Ich habe neulich Kochbücher erwähnt. Und ich habe erwähnt, dass ich mir keines in Slowenien gekauft habe, um die Zahl meiner nichtbenützten Kochbücher nicht noch zu erhöhen.
Haben Sie, liebe Leserin, lieber Leser, darüber geschmunzelt? Gelacht? Mich ausgelacht?
Gut.
Machen wir einen kleinen Test: Wie viel Kochbücher besitzen Sie?
Zwei? Ehrlich?
Drei? Ohne Mist?
Nein, ich meine nicht die paar verklecksten und bemehlten Dinger, die wirklich in Ihrer Küche stehen. Gehen Sie bitte mal an Ihren Bücherschrank, bücken Sie sich und schauen auf das Tablar, das Sie seit dem Einräumen nicht angeschaut haben. Was sehen Sie?
Zum Beispiel das Folgende:
Giovanna Guardino: Pomodoro e Pesto – Die Küche der Basilicata, Grotto Verlag München
Peter v. Schmull: Vegan, aber lecker – 50 Rezepte ohne Fleisch, Milch und Eier, Aufstand Verlag Berlin
Emma Hobel: 30 Rezepte aus dem Fluotta-Tal, Heimatverlag Altdorf
Franz Frinz & Peter Poter Die schönsten Cocktails mit Orangensaft, Drink-Verlag Düsseldorf
usw.
usw.
usw.
Wahrscheinlich sind es ca. 30 Bände. Machen Sie nun eine Aufstellung:
Von welchen Büchern wusste ich noch? Welche hatte ich vergessen?
Welche Bücher habe ich nach dem Einräumen in der Hand gehabt?
Aus welchen Büchern habe ich Rezepte angewandt?
Ich kann Ihnen das Ergebnis sagen: Sie haben 50% der Bücher vergessen gehabt. Sie haben 0 bis 4 Prozent der Bücher noch einmal in die Hand genommen, Sie haben aus 0% der Schwarten etwas gekocht oder zubereitet.
Warum haben wir alle Kochbücher, die wir nicht benutzen?
Gut, einverstanden, viele haben wir geschenkt bekommen, aber das löst nicht das Problem. Denn eigentlich ist ein Kochbuch ja so etwas wie eine Sammlung von Anleitungen. Die Rezepte machen ja erst Sinn, wenn sie sich in duftende Speisen und leckere Kuchen, in erfrischende Getränke und aromatische Desserts verwandeln, und solange sie sich eben nicht in duftende Speisen und leckere Kuchen, in erfrischende Getränke und aromatische Desserts verwandeln, sind sie nutzlos.
Würden Sie sich zum Beispiel eine Grammatik des Baskischen kaufen und sie in Ihr Bücherregal stellen? Natürlich nicht. Es sei denn, Sie haben vor Baskisch zu lernen, was wenig Menschen machen.
Würden Sie sich freuen, wenn ich Ihnen eine Ikebana-Grundeinführung schenke? Nicht? Aber warum denn nicht? Die Fotos sind sicher genauso schön wie die in den Kochbüchern.
Hätten Sie Bedarf an Wanderkarten aus dem Fluotta-Tal? Warum ziehen Sie nun einen Flätsch? Sie besitzen doch auch ein Kochbuch aus diesem innerschweizer Tal, warum nicht auch dort wandern?
Nein.
So kommen wir dem Geheimnis der Kochbücher nicht auf die Spur. Versuchen wir es also ein wenig systematischer. Vier Punkte konnte ich verifizieren: Fotobetrug, Einfachheitsbetrug, Lebensplanungsbetrug und Einmaligkeitsbetrug.
Fotobetrug:
Anders als die Speisen aus Ihrem Herd sehen die in den Kochbüchern einmalig schön und *******-verdächtig aus. Aber seien Sie getrost: Hier wurden nicht einfach Speisen abgeknipst, hier hat ein Team von 3 bis 10 Food Fotographern stundenlang herumgeschoben und arrangiert, dann wurden die Bilder gemacht und dann – Sie ahnen es: Foto Shop. Mit der Mühe sieht ihre Schokotorte genauso lecker aus.
Einfachheitsbetrug:
Alle die Rezepte suggerieren Ihnen, sie seien einfach nachzumachen. Das Gegenteil ist der Fall. Nehmen wir nur den ersten Satz des ersten Rezeptes von Giovanna Guardino: «8 Zwiebeln möglichst fein hacken.» Wenn Sie die Dinger nicht einfach durch den Smoothiemaker jagen – was kein Koch, keine Köchin je täte – dann sitzen Sie sehr lange – und tränenreich.
Lebensplanungsbetrug
Nun wird es ein wenig psychologisch. Die Bücher spiegeln Ihnen vor, dass eine neue Wendung, eine neue Richtung in Ihrem Leben möglich wäre. Sie haben es nicht geschafft, den Job im Mezzogiorno zu bekommen, aber nun denken Sie (oder es wird Ihnen vorgemacht), dass kochen wie dort das Gleiche wäre. Das Vermögen langt noch nicht für ein Leben wie Gunther Sachs, aber wenigstens ein Cocktail geht ja…
Einmaligskeitsbetrug
Sie denken, dass Sie Rezepte aus einem dieser Schinken dann einmal machen werden, wenn Sie Gäste haben und mit den seltenen Speisen Eindruck schinden können? Vergessen Sie es. Ihre Bekannten haben Peter v. Schmull: Vegan, aber lecker – 50 Rezepte ohne Fleisch, Milch und Eier, Aufstand Verlag Berlin und Emma Hobel: 30 Rezepte aus dem Fluotta-Tal, Heimatverlag Altdorf im Schaufenster der Buchhandlung auch gesehen.
Ich habe neulich Kochbücher erwähnt. Und ich habe erwähnt, dass ich mir keines in Slowenien gekauft habe, um die Zahl meiner nichtbenützten Kochbücher nicht noch zu erhöhen.
Haben Sie, liebe Leserin, lieber Leser, darüber geschmunzelt? Gelacht? Mich ausgelacht?
Tun Sie jetzt nicht mehr.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen