«Mal kalt und mal warm, man weiss gar nicht, was man anziehen soll!» «Das ist der April!» «Der Scheiss-April!» «Gestern bin ich ohne Schirm aus dem Haus, bei schönstem Sonnenschein, und dann regnet es nach 10 Minuten.» «Das ist der April.» «Blöder April.» «Bei dem Aprilwetter bleibt man am besten zu Hause.» «Mal Hitze, mal Schnee.» «Scheiss-April.»
So geht das eine halbe Stunde.
Das Merkwürdige ist, dass die Herren seltsam fröhlich und glücklich scheinen bei ihrem Gemotze. Sie lachen und haben lustige Gesichter. Ich überlege eine Weile, warum das so ist, dann komme ich darauf: Es ist ein Phänomen, das ich nach dieser Unterhaltung April-Phänomen taufen werde: Wir motzen und schimpfen, aber wir sind glücklich, dass alles normal ist. Das heisst: Die Herren sind zufrieden, weil der April sich als das zeigt, als was man ihn kennt:
«Mal kalt und mal warm, man weiss gar nicht, was man anziehen soll!» (Lachen) «Das ist der April!» (Grinsen) «Der Scheiss-April!» (Kichern) «Gestern bin ich ohne Schirm aus dem Haus, bei schönstem Sonnenschein, und dann regnet es nach 10 Minuten.» (Lachen) «Das ist der April.» (Schmunzeln) «Blöder April.» (Glucksen) «Bei dem Aprilwetter bleibt man am besten zu Hause.» (Lächeln) «Mal Hitze, mal Schnee.» (Heiterkeit) «Scheiss-April.»
In einer Zeitschrift habe ich über eine Umfrage gelesen, die Psychologen im Jahr 2022 gemacht haben. Probandgendergapinnen mussten vier Aussagen nach ihrer Akzeptanz sortieren:
a) Etwas Gutes, Erhofftes trifft ein.
b) Etwas Gutes, Erhofftes trifft nicht ein.
c) Etwas Schlimmes, Befürchtetes trifft ein.
d) Etwas Schlimmes, Befürchtetes trifft nicht ein.
Sie hätten sicher gedacht, dass die Reihenfolge d), a), b) und c) ist. Oder vielleicht d) und a) vertauscht. Das Ergebnis – das eindeutige Ergebnis war aber: a), c), d) und b).
Auf Deutsch: Man findet es besser, wenn etwas den Erwartungen (gut oder böse) entspricht wie nicht.
Warum ist das so? Wahrscheinlich, weil die Menschen Sorge haben, dass die Welt sich zu sehr verändert. Die Punkte a) und c) zeigen ganz klar, dass alles noch in Ordnung ist:
Zwei Hunde, eine zähnefletschende Dogge und ein Pudel. Der Pudel beisst uns nicht: Die Welt ist in Ordnung. Die Dogge beisst uns: Die Welt ist in Ordnung. Der Pudel beisst uns: Die Welt ist nicht in Ordnung. Die Dogge beisst uns nicht: Die Welt ist nicht in Ordnung.
Und hier noch die Fassung für literarisch gebildete Menschen:
Zwei Hunde, eine bissige Dogge und ein herziger Pudel. Aus dem Pudel kommt der Teufel: Die Festen der Welt stehen noch. Aus der Dogge kommt nicht der Teufel: Die Säulen der Erde stehen. Aus dem Pudel kommt nicht der Teufel: Die Festen der Welt wanken. Aus der Dogge kommt der Teufel: Die Säulen der Erde sind am Wackeln.
Ich muss zugeben, dass es mir nicht anders geht. Wie oft habe ich in den letzten Tagen über das Abwechseln von Sonne und Regen gemeckert, innerlich aber froh, denn die Reime meiner Kinderzeit spuken im Kopf herum:
Der April, der April
Der macht, was er will
Der April ist gar nicht gut
Regnet den Leuten auf den Hut
Und mit dem Wetter, bei dem Sonne und Regen sich im Minutentakt abwechselten, war ich deshalb zufrieden.
Genauso bin ich unglücklich, wenn die DB pünktlich ist. Das war sie bis jetzt auf meiner Osterreise. Ich kann nur hoffen, dass die Heimfahrt von Holland nicht glatt verläuft, sonst geriete mein Weltbid völlig ins Wanken.
Ins Wanken geriet mein Weltbild schon bei den Ferienwohnungen: In Stuttgart (Ring des Nibelungen!) war das Appartement total verdreckt – trotz schwäbischer Vermieterin. In Den Haag strahlte alles vor Sauberkeit. Die Feste der Erde wankten.
Die alten Herren am Nachbartisch sind am Schimpfen. Sie schimpfen – wie so viele und wie viele so oft – über das Wetter:
«Mal kalt und mal warm, man weiss gar nicht, was man anziehen soll!» «Das ist der April!» «Der Scheiss-April!» «Gestern bin ich ohne Schirm aus dem Haus, bei schönstem Sonnenschein, und dann regnet es nach 10 Minuten.» «Das ist der April.» «Blöder April.» «Bei dem Aprilwetter bleibt man am besten zu Hause.» «Mal Hitze, mal Schnee.» «Scheiss-April.»
So geht das eine halbe Stunde.
Das macht ja nun oft Sinn, den Anfang noch einmal zu zitieren. Heute nicht. Heute ist es unnötig. Heute nervt es total.
Aber mal ganz ehrlich: Wenn ich es nicht gemacht hätte, wäre ja wieder alles im Argen gewesen. Also nerve ich – und die Welt ist in Ordnung.
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