WAS IST IM FLÖTENTEICH?
Als mein Expartner die Ferienwohnungen buchte, hat er sicher nicht genau diese genommen, weil sie in der Nähe einer Bademöglichkeit liegen. Als ich aber in Google Maps die Kreyenstrasse nachschlage, bin ich sehr erfreut, in 800 Meter Entfernung den Flötenteich zu finden. Am zweiten Morgen gehe ich auf dem Weg zum Frühstücksbrötchenbäcker dort vorbei.
Ich frage eine Frau mit Hund, ob das Schwimmen in diesem Gewässer erlaubt sei. Sie sagt mir, ja, erlaubt sei das schon, aber das Wasser sei brackig und entig und trübe, und weil das Wasser brackig und entig und trübe sei, würde sie nicht empfehlen in diesem brackigen und entigen und trüben Wasser zu baden.
Ich tue aber genau das. Ich finde eine schöne Stelle und stelle fest, dass das Wasser zwar flach und trübe, aber sehr angenehm ist, nur der Boden ist ein wenig sumpfig, sodass man beim Rausgehen dreckige Füsse bekommt.
Zwei Tage später bin ich wieder dort. Nun spricht mich ein Rentner mit Hund an und rät mir auf das Dringendste ab. Der Boden des Sees sei voller Scherben, denn die Jugendlichen, die hier feiern, würfen ihre Flaschen hinein. Nun könnte man ja allenfalls noch sagen, dass der See brackig und entig und trübe sei, aber dass Flaschen in einem moorigen Untergrund bersten, das will nicht in meinen Kopf.
Nun frage ich mich also: Warum wollen alle Oldenburger, dass niemand im See badet? (Denn es tut auch niemand.) Ich kann es mir nur so erklären, dass der Flötenteich ein zu hütendes Geheimnis birgt. Ein Geheimnis auf dem Grund in der Mitte des Teiches, und weil der See durchweg nur 70 cm tief ist, würde ich relativ schnell darauf kommen.
Was birgt der Flötenteich?
Den letzten Schatz des Oldenburger Reiches?
Leichen?
Dokumente?
Ich forsche nicht weiter, denn der Abrate-Vehemenz zu urteilen scheint auch der Zorn der Oldenburger schrecklich zu sein.
GELD
Oldenburg ist teuer. Und damit meine ich nicht, dass ich das Gefühl habe, viel Geld auszugeben. Das tue ich nämlich nicht, denn alle deutschen Preise sind für uns Schweizer gesunken, der Franken ist auf einem – vor 12 Monaten nicht vorstellbaren – Kurs von 0,99 Euro.
Nein, ich stelle mir vor, ich hätte hier Lohn oder Rente und müsste hier die Dinge bezahlen. Das wäre schwierig. Aber dennoch, es wimmelt in der Oldenburger Innenstadt von kleinen, schicken Läden (keine Ketten), wo die Sachen edel und gut, aber auch teuer sind, es gibt Super-Gourmet-Lokale mit entsprechenden Preisen und auch der Ring ist nicht so billig, wie ich es erwartet habe.
Oldenburg hat keinen Hafen und keine Industrie, es wird nichts produziert oder zu Tage gefördert, wo hat die Stadt ihr Geld her?
Das eben kann ich mir nicht erklären. In der Kleinen Burg sitzt ein Paar am Nachbartisch, er ist ca. 18 und sie auch, beide sind schick angezogen und essen das 4 Gang-Menü. Selbst in Basel wäre das sehr, sehr, sehr, sehr ungewöhnlich. Verwaltungs- und Beamtenstadt, sagt Frank, den wir am Dienstag zum Essen treffen, wir kennen ihn sehr lange und er ist ein Ur-Oldenburger. Verwaltung und Beamte, das bringt scheints Geld.
Wäre das nicht eine Lösung für die gesamte europäische Finanzmisere? Wir machen 50% der Bevölkerung zu Verwaltern und Beamten und die andere zu Dienstleistern. Irgendwie geht in meinem Kopf zwar die Rechnung nicht auf, aber ich bin vielleicht zu wenig Finanzexperte…
MOIN, MOIN
In Oldenburg spricht man Niederdeutsch.
Das ist jetzt natürlich ein totaler Quatsch, weil Niederdeutsch, Plattdeutsch die EIGENTLICHE Sprache wäre, die meisten Bewohner aber reden einfach Deutsch und bei vielen ist man froh, wenn sie überhaupt Deutsch können. Gepflegt wird aber die heimische Sprache, Frank ist in einem Konversationskurs der VHS, in dem sie einmal in der Woche nur Platt reden.
Kommen Sie mir bitte jetzt nicht mit dem Niederländischen. Das ist etwas völlig anderes. So lustig es klingt: Über der Grenze in Midwolda, Winschoten oder Scheemda könnte ich mühelos verstehen und reden, hier im Deutschen kann ich es nicht.
Die einzige Redewendung, die man sich angewöhnt ist «Moin, Moin».
Hartnäckig und verbissen hält sich das Gerücht, dass die Oldenburger, Hamburger und Friesen den ganzen Tag Morgen hätten, also auch am Abend einen guten Morgen wünschen. Das ist Blödsinn, «moin» heisst einfach «schön», man wünscht also einen «schönen…» und der oder die Angesprochene ergänzt die Tageszeit.
Und auch hier wieder Heimatgefühl: In der Schweiz macht man es genauso: Man wünscht «e schöne» (oder in Basel «e scheene») und der Rest wird ergänzt.
Sprachlich ist das eine wunderbare Sache, denn Redner und Hörer können auch völlig aneinander vorbei denken. Der eine hört «einen schönen…» und der andere meint aber «einen schönen… Hautausschlag».
So viel für heute. Am Dienstag die dritte und letzte Tranche.
Freitag, 15. Juli 2022
Impressionen aus Oldenburg II
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