Dienstag, 8. Februar 2022

Wo soll Olympia stattfinden?

Ich liebe Blödsinns-Umfragen.
Ich liebe es, wenn den Leuten Dinge gefragt werden, die keinen Sinn machen, die Quatsch sind, die ausserhalb ihrer Möglichkeiten liegen. Dinge, über die wir nur lachen können.
So wurden sowohl in der Schweiz als auch in Deutschland Menschen gefragt, wen sie als Bundesrat (CH) oder als Bundespräsident (D) wählen werden – und ob sie zur Wahl gehen würden. Die grosse Mehrheit war unschlüssig, gab aber an, auf jeden Fall wählen zu gehen. Sehr lustig, denn sowohl die CH-Bundesräte als auch der Bewohner von Schloss Bellevue werden nicht vom Volk gewählt…

Sehr lustig sind auch folgende Ergebnisse auf folgende Fragen:

«Sollen unsere Kinder in der Schule mit arabischen Ziffern arbeiten?»

Fast einhelliger Protest, nein, natürlich nicht, diese Muslime, wo kommen wir dahin, wo sind wir gelandet, ca. 79 % der Befragten sprechen sich dagegen aus. Wenn die wüssten, dass wir die Zahlen 0, 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8 und 9 von den Arabern übernommen haben, und vor allem die Idee der Null ist natürlich extrem Klasse. Und wer gegen die arabische Kultur ist, sollte auch keinen Kaffee trinken und keine Marschmusik hören – das Becken und der Schellenbaum kommen auch aus dem Orient…

«Was halten Sie von der Zweiten Lautverschiebung?»

Auch hier Protest, nichts mehr verschieben, nichts mehr verändern bitte, diese Jugendsprache und diese Anglizismen, nein, keine Verschiebung, und wenn man den Leuten klarmacht, dass die Zweite Lautverschiebung schon stattgefunden hat, erwacht der Wunsch nach Rückgängigmachung, immerhin sind 82% für genau das, na ja, wenn die wüssten, dass man die ganze deutsche Literatur (und nicht nur die) neu schreiben müsste. Schon der Satz «Ich bin gegen diesen Zeitgeist-Pfusch.» müsste ja heissen: «Ik bin gegen diesen Teit-Pusch.» Die Lautverschiebung fand übrigens vor anderthalbtausend Jahren statt…

Natürlich, natürlich, natürlich arbeiten diese Umfragen mit einer fiesen Überrumpelungstaktik, sie lassen dem oder der Befragten keine Zeit zum Nachdenken, sie haben fiese Klischee-Wörter und führen den oder die Befragte aufs Glatteis. Aber Spass machen sie doch.

Eine schöne Fragerei betraf neulich den Austragungsort der documenta. Ich habe vor fünf Jahren den letzten Post über die documenta geschrieben, das liegt vor allem daran, dass die letzte documenta 2017 stattfand.
Ein paar Freunde und ich gingen in Wopperstrüten an der Wopper auf die Strasse, um in jener kleinen westfälischen Stadt ein Meinungsbild zu bekommen. Und hier sind die Ergebnisse:

81,34 Prozent finden es gut, dass die documenta wieder in Kassel stattfindet.
76,48 Prozent fänden es sogar gut, wenn die documenta immer am gleichen Ort wäre.
75, 29 Prozent fänden es gut, wenn die documenta immer in Kassel wäre.
91, 22 Prozent fänden es NICHT gut, wenn man die Kunstausstellung in Ländern mit problematischen Staatsformen oder problematischen Menschenrechtsverhältnissen ausrichten würde.
96, 33 Prozent fänden es eine Katastrophe, wenn die documenta nach China ginge.

Es ist doch schön, wenn man Befragte so glücklich machen kann, wenn die Wünsche sich so leicht erfüllen lassen, schlicht und einfach, weil sie schon erfüllt sind.
Die Mehrheit möchte die documenta in Kassel und sie möchte sie immer in Kassel, das ist doch schön, das ist prächtig, denn die Kunstschau hat seit 1955 nie einen anderen Ort gehabt. Und sie wird auch nicht wandern, nicht nach Minsk und nicht nach Moskau und nicht nach Pjöngjang. Und Peking ist auch nie im Gespräch gewesen, das Ding ist eine Kassler Erfindung und wird auch in Kassel bleiben.

Nun komme ich aber ins Überlegen: Wie sähen solchen Umfragen bei der Olympiade aus und wäre es nicht möglich, ganz klar solche Fragen zu stellen:
Warum findet die Olympiade nicht immer am gleichen Ort statt? Zum Beispiel in Athen (natürlich dann Sommer, nicht Winter, Sie Scherzbold…)
Man hätte dann so viele Probleme nicht mehr, man hätte ein für alle Mal tolle und schöne Anlagen hingestellt, man hätte nicht ständig die Boykott- und Unterstützungsdiskussionen und die Korruption würde auf ein Minimum zurückgehen. Natürlich müsste man Herrn Bach ein wenig mehr zahlen, denn wenn er keine Bestechungsgelder mehr bekommt, kann er vielleicht sein Ferienhaus nicht mehr zahlen.

Ich liebe Blödsinns-Umfragen.
Ich liebe es, wenn den Leuten Dinge gefragt werden, die keinen Sinn machen, die Quatsch sind, die ausserhalb ihrer Möglichkeiten liegen. Dinge, über die wir nur lachen können.
Aber jetzt werde ich am morgen auf die Strasse gehen und eine ernsthafte Frage stellen:

Sollen die Olympischen Spiele ab jetzt immer am gleichen Ort stattfinden?











 

 

  

 

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