Mein Grossneffe Finn schaut mir beim Korrigieren eines Posts über die Schulter. «Was ist denn das?», fragt er und zeigt auf die Zeile über dem Eintrag:
Freitag, 4. Februar 2022
«Das ist doch das Datum», erkläre ich, «das schreibt man so.» «Schreibt man nicht 04. Februar?» «Nein, das tut man nicht.» Da holt Finn sein Schulheft und präsentiert mir grinsend und freudebewegt seinen Aufschrieb:
Mögliche Schreibweisen eines Datums:
a) 07. März 2021
b) 07. 03. 2021
c) 07 / 03 / 2021
d) 03 / 07 / 2021
e) 2021_03_07
Ich bekomme sofort Vögel, die Krätze und einen Anfall.
Ich weiss, dass es sich gerade durchsetzt, und sogar schon so erlaubt ist. Ich selbst kann mich an die Null VOR einer Zahl nicht gewöhnen. Werden wir in Zukunft auch Konzertprogramme so scheiben? (Sinfonie Nr. 04 in cis-Moll) Werden wir von Sportlern so berichten? (Heinzl erreichte einen ehrenvollen Platz 08.) Werden wir Leute zum 07. Geburtstag unserer Kinder einladen?
Mir ist klar, dass wir allen diesen Unsinn dem Computer und der Elektronik verdanken. Aber wir benennen ja auch nicht alle Städte um, es müsste ja dann auch Muenchen, Koeln und Schwaebisch Hall, es müsste Duesseldorf, Loerrach und Schwaebisch Gmuend heissen.
Und wie ist es mit den Arten c) bis e)?
Das e) macht ja noch irgendwie Sinn, denn so kann man eine Ordnung schaffen, bei der Computer einem Dokumente richtig sortiert, ich selbst benenne meine Protokolle so. (Ja, ich schreibe Protokolle, ja, und ich kann das, ganz ohne Wiederholungen und Wortspiele und Sprachverdrehungen…)
Aber c) und d)? Da kann man ja gar nicht wissen, was für eine Art der Schreibung benutzt wird. Bei einem Einzeldatum ist man aufgeschmissen, hat man mehrere, dann muss man in der Liste weiterlesen, bis man auf einen Eintrag wie 02 / 14 / 1965 oder 14 / 02 / 1965 stösst, da es keinen vierzehnten Monat gibt, ist hier die Sache klar.
Ich erkläre nun meinem lieben Finn, dass er in Zukunft z.B. 2. Juli 2022 schreiben soll, und wenn seine Lehrerin Probleme macht, würde ich diese beseitigen (doppeldeutig, bewusst, Probleme UND Lehrerin…) Es gelte, das Althergebrachte zu ehren und zu bewahren.
In der Nacht wache ich auf, und ich brauche eine Weile, um mich zu sortieren. Auf dem Stuhl gegenüber von meinem Bett sitzt ein Mann in Kleidern des 15. Jahrhunderts. Seine Jacke ist schon ein wenig abgewetzt und seine Strumpfhose hat ein Loch, aber seine Schuhe sind poliert und seine Kappe hat eine neue Feder. Diese wackelt, wenn er seinen Kopf schüttelt, wenn er lacht oder hustet.
Der Mann starrt mich eine Weile lang an, dann beginnt er mit drohender Stimme:
«Das Althergebrachte ehren? Und bewahren? Gott, dass ich nicht lache! Das habt ihr doch auch nicht getan! Natürlich heisst es Muenchen und Kaese und Schoenheit und so weiter, diese Punkte sind Quatsch und man kehrt hier nur zu den Ursprüngen zurück.
Und die Daten?
2021_03_07 – grosser Blödsinn (Bloedsinn)
3. März (Maerz?) 2021 – genauso Blödsinn (Bloedsinn)
Korrekt muss es heissen:
Am gesegneten Tage der Heiligen Felicitas und Perpetua Anno Domini MMXXI
2022_04_0 – extremer Schwachsinn
4. Februar 2022 – genauso extremer Schwachsinn
Korrekt muss es heissen:
Am gesegneten Tage des Heiligen Rabanus Anno Domini MMXXII
Auf meine Frage, ob ich denn nun alle Heiligentage auswendig lernen müsse, sagt er lapidar: «Natürlich.» Sonst sei ich kein guter Christ.
Und verschwindet und ich schlafe wieder ein.
So ist das nun mit den Traditionen und Änderungen. Wir empfinden das, was gerade Sache ist, als Althergebrachtes, und es ist doch auch nur ein Produkt vieler Wandlungen und Angleichungen.
Vielleicht kehre ich wirklich zu den ganz alten Daten zurück.
Immerhin weiss ich ja schon meinen Geburtstag, es ist der
Gesegnete Tag des Heiligen Valentin Anno Domini MCMLXV
P.S. Ich liebe blogger.com dafür, dass die die Daten immer noch traditionell schreiben.
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