Ich bin gerne und häufig im Freibad. Ich könnte sogar behaupten, dass das Gartenbad St. Jakob quasi mein zweites Zuhause ist, denn ich besitze für das Bad nicht nur ein Abonnement, sondern habe auch eine Kabine gemietet, in der ich Handtücher, Badehosen, Schwimmbrille, Duschgel und Sonnencreme aufbewahre und in der ich mich ungestört umziehen kann.
Das Thema «Freibad» taucht deshalb auch in etlichen Posts von mir auf.
Nun werde ich gefragt, ob ich in letzter Zeit nicht Angst gehabt hätte, man höre ja so einiges, so viel Gewalt und immer – das müsse man ja sagen dürfen – von Ausländern, und dann behalten die ausländischen Jugendlichen neuerdings ihre Unterhosen unter den Badeshorts an, und das sei doch eine Sauerei, und ob das Gartenbad St. Jakob nicht auch alle aus dem Ausland mit einer Sperre behängen müsse…
Und…
Und…
Jetzt mal halblang.
Zunächst einmal ist spannend, dass solche Fragen von Menschen kommen, die a) in Deutschland wohnen, b) dort nie ins Freibad gehen, c) noch nie in Basel waren und d) irgendwo etwas aufgeschnappt haben. Um es klar zu sagen: Wenn Sie, liebe Deutsche, ein korrektes Bild von der Schweiz bekommen möchten, ist die «Weltwoche» nicht unbedingt ein geeignetes Medium.
Wie sind aber nun die Fakten?
Die Badi in Porrentruy hatte Probleme, da kam sehr viel Volk von Frankreich her über die Grenze, ja, und verhielt sich eben nicht besonders gut, lärmte, schlägerte und krakeelte, beleidigte die Badmeisterinnen und Badmeister und belästige andere Leute.
Die Badi Porrentruy schoss aus der Hüfte und verhängte eine Eintrittssperre für Menschen, die keinen Schweizer Wohnsitz haben. (Unter grossem Applaus von rechts, auch von deutschen Rechten, die das ja wirklich nichts angeht.)
Nun ergab sich eine groteske Situation: Michelle (76) und Brigitte (79) aus Villar-le-Sec, einer französische Gemeinde im Département Territoire de Belfort in der Region Bourgogne-Franche-Comté, also jenseits der Grenze, durften nicht mehr in ihr geliebtes Bad nach Pruntrut (so die deutsche Schreibweise), wohl aber die jugendliche Gang aus Bure, einer politischen Gemeinde im Bezirk Porrentruy des Kantons Jura in der Schweiz.
Basel hatte nun auch Probleme. Und Basel reagierte anders. Für ein paar Tage tauchten Sicherheitsleute und Polizei auf, da sah man etliche Trupps von Menschen in Uniform – und dann wurden 10 Hausverbote ausgesprochen (an Ausländer und an Schweizer).
Und seitdem herrschte Frieden.
So kann man es auch machen. Sachbezogen, streng, klar: Wenn du meinst, du musst hier rumschreien und andere belästigen, wenn du nicht auf den Badmeister hörst und hier schlägerst: Da ist die Tür.
Jetzt müssen wir aber noch auf das Unterhosen-Problem eingehen, weil hier so furchtbar gelogen wurde. Der Satz «ausländische Jugendliche haben begonnen, die Unterwäsche anzulassen» bringt mich so auf die Palme, dass ich schreien könnte.
Also:
Praktisch alle Jungs (ja, es sind die Männer!) lassen unter den Badeshorts ihre Unterhosen an, und das tun sie seit 20 Jahren. Warum? Keine Ahnung, es muss irgendwie toll sein, muss irgendwie Spass machen, muss irgendwie geil sein, ich fände es nur eklig, aber ich bin auch kein Jugendlicher. Ein Problem ist die Kontrolle, man kann den Jungs ja nicht in die Hose gucken, jeder Bademeister bekäme da ja sofort eine Anzeige.
Nun tragen viele Jungs Badeshorts, unter denen ganz frech die Unterhose mit einem CK- oder HOM-Logo hervorlugt, zum Teil ist das aber ein Produkt, in das ein Slipteil schon eingearbeitet wurde. Also auch schwierig.
Wir haben es also nicht mit einem Ausländerproblem zu tun. Im Gegenteil, was würde ich tun, wenn ich ein junger Asylant wäre und zum ersten Mal im Gartenbad St. Jakob? Genau. Ich würde gucken, wie es die anderen machen, und selbst wenn ich eigentlich die Hose wechseln wollte, würde ich denken: «Schau mal, die lassen alle die Unterhose an, das mache ich jetzt auch.»
Die letzten 14 Tage der Ferien war es in der Badi so ruhig wie auf einer einsamen Insel. Das merkte man auch an den Securitas-Leuten, denen so langweilig war, dass sie am Ausgang herumstanden und mich daran hinderten, durch den breiten Kinderwagenweg hinauszugehen (ist inkorrekt, aber bequemer) und nicht anständig durch die Drehtür.
Die erste Schulwoche war dann wieder Hully-Gully. Weil alle Basler Schulklassen dort waren – aber mit Lehrpersonal. Aber was soll man machen, wenn im Klassenzimmer im Obergeschoss eines Beton-Glas-Baus 33° herrschen?
Ich bin gerne und häufig im Freibad. Ich könnte sogar behaupten, dass das Gartenbad St. Jakob quasi mein zweites Zuhause ist.
Und das wird auch so bleiben.
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