Dienstag, 29. Juli 2025

Königsschlösser sind Kulturerbe!

Wir gratulieren Neuschwanstein und seinen Schwestern bzw. Brüdern zum Weltkulturerbe.
Das kommt jetzt ein wenig verspätet, da war so viel anderes los, aber nachholen wollen wir es doch:
Gratulation zur UNESCO-Zertifizierung.

Für meine amerikanischen Leser muss nun zu Beginn gleich ein Missverständnis ausgeräumt werden:
Das Märchenschloss in den bayrischen Alpen ist kein Nachbau des Cinderella-Castle in Disneyland, sondern es ist genau umgekehrt: Cinderella-Castle beruht auf Neuschwanstein. Das ist übrigens wie mit vielen Dingen, von denen ihr meint, ihr habt es erfunden: Dampfmaschine, Benzinmotor, Demokratie und LSD. (Um hier nur einige zu nennen.) Nein, das meiste kam aus Europa – die ganzen Computergeschichten, die gehen jetzt wirklich auf eure Kappe.

Wir schwenken also die Kappen, Hüte und Mützen für Neuschwanstein, Linderhof, Herrenchiemsee und Königshaus am Schachen, und wir lassen die Sektkorken knallen.

Das ist ja eigentlich eine traurige und lustige Geschichte zugleich mit diesen Bauten.
König Ludwig II. von Bayern wurden diese Schlösser zum Verhängnis, er hatte für den Bau von Neuschwanstein, Lindenhof, Herrenchiemsee und das Königshaus am Schachen die Staatskasse dermassen überzogen, dass man ihn ins Sanatorium schicken wollte und er bald verstarb (oder ermordet wurde? – Verschwörungstheoretiker, seid gegrüsst!).
Ludwig der Zweite lebte in seinem Geiste nicht im 19. Jahrhundert, sondern im 17. Und als absoluter Monarch hätte er alles bauen können, was er will. Hat sich der Sonnenkönig um die Finanzen geschert? Hat Philipp von Spanien gerechnet, was der Escorial kostet? Hat sich Alexander der Grosse um einen Kostenvoranschlag bemüht? Na also. Aber im 19. Jahrhundert ging das halt nicht mehr so easy…
Zwei Dinge sind nun witzig:
Neuschwanstein ist ein Blockbuster, es spült jedes Jahr Millionen in die Staatskasse und hat seine Baukosten längst, längst, längst, längst eingespielt.
Das zweite Ding: Überziehung der Baukosten ist im 21. Jahrhundert eine völlig normale Sache. Ich schreibe diesen Post in der Lobby unseres Hotels in Stuttgart, und hier hat man am legendären Bahnhof bei 2,6 Milliarden begonnen und war im Juni 2024 bei 11, 4. Aber das ist noch nicht das Ende…
Und die Elbphilharmonie kostete ja dann auch das 16-fache.

Wir gratulieren Neuschwanstein und seinen Schwestern bzw. Brüdern zum Weltkulturerbe.
Das kommt jetzt ein wenig verspätet, da war so viel anderes los, aber nachholen wollen wir es doch:
Gratulation zur UNESCO-Zertifizierung.

Es bestehe nun die Angst – so höre ich – dass Neuschwanstein durch die UNESCO-Nennung überlaufen, überrannt werde. Dass zu viele Touristen kommen. Dass halb Japan und halb China sich durch das Schloss quetscht. Das ist natürlich eine unberechtigte Angst, denn dies kann nicht so werden – weil es schon so IST. Neuschwanstein WIRD überlaufen, überrannt. Es KOMMEN zu viele Touristen. Halb Japan und halb China quetschen sich schon durch das Schloss. 1,4 Millionen (1400000) Besuchern besuchen pro Jahr das Schloss und im Sommer schieben sich 6000 (sechstausend) Leute durch die Räume, die für eine einzige Person ausgelegt waren. Dies unterscheidet das Märchenschloss ja von Versailles, es war für Ludwig II. allein und nicht für Hofbälle mit 5000 Gästen und 1000 Musikern gedacht.

