…fährt man nach Worpswede. Allerdings nur, wenn man Maske tragen will, denn dort ist FFP2-Pflicht. Nach Hausrecht. Wegen Enge. Wir lassen es deshalb sein.
…fährt man nach Leer. Endlich war ich einmal in Ostfriesland, da hatte ja man schon eine Menge davon gehört, aber Leer ist weder voller doofer Leute noch eine doofe Stadt. Es ist sehr schnuckelig.
…fährt man nach Dangast. Und nach Dangast fährt man aus zwei Gründen: Den übergrossen Penis gucken, die Skulptur von Eckart Grenzer stellt das Folgende dar: Direkt an der Hochwassergrenze aufgestellt (Dem Land das Meer – Dem Meer das Land), versinnbildlicht das Meer das weibliche Element – demnach das Land das männliche. So kommt es durch die Gezeiten zur Begegnung, oder Umarmung der Geschlechter. (na ja…) Die zweite Sache, die nach Dangast lockt, ist der legendäre Rhabarberkuchen im Kurhaus, den angeblich schon die Brücke-Maler schätzten, die einige Sommer hier arbeiteten.

So, nun endlich Schluss mit dem Norden. Ab Freitag wieder andere Themen.

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