Der Intercity, der um ..58 vom Bahnhof Basel SBB nach Interlaken Ost fährt, verhält sich nicht so vernünftig: Er fährt um 5.58 von Gleis 8, um 6.58 von Gleis 7, um 7.58 von Gleis 6, um 8.58 von Gleis 7 und variiert dann den Rest des Tages diese Gleise durch. Zudem fährt der 5.58 am Wochenende von Gleis 12.
Da ich werktags um kurz vor 6 fahre, können mir alle Variationen eigentlich schnuppe sein – könnten! Denn seit Neuestem verändert sich auch der Ausgangsort dieses einen Kurses, während der letzten Wochen ist der IC 61 Basel – Interlaken Ost von den Gleisen 4, 5, 7, 8, 10, 11 und 12 gefahren und jeden Morgen muss ich einen wachen Blick zur Abfahrtstafel (also zu der flexiblen, nicht dem gelben Plakat) senden, um zu wissen, zu welchem Perron ich gehen muss.
Variatio delectat, sagt der Lateiner, Abwechslung erfreut. (Der Lateiner war wahrscheinlich Phaedrus) Variatio delectat, ich aber möchte den Lateiner (also wahrscheinlich Phaedrus) packen, schütteln, schlagen, raufen, beissen, treten und ihm ins Gesicht schreien:
VARIATIO NON DELECTAT!
VARIATIO NON DELECTAT!
Der Gleiswechsel eines Zuges ist ein Blödsinn, der mir keinerlei Lustgewinn bringt, aber viel Aufmerksamkeit erfordert. Punkt.
Stellen Sie sich vor, Sie haben ein Haus mit drei Stockwerken plus Keller und drei Treppen. Nun hat die Kellertreppe 17 cm Stufenhöhe, die Treppe zum ersten Stock 19 cm, die zum zweiten 21 cm und die zum Dachboden fünfzehn. Kostet sehr viel Mühe, um nicht ständig auf die Fresse zu fliegen. Wenn Sie sich aber nun noch vorstellen, dass diese Treppen ihre Stufenhöhen jeden Tag rotierend wechseln, dann ist eine Paraplegie fast vorprogrammiert.
Stellen Sie sich vor, Sie müssen Medikamente nehmen, SOLOPRAXIL® gegen Herzflimmern, GOLUPANTOL® gegen Kopfrasen und HUZAMASEL® gegen Aufstossen. Nun ist Medikamente sortieren ja so eine Sache, aber bei Ihnen ist das ganz blöde: Ihr Arzt schickt Ihnen jeden Sonntag einen Plan für die nächste Woche, bei dem keinen Tag die Medikation gleich ist, und natürlich ist keine Woche gleich.
So sieht es z. B. aus:
Montag: SOLOPRAXIL® keines, GOLUPANTOL® drei morgens, HUZAMASEL® eine abends
Dienstag: SOLOPRAXIL® zwei mittags, GOLUPANTOL® keines, HUZAMASEL® zwei mittags
Mittwoch: SOLOPRAXIL® eine morgens, GOLUPANTOL® zwei abends, HUZAMASEL® keine
und so weiter…
und so weiter…
Würden Sie da nicht komplett wahnsinnig werden?
Und erinnern Sie sich, wie wütend Sie werden, wenn Microsoft oder Apple irgendetwas ändern? Das ist dann super, wenn «Speichern» und «Nicht speichern» auf einmal den Platz wechseln – habe ich erlebt, ich konnte gerade noch verhindern, eine Datei (Arbeit 90 Minuten) in den Orkus zu schicken…
Natürlich gibt es Dinge, bei denen eine gewisse Abwechslung Spass macht.
Leugnet niemand.
Man sollte den Speise- oder Menüplan variieren lassen, niemand will jeden Tag Kartoffeln mit Käsesauce essen, nein, man will auch mal Reis oder Teigwaren, und man will auch mal Pesto oder Gemüsesauce.
Man reist gerne einmal in unbekannte Gegenden und in unbekannte Städte, läuft dort durch unbekannte Strassen und sieht unbekannte Gebäude.
Und man trägt ja auch nicht jahraus, jahrein die gleiche Hose und die gleiche Jacke.
Aber:
Hier bringt die Abwechslung einen Lustgewinn.
Und bei den obengenannten Beispielen bringt die Abwechslung nur Frust.
Also muss man manchmal dem Lateiner (also wahrscheinlich Phaedrus) ins Gesicht schreien:
VARIATIO NON DELECTAT!
VARIATIO NON DELECTAT!
Ein Zug, der jede Stunde um z.B. ..30 nach z.B. Zürich fährt, fährt am Bahnhof auch meist auf dem gleichen Gleis ab. Das ist für alle Seiten praktisch.
Der Intercity, der um ..58 vom Bahnhof Basel SBB nach Interlaken Ost fährt, verhält sich nicht so vernünftig.
Und das hat einen Grund, ich habe neulich eine Kontrolleurin gefragt.
Corona
Nein, Quatsch.
Im Bahnhof Basel wird gebaut.
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