Aber ich habe schon eine Idee: Im Herbst 2018 habe ich einen Post über das EZM, das Europäische Zentralmuseum geschrieben. Dort – so sinnierte ich – könne man die 30 wichtigsten Kunstwerke vereinen, und man könne so die asiatischen Touristenströme an EINEN Ort lenken. Wie wäre es, das EZM mit Mona Lisa und Schrei und Nachtwache (u.a.) gleich neben das Königsschloss zu bauen?

Wir schwenken die Kappen, Hüte und Mützen für Neuschwanstein, Linderhof, Herrenchiemsee und Königshaus am Schachen, und wir lassen die Sektkorken knallen.

Eines der Häuser wird übrigens vom Rummel ausgenommen bleiben. Das Königshaus am Schachen ist nur zu Fuss zu erreichen und sein Besuch ist mit 6 bis 7 Stunden Gehzeit eine anspruchsvolle Wanderung (mit Pumps nicht zu machen…)
Vielleicht wäre das – im Anschluss an meine Idee «Nobelpreis nur für Omas» – ein Vorgehen: Die UNESCO vergibt ihren Erbe-Status nur noch an Bauten, die nicht mit Reisebussen zu erreichen sind. Kirchen auf Inseln, hochgelegene Schlösser, Türme im Wald, Städte im Dschungel usw. haben auf einmal Hochkonjunktur.

In diesem Sinne:
Die Königsschlösser leben hoch!
Und der «Kini», der sie uns geschenkt hat!





Freitag, 25. Juli 2025

ChatGPT schreibt schlechte Gedichte

Vor einigen Jahren hatte ich eine kurze Zeit lang die Idee, ein Schreibbüro aufzumachen. Aber nicht ein Office, das Texte abtippt, sondern das Texte wirklich schreibt. Dabei dachte ich natürlich nicht an Doktorarbeiten, die dann Politikerinnen und Politiker als ihre eigenen ausgeben, sondern an Briefe an ein Amt, an Vereinsnachrichten, Jahresberichte, usw. Ja, und auch an Jubilaren-Gedichte.
Zum Glück habe ich damals den Plan nicht verwirklicht. ChatGPT hätte mich so niedergeboxt, dass ich mich von dem Haken nie erholt hätte. Briefe an ein Amt? Die Software kann es. Jahresbericht? ChatGPT macht es auf Knopfdruck.
Aber kann ChatGPT auch diese Jubilaren-Gedichte? Wir machen den Test:

«Schreibe bitte ein Gedicht zum 12. Geburtstag meiner Schwester.»
Ergebnis:

Zwölf Kerzen brennen, hell und fein,
heut darfst nur du im Mittelpunkt sein!
Ein neues Jahr, so bunt und klar,
liegt vor dir – wie wunderbar!
Mit Lachen, Spielen, voller Mut,
machst du so vielen Menschen gut.
Dein Herz ist warm, dein Lächeln echt,
du bist für uns das größte Recht.
Du wächst heran, wirst klug und weise,
gehst deinen Weg auf deine Weise.
Ob tanzen, träumen, lesen, lachen –
du bringst die Welt zum Strahlen, zum Erwachen!
Drum feiern wir dich heut mit Schwung,
denn zwölf zu sein, das hält dich jung.
Bleib wie du bist, ganz ohne Frage –
alles Liebe zum Geburtstage!

Noch ein Versuch: «Schreibe bitte ein Gedicht zum 13. Geburtstag meiner Nichte.»
Ergebnis:

Dreizehn Jahre – kaum zu fassen,
wie schnell die Tage an uns vorbeirasen!
Eben noch klein, mit Kuscheltier,
jetzt eine Teenagerin – wow, das bist du hier!
Du bist klug, kreativ und wunderbar,
hast Träume, Ziele, wirst bald sogar
deinen ganz eigenen Weg nun geh’n,
wir freuen uns, dich so zu seh’n.
Mal laut, mal leise – ganz dein Stil,
mit Herz und Witz und ganz viel Gefühl.
Du bist besonders, echt und frei –
und immer für 'ne Überraschung dabei.
Heute feiern wir dich sehr,
mit Kuchen, Liebe und noch mehr.
Denn so wie du – gibt’s nur dich,
drum sagen wir: Wir lieben dich!

Ist das nicht herrlich? Ich meine, herrlich grauenhaft? Das holpert und stolpert, das ruckelt und zuckelt, da stimmt kein Rhythmus, keine Hebung und keine Senkung, da wird der Satz quasi über Kopfsteinpflaster gezogen. Die Reime stimmen meist, ausser dem wunderbaren «ohne Frage / Geburtstage», was auch grandios ist. Aber was heisst «machst du so vielen Menschen gut»? Ich verstehe es nicht, wirklich nicht. Ich verstehe auch nicht, was «du bist für uns das grösste Recht» heisst…

Wie kommt es nun zu diesen wirklich grauenvollen Machwerken? Ganz einfach: ChatGPT lernt an Beispielen. Und zum Thema «Geburtstagsgedichte» findet man scheints nur miese Beispiele im Netz.
Warum ist das so? Ich weiss es nicht, ich weiss nur, dass, wenn ich aus irgendeinem komischen Grund wirklich mal ein Gedicht zum Geburtstag meiner Nichte schreiben würde, ich diesen Text sicher, sicher, sicher und viermal sicher nicht ins Internet stellen würde. Selbst wenn er gut wäre (und das wäre er), selbst wenn das Gedicht Anspielungen auf Brecht, Benn, Böll und Busch hätte (und das hätte es), selbst wenn es also ein qualitativ hochwertiges Machwerk wäre, würde ich es als das lassen, was es wäre: Ein Gedicht für den Augenblick.

Vielleicht muss man es so formulieren: Nur jemand, der nicht merkt, wie schlecht und peinlich seine Verslein sind, der stellt sie ins Netz.

Für die Klientel «Opa zum 90sten» wäre also mein Schreibbüro immer noch nötig, hier greift ChatGPT nicht. Allerdings checkt die «Opa zum 90sten»-Klientel aber auch nicht, wie mies ihre Texte sind, und würde mich deshalb auch nicht aufsuchen.

Aber es beruhigt, dass die KI noch nicht alles kann…





 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

  

 

  

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

  

Dienstag, 22. Juli 2025

Friedensnobelpreis für meine Grossmutter!

Ich möchte meine Grossmutter Emma Herter, geb. Brecht (1900 – 1984) für den Friedensnobelpreis 2025 vorschlagen.

Nun ist die erste Frage: Kann ich das überhaupt?
Eine Internet-Recherche ernüchtert mich: Ich kann es nicht.
Das eine ist der Kreis der Menschen, die vorschlagen dürfen, er ist sehr gross, verdammt gross, aber ich gehöre nicht dazu. Vorschlagen dürfen nämlich Mitglieder von nationalen Parlamenten, Universitätsprofessorinnen und Universitätsprofessoren und leitende Personen von wichtigen NGOs und internationalen Gerichten. Trifft auch mich irgendwie alles nicht zu.
Das andere ist der Termin: Die Frist für das laufende Jahr endet am 31. Januar, die Frist für das nächste beginnt nach der Verleihung. «Aber halt mal!», rufen Sie, «hat nicht neulich der Netanjahu…?» Ja. Hat er. Das war aber völliger Quatsch. Natürlich ist Benny Mitglied eines Parlamentes, aber für 2025 kann er Trump NICHT MEHR vorschlagen, und für 2026 NOCH NICHT.
Das Ganze war also ein dummer (aber effektiver!) PR-Gag.

Ich muss also meinen Wunsch, meine Bitte, mein Ansinnen anders formulieren: Ich möchte, dass jemand meine Grossmutter Emma Herter, geb. Brecht (1900 – 1984) für den Friedensnobelpreis 2026 vorschlägt, nominiert.

