In seinem wunderbaren Film «Der Haus-Tyrann» spielt Heinz Erhard einen mürrischen, ekligen, widerlichen und misanthropischen Kaffeehausbesitzer. Eigentlich ein Paradox, und entsprechend schlecht laufen auch die Geschäfte.
Als in einer Szene eine Dame sich vier Würfelzucker in den Kaffee tut, dann aber nicht umrührt, weil sie es angeblich gar nicht gerne so süss hat, ergreift Erhard die Tasse, den Löffel, rührt lautstark um und befiehlt der Lady wütend und lautstark, sie solle das jetzt trinken.
Gut, kann man so nicht machen, der Gast ist König und die Gästin Königin und der Kunde hat immer recht, aber ein wenig, ein wenig, ein bisschen, ein kleines bisschen kann man den Kaffeehausbesitzer ja auch verstehen. Wieso schmeisst man vier Würfelzucker hinein, wenn man keinen will? Wieso entscheidet man sich klar für A, wenn B viel besser wäre?
An diese Szene in dem Film musste ich denken, als ich neulich im Schwimmbad war.
Ich schwamm auf den Beckenrand zu, an dem ein anderer Schwimmer ein Päuschen machte. Er war Krauler, also viel schneller als ich. Ich dachte nun natürlich, dass er wieder losschwimmt und ich dann in seinem Schlepptau nachfolgen könnte, aber gefehlt: Er liess mich vor. Er liess mich vor, um mich dann auf der Hälfte meiner Bahn schwungvoll, dynamisch und kräftig zu überholen, wobei er mit seinem Armschlag mein linkes Ohr traf. Nicht schlimm, aber es tat weh.
Warum lässt er mich vor, wenn er dann doch sofort startet und mich überholen muss?
Auch hier wieder das gleiche Schema: Ich kann mich für A entscheiden oder für B, entscheide falsch, und ich muss die Konsequenzen wieder ausbügeln, die ich sonst nicht gehabt hätte.
Das dritte Beispiel begegnet mir später im SB-Bereich meiner Bank:
Der Boden ist übersät mit Quittungen, Quittungen, die die Leute nicht mitnehmen wollten – aber die sie angefordert haben, denn es gibt bei Auszahlungen die beiden wunderbaren Tasten
7 – Bestätigen mit Beleg
8 – Bestätigen ohne Beleg
Wenn ich nun partout keinen Zettel mitnehmen möchte, dann drücke ich die 8, ich drücke nicht die 7 und werfe den Zettel dann weg, natürlich auf den Boden, denn ein Papierkorb steht ja keiner da. Es steht übrigens keiner da, weil man davon ausgeht, dass die Leute, wenn sie schon 7 drücken die Quittung auch mitnehmen.
Nun werden Sie mir einwenden und reden und sagen, dass Menschen ja ihre Meinung ändern können. Gut, das ist so, und da bin ich auch sehr dafür. Es ist super, wenn man den Kopf ein wenig wendet und neue Aspekte sieht und Meinungen auch mal revidiert.
Aber so schnell? In so kurzer Zeit?
Man braucht nur zwei Sekunden, um nach dem Hineinwerfen von Würfelzucker den Löffel zu ergreifen und den Umrührvorgang zu starten. In genau diesen zwei Sekunden hat sich die Dame entschieden, den Kaffee doch schwarz und ungesüsst zu trinken? Nachdem sie zwei Sekunden vorher ja noch die Option SEHR SÜSS im Kopf hatte, sie benutzte ja vier Würfel?
Ich glaube das kaum.
Ich hatte ca. 10 Sekunden Vorsprung, als der Crawler mich einholte und mit seinem Schwungarm auf mein Ohr schlug. In diesen 10 Sekunden hat er seine Meinung geändert, er hat entschieden, dass er jetzt sofort weiterschwimmen muss, und dass er unbedingt VOR mir sein muss? Und es hatte dann auch keine weiteren 10 Sekunden Zeit, dann wäre nämlich ich am anderen Ende am Beckenrand gewesen und hätte ihn vorgelassen?
Kaum zu glauben.
Und wie viel Zeit vergeht zwischen dem Drücken der Taste «Bestätigen mit Beleg» und dem in der Hand halten – mit dann dem Entschluss, den Zettel doch nicht haben zu wollen? Auch nicht so viele Sekunden.
Auch hier nicht wahrscheinlich, dass man sich spontan umentschieden hat…
Nein.
Hier würde das Verfahren helfen, dass ich schon mehrfach und oft und immer wieder vorgeschlagen habe:
Nachdenken.
Und zwar vorher.
Das hätte nun auch einem Herr Merz geholfen, das hilft nämlich, wenn man ein Sondervermögen von 500000000000 Euro für Infrastruktur und ein unbegrenztes Sondervermögen für Rüstung auf den Weg bringen will. Dann schwatzt man nicht einfach mal los, und verkündet und verkündet und redet, und stellt dann fest, dass man ja eine 2/3-Mehrheit braucht und die Stimmen der Grünen, und das ganze noch im ALTEN Parlament, und man hätte nicht auch noch zwei BVG-Klagen am Hals, von der AfD UND von den LINKEN.
Nachdenken ist manchmal nicht schlecht.
Heinz Erhard hat wahrscheinlich viel nachgedacht.
Sonst wäre er nicht auf so wundervolle Gedichte gekommen.
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