Ich habe in einem der letzten Posts die Teambildung erwähnt. Ich habe geschrieben, dass Boris Johnson bei seiner Party-Teambildung einiges falsch gemacht habe. Und einige Leserinnen und Leser meinten, dass das ja Quatsch sei, denn Borislein habe ja keine Teambildung gemacht. Und da habe ich in meinen Post gesucht, ob ich das Thema nicht schon abgearbeitet habe. Und habe festgestellt: Nein. (Zur Erklärung: Bei über 1000 Beiträgen weiss man oft nicht, was man schon geschrieben hat.) Auf jeden Fall müssen wir uns mit der Sache beschäftigen.
Grundsätzlich ist zu sagen: Alle Teambildungsmassnahmen sind Unsinn. Menschen sind teamfähig oder nicht. Wenn sie es sind, fügen sie sich zu einem Team zusammen. Wenn nicht, dann nicht, da helfen auch keine Massnahmen. Aber dennoch kann man die eigentlich unsinnigen Massnahmen in vier Arten unterteilen.
Teambildungs-Art A: Das gruppendynamisch-psychologische Arbeiten mit einem Coach.
Der Coach ist ein toller, witziger und erfahrener Typ und verlangt 1000.-- die Stunde plus Spesen. Er macht eine kleine Einführungsrunde, zum Beispiel Wir-werfen-das-Wollknäuel oder Wir-knüpfen-ein-Netz, dann hängt er Plakate mit Themen auf und Sie dürfen rumlaufen und Punkte aufkleben, keine Punkte = Thema nicht wichtig für mich, viele Punkte = Thema ist wichtig für mich. Und nach einer halben Stunde steht fest, dass aus den Themen BRATKARTOFFEL / RESPEKT / WOCHENENDE / COMPUTER / MITEINANDER / PARFÜM / EISENBAHN die Themen Respekt und Miteinander wichtig sind. Und nun stürzen wir uns in einen durchrhythmisierten Tag, Plena, Gruppengespräche und immer wieder diese herrlichen psychologischen Spielchen: «Ich lasse dich auf eine genaue Distanz herankommen», «Ich fange dich auf», usw., usw.
Am Ende des Workshops – oder vielmehr hinterher in der Kneipe – merkt man aber, dass die Tage einen Erfolg hatten: Beim Merlot und beim Campari ist man sich einig, wie doof das alles war und der Hass auf solche Coaches (1000.-- die Stunde!) schweisst die Gruppe zusammen…
Teambildungs-Art B: Das themenbezogene Arbeiten mit einem Ergo-Coach.
Hier sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt. Die Teambildung kann von gemeinsamem Plätzchenbacken über Volleyballspielen bis zum Bauen mit Legosteinen, kann von Origami über Fotografie-Workshop bis zum Orientierungslauf im Wald, kann vom Malen mit Fingerfarben über Knetfiguren bis zum Bergwandern gehen. Und wer in der Grossindustrie arbeitet, weiss, dass ich hier nichts erfinde, auch Suter hat in seinen Businessclass-Kolumnen immer wieder solche Dinge erzählt. Es scheint, dass gerade die Kindergartentechniken sich immer mehr durchsetzen. Es ist ja schon lustig, dass Max K. einen Tag zum Legobauen geht, zu jenem Legobauen, das sein Sohn Marco (7) ablehnt, weil «ich bin ja kein Kind mehr». Es ist ja schon lustig, dass Max H. zwei Tagen beim Backen verbringt, nachdem er zu Hause sich sogar weigert, eine Suppe zu wärmen…
Am Ende des Workshops – oder vielmehr hinterher in der Kneipe – merkt man aber auch wieder, dass die Tage einen Erfolg hatten: Beim Fendant und beim Grappa ist man sich einig, wie doof das alles war und der Hass auf solche Ergo-Coaches (1200.-- die Stunde!) schweisst die Gruppe zusammen…
Teambildungs-Art C: Die Party-Teambildung
Diese Art ist eigentlich relativ einfach zu beschreiben: Hier wird das, was früher als Betriebsfeier, Weihnachtsfeier, Mitarbeiteranlass oder wie auch immer bezeichnet wurde, hinterrücks und kurzerhand als Teambildung definiert. Die Zutaten sind klar: Ein sehr leckeres Buffet, viel (ja, viel, sehr viel!) Alkohol, eine Live-Band und eine grosse Tanzfläche. Nach drei Stunden sind alle zu einer trinkenden, tanzenden Einheit verwoben und ein grosses Team. Man kommt sich näher, man ist sich nähergekommen, manche auch ein wenig zu viel, aber ein paar gescheiterte Ehen sind ein Kollateralschaden. Die Schwierigkeit dieser Teambildung ist, sie der Unternehmensleitung zu verkaufen. Vor allem die Kosten werden wahrscheinlich kritisch beäugt werden. Wobei: Mit ca. 6000.-- für Buffet und Alkohol und 5000.-- für die Band sind Sie immer noch unter den 14000.-- für Coaches und Ergo-Coaches. (mit Spesen)
Teambildungs-Art D: Gar nichts machen, zulassen.
Die Kolleginnen und Kollegen blödeln eine halbe Stunde herum, anstatt Mails zu lesen? Sie überziehen die Kaffeepause? Sie überziehen die Mittagspause? Sie spielen «Wir probieren beim Papierwegwerfen den Papierkorb zu treffen?» Die Kolleginnen und Kollegen legen sich ein Büro-Kaninchen als Maskottchen zu? Sie gehen früher, um noch in eine Punk-Disco zu gehen? Sie legen Gummitiere aus, um das Putzpersonal zu erschrecken?
Lassen Sie alles das zu. Es ist die beste Teambildung.
So, nun ist dieses Thema auch beackert.
Und nun gehe ich mit meinem Dienstag-Freitag-Glossen-Team einen trinken. Ok, ich bin der einzige im DFG-Team, aber nichtsdestotrotz:
Prost.
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