Das ginge, eine Nennung für den Friedensnobelpreis ist zunächst gar nix. Jedes Jahr muss das Komitee sich durch einen Wust von ca. 300 Anträgen kämpfen. «Für den Nobelpreis nominiert» ist also nicht vergleichbar mit «Nominiert für 4 Oscars» oder «Nominiert für 3 Golden Globes», man kann es nicht so ansehen wie eine Long- oder Shortlist für den Schweizer oder den Deutschen Buchpreis.

Noch eine Kleinigkeit steht dem Ganzen im Wege: Kein Nobelpreis kann posthum vergeben werden. Das sehen wir ja manchmal am Literaturnobelpreis, da kann es sein, dass, wenn die Krebserkrankung des Dichters X bekannt wird, er den Preis halt dieses Jahr noch bekommt, obwohl man eher mit Y oder Z gerechnet hätte – im Jahr darauf wäre er vielleicht nicht mehr da…

Was macht nun aber meine Grossmutter Emma Herter, geb. Brecht (1900 – 1984) so friedensnobelpreiswürdig?
Ganz einfach:
Meine Oma, die wir aus unerfindlichen Gründen «Ralle-Omi» nannten, um sie von der anderen Grossmutter zu unterscheiden (Sie kennen das Problem, die beiden Omis auseinanderzuhalten, es sei denn, sie sind Schwede oder Schwedin und haben mit «mormor» und «farmor» eine Superlösung), meine Oma jedenfalls war die friedlichste Person der Welt.

Alle, die meine Oma noch gekannt haben, beschreiben sie als einen Engel, immer milde und lächelnd, oft ein wenig verträumt, stets hilfsbereit und grosszügig. Sie war den schönen Dingen zugetan, liebte schöne Möbel, schöne Stoffe und Lyrik. Nie habe ich sie zornig, nie laut, nie im Streit oder im Zwist erlebt. Auch sehr, sehr, sehr schräge Menschen fanden an ihrem Tisch Platz und bekamen ihren Kaffee – der stets von Hand gemahlen und frisch aufgebrüht wurde, auch noch in den 80er Jahren.

Ihr Lieblings-Bibeltext war 1. Korinther 13 (…Die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht Mutwillen, sie bläht sich nicht auf, sie verhält sich nicht ungehörig, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu, sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit; sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles. Die Liebe höret nimmer auf, wo doch das prophetische Reden aufhören wird und das Zungenreden aufhören wird und die Erkenntnis aufhören wird.. Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen.) Ich habe vor ihrer Beerdigung leider den Pfarrer von diesem Text nicht überzeugen können, es sei ein Hochzeitstext, wobei er irrte.

Nun können Sie einwenden, es gebe ja ganz viele Menschen wie meine Oma, überall auf diesem Globus leben Leute, die sanft und friedlich sind. Ja! Und alle diese Leute haben den Nobelpreis verdient.
Warum vergeben wir den Friedenspreis an Terrororganisationen, die nach 10 Jahren ihre Waffen abgeben und nicht an Gruppen, die nie eine Waffe in die Hand nehmen?
Warum bekommen zwei Streithähne den Preis, wenn sie sich versöhnen und nicht die Leute, die nie streiten? (Mein Albtraum: Putin und Selenskyj kriegen 2027 den Nobelpreis…)
Warum kriegen die Abrüster den Preis und nicht die Nie-Aufrüster?
Ich möchte es ganz harsch auf einen Satz und eine Forderung, einen Antrag reduzieren:

Ich beantrage, den Friedensnobelpreis überhaupt nicht mehr an Staatsmänner zu verleihen. Sondern an die friedlichen Menschen der Welt.

Ich möchte meine Grossmutter Emma Herter, geb. Brecht (1900 – 1984) für den Friedensnobelpreis 2026 vorschlagen. Zu ihrem 126. Geburtstag am 18. 11. 2026 wäre das doch eine schöne Sache.