Dienstag, 9. November 2021

Die Lösung des Papierproblems

Es gibt Probleme und Fragen, die ganz einfach zu lösen oder zu beantworten sind. Das sind wenige, sehr wenige, extrem wenige, aber es gibt sie.

Die Frage, warum so unglaublich viele japanische Touristen in Frankfurt a. M. herumlaufen, beschäftigte mich zwar lange, aber die Lösung war ganz simpel und extrem einfach: Die Japaner kommen am Rhein-Main-Airport an und beginnen dort ihre BRD-Reise, ebenso fliegen sie von dort auch wieder ab, d.h. von 10 Nächten in Deutschland schlafen sie zwei in der Nähe des Römers.

Die Geschichte mit den Zündhölzern finde ich nicht im Internet, so kann ich nur hoffen, dass die Story, die mein Vater mir erzählte, wahr ist: Der schwedische Zündholzkönig Ivar Kreuger hatte einen Wettbewerb ausgelobt, wie man mehr Effektivität bei den Schachteln erreichen könne, die Reibfläche war abgenutzt, bevor das letzte Hölzchen angezündet war. Kreuger dachte natürlich an eine chemische Formel, das hohe, sehr hohe, extrem hohe Preisgeld bekam aber ein junger Mann, der schrieb: «Machen Sie zwei Reibflächen an die Schachtel.»

In meinen Musik-Klausuren zum Thema Instrumentenkunde stellte ich in meinen Klassen immer die folgende Frage: «Ein Geiger hat ein Volkslied in D-Dur, ein Klarinettist (Klar. in B) dasselbe Volkslied in C-Dur. Wie kommen die beiden zum gemeinsamen Musizieren?» Auch hier war die Lösung denkbar simpel: Sie müssen die Stimmen tauschen, wenn der B-Klarinettist, der immer ein Ton tiefer klingt, D-Dur spielt, wird es C-Dur, was der Geiger dann hat…

Zurzeit erschüttert ein Problem den deutschen Buchmarkt: Es gibt zu wenig Papier für die Bücher. Da die meisten Papierhersteller zunächst Verpackungsmaterial machen und mit dieser Verpackung den Internetversandhandel beliefern, ist für die Druckereien nicht genug Papier da. Hülle sei zurzeit wichtiger als Inhalt, so wird ein deutscher Verleger zitiert.

Aber wie bei den Japanern in Frankfurt, wie bei den Streichhölzern, wie bei den beiden Musikern ist auch hier die Lösung ganz einfach, ganz simpel:
Man muss die Texte auf die Verpackungen drucken.

Nun staunen Sie, was? Halten Sie es gar für unmöglich?
Nun, das Einfachste wäre es natürlich, wenn man für die Pakete und Päckchen, für die Sendungen und Auslieferungen kurze, knappe Texte nehmen würde. Hier würden sich zum Beispiel Kalendergeschichten eignen, aber auch Lyrik, Aphorismen und kleine Storys, man müsste die Autorinnen und Autoren dazu anhalten, entsprechende Literatur zu produzieren, vielleicht, ja, vielleicht und eventuell würde sogar ein spezielles neues Genre entstehen:
Der Verpackungs-Text.

Der Verpackungs-Text könnte dann auch auf den Absender, den Adressaten und den Inhalt des Päckchens Bezug nehmen, so würde, wenn Herr Schmid aus Waldenburg bei Amazon ein Kochbuch bestellt, im Text der Schmied auf der Burg im Wald für die Amazone einen Hammel braten.
Und wenn Frau Schneider aus Freiburg bei Quelle ein Paar Schuhe bestellt, dann würden im Text den Schneider ein Paar magische Schuhe in die Freiheit und zur Quelle tragen.
Und wenn…
Ich denke, Sie haben verstanden.

Was aber ist mit Romanen, mit richtig langen, mit Schwarten, die 1000 Seiten übersteigen, mit langen Geschichten wie Der Zauberberg oder Doktor Faustus, langen Machwerken wie die Suche nach der verlorenen Zeit oder dem Mann ohne Eigenschaften? Gut, es stellt sich die Frage, ob man so lange Bücher überhaupt schreiben muss, aber auch hier gibt es eine Lösung:
Kleiner Druck.
Ein Designlabel in Berlin – und das ist jetzt nicht erfunden – druckt den ganzen Faust, und zwar 1 UND 2, auf ein riesengrosses Plakat, das man sich dann ins Zimmer hängen kann. Witzigerweise lassen sie in der Mitte eine weisse Stelle, um die die Buchstaben dann herumfliessen, und die hat die Form eines Pudels. Es wäre also durchaus möglich, den Zauberberg oder Doktor Faustus, die Suche nach der verlorenen Zeit oder den Mann ohne Eigenschaften auf ein Packpapier zu drucken.
Zugegeben:
Die Schrift ist schon sehr, sehr klein…

Es gibt Probleme und Fragen, die ganz einfach zu lösen oder zu beantworten sind. Das sind wenige, sehr wenige, extrem wenige, aber es gibt sie.

Und so wird man, wenn man in Zukunft im Internet etwas bestellt, nicht nur die Lieferart und den Weg der Bezahlung wählen, sondern auch den Text, der auf der Verpackung stehen soll:

Liefern:
O Click & Collect                O Nach Hause

Zahlen:
O PayPal                O Rechnung                O Kreditkarte

Text
O Neuestes Buch von Zeh                             O Neuestes Buch von Schlink     

O Neuestes Buch von Suter 

O Neuestes Buch von Genazino                     O Neuestes Buch von Berg











 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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