Am letzten Samstag haben wir eine schöne Erledigungs-Tour gemacht.
Ich hatte beim besten Optiker der Region eine Brille abzuholen. Der beste Optiker der Region residiert in einem Vorort von Basel, den man bequem mit dem Tram erreicht. Gleichzeitig hatte ich bei meiner Stammbuchhandlung Bücher bestellt, die ich auch abzuholen gedachte. Meine Stammbuchhandlung ist in einem Teil von Basel, der jenem Vorort nicht zu unfern liegt. (Das war jetzt schön ausgedrückt.) Da der beste Optiker der Region samstags um 15.00 und meine Stammbuchhandlung um 16.00 schliesst, lag die Tour fast klar: Mit dem Tram zur Brille und dann zu Fuss zu den Büchern. Und dann mit einem anderen Tram wieder heim.
Nun rief meine Schwägerin an und sagte, sie bringe uns noch Blumen vorbei, die bei ihr einem Gemüsebeet weichen müssten. Allerdings sollten wir uns um einen Topf kümmern. Nun liegt ein grosser Bau- und Gartenmarkt, der BUJOM®, nicht zu unfern (schön, gell?) des Optikers. Allerdings spaziert man nicht gerne mit einem Grossblumentopf in der Hand, also wurde die Tour modifiziert:
Mit der Strassenbahn zum besten Optiker der Region.
Zu Fuss zum BUJOM®.
Mit Bussen (einmal umsteigen) zur Stammbuchhandlung.
Mit dem Tram heim.
(Der BUJOM® – das wäre noch zu sagen, schliesst wie die meisten Baumärkte samstags um 18.00, änderte also nichts an der zeitlichen Reihenfolge.)
Als ich am Sonntag einem Kollegen von dieser Tour erzählte, war er völlig angefüllt mit Bewunderung: «Du kannst immer so planen! Wahnsinn!». Ich gab zu bedenken, dass es ja gar nicht so viel zu planen gab, da ja Orte und vor allem die Öffnungszeiten feststanden. Aber der Kollege blieb bei seinem Ausruf: «Du kannst immer so planen! Wahnsinn! Du kannst immer so planen! Wahnsinn! Du kannst immer so planen! Wahnsinn!»
Gut, ich stelle mir vor wie der Kollege – nennen wir ihn Hapf – es gemacht hätte. Hapf hätte schon grundsätzlich einmal sich nicht nach den Öffnungszeiten erkundigt. Wobei «erkundigt» hier schon hochgestochen ist, das sind ein paar Klicks, allerdings ein paar Klicks, die man machen muss. Hapf hätte dann im Baumarkt begonnen, hätte dann den Riesentopf zur Buchhandlung geschleppt, hätte dann von Y., der Buchhändlerin, die auch Kundin des besten Optikers ist, erfahren, dass dieser in 30 Minuten schliesst und wäre 14.59 in einem Hechtsprung in den Laden geschossen. Man könnte fast sagen «hineingehapft.»
«Du kannst immer so planen! Wahnsinn!»
Warum fällt es so vielen Menschen so schwer ein wenig Planung an den Tag zu legen? Oder warum finden so viele Menschen planen extrem uncool? Häufig habe ich die Diskussion bezüglich der Ferien geführt. Hapf – um hier mal irgendein Beispiel zu nehmen – fuhr in eine Kleinststadt, die Bern nicht unfern liegt. (Ganz schön, nicht wahr?). Natürlich hatte er sich in keiner Weise über die Topographie des Ortes informiert, das macht er grundsätzlich nicht, er «lässt sich treiben», denn «man sieht immer etwas Interessantes». Nun, in jener Kleinstadt lief Hapf zwei Stunden durch ein Industriegebiet, eine Wohnsiedlung und einen Feuchtacker. Den historischen Kern mit gotischer Kirche und Wasserburg sah er nicht, denn für Gotik und Wasserburg hätte es ein wenig Planung (also 10 Minuten Google Maps) gebraucht, das hätte einen dann von Industriegebiet, Wohnsiedlung und Feuchtacker ferngehalten.
Übrigens halte ich sehr viel von «mich treiben lassen», aber eben in der wunderschönen Fussgängerzone und nicht zwischen Metalldepots und Matschackern.
«Du kannst immer so planen! Wahnsinn!»
Hapf freut sich auf die Meta-Welt. Im neuen virtuellen Universum wird es keine Planung mehr brauchen. Oder doch? Wird der beste Optiker seinen virtuellen Laden dann komplett seinem Avatar überlassen oder immer noch selber online sein? Wenn ja, dann wird der virtuelle Hapf eben auch im Metaverse vor einem (virtuellen) Schild stehen:
SORRY – WIR SIND MORGEN WIEDER FÜR DICH DA.
Wird die Stammbuchhandlung dann 24 Stunden offen sein oder wird auch im Metaverse eine Tür da sein, die man schliessen kann?
Wir werden sehen.
Ich habe jedenfalls einen sehr entspannten Samstag erlebt, eben dadurch, dass ich 15 Minuten ganz unentspannt eine Planung durchgezogen habe.
P.S.
Dieser Post ist am Sonntagmorgen entstanden. Hapf wäre natürlich am Montag um 23.00 eingefallen, dass am nächsten Tag Dienstag ist…
P. P. S.
Ich danke Hartmann von Aue für das schöne Zitat:
Ez ist ein wälhischez lant
Equitânjâ genant,
und lît dem mere unverre
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