Ich habe neulich die
Rolle der Übersetzer erwähnt. Und hier müssen wir uns zunächst mit dem Babelfisch
beschäftigen. Sie kennen ihn nicht? Gut, dann lassen wir doch erst Wikipedia zu
Wort kommen:
Der Babelfisch (englisch
Babel Fish) ist ein fiktives Lebewesen aus dem Roman "Per Anhalter durh die Galaxis"
von Douglas Adams. Der populäre Internet-Übersetzungsdienst Babel Fish
benannte sich nach dem Vorbild aus Adams’ Roman. Der Babelfisch wird in dem
Roman als kleine Kreatur beschrieben, die sich ins Ohr einführen lässt und dem
Träger ein Verständnis aller gesprochenen Sprachen
ermöglicht. […] Die absurde Darstellung des Babelfisches ist eine Parodie
Adams’ auf die Unplausibilität der in der SF-Literatur beschriebenen
Übersetzungsmaschinen. Im Allgemeinen wurde die Vielfalt der Sprachen von den
Science-Fiction-Autoren lediglich als lästige Unbequemlichkeit und die
Hervorhebung linguistischer Schwierigkeiten als nicht leserfreundlich
betrachtet. […] Auch die bis auf die Bibel zurückgehende Utopie
einer Spracheinigkeit, die die Vorstellung impliziert, dass die bloße
Überwindung der Sprachbarrieren
gleichzeitig ein gegenseitiges Verständnis bewirke, greift Adams in satirischer
Weise auf: Zwar hebt er in seinem Roman mit Hilfe des Babelfischs den
nachbabylonischen Zustand der Sprachverwirrung auf, er lässt jedoch eben
dadurch dieses Wesen „mehr und blutigere Kriege“ verursachen „als sonst jemand
in der ganzen Geschichte der Schöpfung“.
Vor allem der letzte Absatz ist spannend. Der Übersetzerfisch soll
für Kriege verantwortlich sein, obwohl er doch bewirkt, dass sich die Leute
verstehen?
Genau.
Häufig ist es eben besser, sich nicht genau zu verstehen.
Diese Geschichte ist jetzt wirklich wahr:
Bei der Konzerttournee der KKB in der Ukraine stand ich vor der Aula
der Uni Ostroh und rauchte. Eine dicke, schlecht angezogene Dame kam aus dem
Gebäude und schrie mich an. Ich verstand natürlich nichts, es klang ungefähr
wie SCHDONNO WUSWI TIMSCHNO SCHDINNI GUMSCH GIMSCH WUTSCHÜ. Ein wenig Nachdenken
brachte mich aber weiter – Kontext, das ist das, was ich meinen Schülerinnen
und Schülern immer einbläue: im Kontext denken – ich dachte darüber nach, was
an mir falsch sein könnte. Ich war angekleidet, das konnte es nicht sein. Ich zerstörte
keine Bausubstanz und machte nichts dreckig, was war es? Natürlich: Die Zigarette.
Ich hob den Glimmstängel in die Höhe und siehe da: Die dicke, schlecht
angezogene Dame wies mich in Richtung Ausgang. Die Raucherecke ist in Ostroh
VOR dem Campus.
Man stelle sich nun vor, ich hätte die dicke, schlecht angezogene
Ukrainerin Wort für Wort verstanden. Vielleicht eine Katastrophe. Vielleicht
hat sie gerufen: «Wenn du die verfickte Scheisszigarette nicht ausmachst, dann
stopfe ich sie in deine verfickte Scheissnase.» oder vielleicht auch: «Mach die
Kippe aus, du ausländischer Hurensohn, sonst schlag ich dich so zusammen, dass
du sechs Monate nicht mehr rauchen kannst.»
Und dann hätte ich sicher – wenn ich des Ukrainischen mächtig wäre
– zurückgegeben. Und es wäre zu einem sehr unschönen Wortwechsel und eventuell
auch zu einem Faust-, Tritt-, Schlag- und Ohrfeigenwechsel gekommen.
Nein.
Manchmal ist es besser, nicht korrekt zu übersetzen.
Stellen Sie sich vor, Sie wären die Dolmetscherin oder der Dolmetscher
von – nehmen wir doch mal eine ganz beliebige Person auf diesem Globus – Donald
Trump.
Sie könnten doch nie eine wortwörtliche, korrekte, eine genaue und
präzise, könnten nie eine richtige und dem Wortlaut entsprechende Übersetzung
liefern.
Tun die Dolmetscher des White House auch nicht.
Ich habe zufällig eine Sammlung von Umformulierungen in der Hand,
die quasi als Handbuch bei den «Interpreters» in Washington kursieren:
Trump: I know you for
a long time, and I ever thought that you are a brainless son-of-a-bitch.
Übersetzer: Ich kenne Sie sehr lange, ich war aber nicht immer mit
Ihrer Politik einverstanden.
Trump: If you don´t agree,
I will break your nose and rape your daughter.
Übersetzung: Es wäre für mich sehr, sehr wichtig und entscheidend,
dass Sie meinem Vorschlag zustimmen.
Trump: I warn you: You
will let your fucking dirty hands from this country.
Übersetzung: Wir werden mit einer Verletzung der territorialen
Souveränität dieses Landes nicht einverstanden sein.
Jeder der Dolmetscher, der für die USA, aber auch jeder, der für
Putin, für China, jeder der für Bolzonaro oder Kim arbeitet, har den
Friedensnobelpreis verdient.
Wenn die Garde der Übersetzer wirklich ÜBERSETZEN würde, dann
stünde die Welt schon lange nicht mehr.
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