Mit «Plänen» meinen die Leute natürlich Reisen. Lange Reisen. Grosse Reisen. Weite Reisen. Reisen, zu denen die 5 Sachen gehören, die ich in den Südamerika-Posts erwähnte: Geld wechseln, Pass nötig, langer Flug, ewiger Grenzübertritt und Impfung. So gesehen machen wir nix. Gut, eine Woche Stuttgart mit Ausflügen in die Umgebung, jene Umgebung, die mein Partner noch nicht kennt und die ich auch schon 30 Jahre nicht gesehen habe: Marbach, Esslingen, Ludwigsburg. Aber für viele zählt das eben nicht, weil man für Baden-Württemberg keinen Pass benötigt, kein Geld wechseln muss, man muss sich nicht impfen lassen und kann nicht fliegen.
«Was sind deine Pläne für die Ferien?», so werde ich in diesen Tagen gefragt. «Es gibt keine.» So lautet meine Antwort.
Warum muss man eigentlich im Sommer wegfahren? (Oder wegfliegen) Wenn ich um 10.00 in meinem geliebten St. Jakob-Bad (genannt das Joggeli) bin, dann ist es das zehnmal schöner als in jedem Hotel auf Gran Canaria. Ich habe eine Bahn für mich allein, ich habe ca. 70 qm Liegefläche, die Sonne scheint, die Vögel singen und in der Cafeteria bekomme ich einen Espresso ohne anzustehen. Und am späteren Nachmittag macht man dann noch einen langen Spaziergang am Rhein entlang, der eh jeden Ganges und Nil toppt, und abends isst man mit Blick auf Park neben blühenden Hortensien. Auf dem eigenen Balkon.
«Was sind deine Pläne für die Ferien?» «Es gibt keine.» So lautet meine – nicht ganz korrekte Antwort.
Ich weiss, dass das alles jetzt furchtbar spiessig klingt. Aber ich bin in einem Alter, in dem man sich jede Spiessigkeit erlauben kann. Und wenn Sie mir jetzt sagen, dass ich wahrscheinlich den Juli und den August mit Arztterminen vollgepflastert habe…
Dann haben Sie völlig recht.
Ich beginne am 8. Juli mit einer Darmspiegelung. Die spendiert nämlich der Kanton, und ich bin – trotz meines langen Aufenthaltes in der Schweiz – immer noch so ein Schwabe, dass ich Dinge, die es gratis gibt, nicht auslassen kann. Ausserdem soll man ja, wenn man über 55 ist… Wobei das eine seltsame Sache ist: Einerseits schiessen die Gesundheitskosten immens in die Höhe, immer mehr und immer mehr, andererseits müsste ein Mensch über 55 praktisch die ganze Zeit beim Doktor verbringen; aber nicht, weil er krank ist, nein, sondern weil er routinemässig seinen Körper zum Abchecken preisgibt: Darmspiegelung, Magenspiegelung, Blutwerte, dermatologische Untersuchung, urologische Untersuchung, Blutwerte, Augeninnendruck, Sehtest, Blutwerte, Dentalreinigung und Zahnkontrolle. (Das klingt jetzt fast wie ein Rap, vielleicht sollte ich einen Text für die Fanta 4 machen, immerhin sind die ja Smudo und Thomas D auch schon in dem Alter, also ganz korrekt ist Smudo am 6. März 56 geworden und Thomas D wird das am 30. Dezember.)
Darmspiegelung also, dann lasse ich aber Magenspiegelung aus, auch den Dermato- und Urologen, auch den Augenarzt, ich begebe mich im August noch zu einer Blutwertekontrolle nach einer Eiseninfusion vor 2 Wochen und Zahn mache ich auch noch.
«Was sind deine Pläne für die Ferien?», so werde ich in diesen Tagen gefragt. «Es gibt keine.» So lautet meine – nicht ganz korrekte Antwort.
Die Frage ist überhaupt, warum diese Frage gestellt wird.
Vielleicht einfach aus nagender Neugier. Man hat sich ja inzwischen daran gewöhnt, dass man via Instagram oder Facebook einfach alles über den anderen oder die andere weiss. Und da alle sonstigen Leute schon längst ihre Pläne gepostet haben, Fotos der «supergeilen Beach-Ressorts», die sie gebucht haben, Fotos der Städte, die sie bereisen werden, ja zum Teil sogar Bilder ihrer Flugtickets, sind natürlich Leute, die sich bis Juni in Schweigen hüllen, unglaublich nervend. («Wo fährt der Rolf eigentlich hin? Wieso weiss ich das nicht?»)
Vielleicht aber auch aus dem guten Gefühl, das sich ergibt, wenn man etwas Tolleres vorhat als der andere, wenn die eigene Reise ganz aufregend wird im Lichte der kleinen anderen. Der Schuss kann natürlich nach hinten losgehen, nehmen wir an Andreas hat «nur» Südfrankreich gebucht und fragt mich, wo ich hinfahre, und ich sage «Stuttgart», dann kommt er sich wie der Weltreisende vor; sage ich allerdings «Marianen», dann hat er verloren…
Ich werde gefragt, wie meine Pläne für die Ferien lauteten, und ich muss offen und ehrlich zugeben, dass es keine solche gebe – was nicht ganz korrekt ist.
An einem wunderschönen Tag im Juli (oder August), nicht am 8. 7. (Darm), auch nicht am 5. und 7. 8. (Eisenkontrolle und Nachbesprechung), auch nicht am 6. 8. (Zahn), werden wir noch eine längere Tagestour mit der SBB machen – Ziel noch unbekannt. An jenem Tag werden wir ein befreundetes Ehepaar einladen, nach Genf oder ins Tessin reisen und dabei die Tageskarten auf den Kopf hauen, die ich von der SBB als GA-Besitzer erhielt. Die Schweizer Bundesbahnen haben nämlich ob der immer schlechter werdenden Qualität ihres Angebotes ein so schlechtes Gewissen, dass sie mir ständig Gutscheine schicken.
«Was sind deine Pläne für die Ferien?», so werde ich in diesen Tagen gefragt. «Es gibt keine.» So lautet meine – nicht ganz korrekte – Antwort.
Denn:
Wenn ich zu der 1 Woche Stuttgart, meinen Arztterminen und der SBB-Reise noch ein paar Einladungen und das Umräumen unseres Räumchens rechnen, wird in diesen 5 Wochen doch ganz schon viel los sein…
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