Simba, der Mann meiner Cousine Rea stammt aus Kenia. Er frönt – soweit ihm sein Job als Leiter der Neurochirurgie am Spital in Wanne-Eickel dazu Zeit lässt – zwei Hobbys: Er spielt Volleyball und er singt.
Für den Geburtstag meiner Tante (also der Mutter Reas) hatte Simba jetzt eine tolle Idee, er schlug vor, wir könnten doch zwei Lieder vortragen, wir könnten sie zusammen singen oder auch einzeln. Simba schlug dafür «Kein schöner Land» und «Jambo Bwana» vor.
Bevor Sie mir jetzt mit «Keiner schöner Land» und dessen Ihrer Ansicht nach problematischem Verhältnis zu 1933–1945 kommen, ein Vorwurf, der sich ja vor allem daraus resultiert, dass im Untergang von Bernd Eichinger Frau Goebbels alias Corinna Harfouch bei diesem Lied ihre Kinder dirigiert, lassen Sie es sich gesagt sein: Man hätte hier auch jedes andere Liedchen nehmen können, «Kein schöner Land» stammt aus dem 19. Jahrhundert von Herrn Zuccalmaglio.
Aber wir wollten eigentlich etwas ganz anderes erzählen:
Simba schlug die beiden Lieder vor, und er hatte die Positionen «einzeln» und «zusammen» erwähnt. Wir machten nun eine Liste:
a) Wir singen beide beide Lieder.
b) Wir singen beide «Kein schöner Land» und er allein «Jambo Bwana»
c) Wir singen beide «Kein schöner Land» und ich allein «Jambo Bwana»
d) Wir singen beide «Jambo Bwana» und er allein «Kein schöner Land»
e) Wir singen beide «Jambo Bwana» und ich allein «Kein schöner Land»
f) Ich singe «Kein schöner Land» und er «Jambo Bwana»
g) Er singt «Kein schöner Land» und ich «Jambo Bwana»
Nun sassen wir über den Ergebnissen.
b) und f) waren als einzige unproblematisch.
a), d) und e) waren grenzwertig.
c) und g) waren gänzlich unmöglich.
Warum? Nun, weil ich als Europäer keine Afrikanischen Lieder singen darf, das ist Kulturelle Aneignung, Simba darf sehr wohl deutsche Volkslieder interpretieren, das ist dann Integration.
Totaler Quatsch. Aber:
Wir hatten nun echt Bedenken, dass irgendjemand unser Kulturprogramm unterbricht und entschieden uns für Variante f). Obwohl natürlich andere Varianten viel spannender gewesen wären.
Nun kommen Sie mir bitte nicht mit Kopfschmuck und Baströckchen. Ich hatte nie vor, den Auftritt in einem Baströckchen und mit Kopfschmuck zu singen. Ich hatte vor, ein afrikanisches Lied vorzutragen, einfach weil ich es für ein schönes Lied halte. Übrigens hätte auch Simba niemals Baströckchen und Kopfschmuck getragen, einfach weil er in Nairobi auch nie Kopfschmuck und Baströckchen getragen hat.
Natürlich wäre Baströckchen und Kopfschmuck die übelste Form von Kultureller Aneignung, sie wären aber vor allem ziemlich blöd und doof.
Vor vielen, vielen, vielen Jahren, als ich ein Kind war, also nicht nur im letzten Jahrhundert, sondern auch im letzten Jahrtausend, war ich auf einem Aktionsnachmittag von Brot für die Welt. Ein afrikanisches Land stand im Mittelpunkt, ich habe aber vergessen, welches. Mit drei Aktionen versuchten die Mitarbeiter uns Kindern das Land, die Menschen, die Not und die Projekte (Brot für die Welt arbeitete stets nach dem Motto «Hilfe zur Selbsthilfe») nahezubringen:
Wir schauten uns eine Dia-Show an.
Wir assen afrikanisches Essen.
Wir lernten ein afrikanisches Lied.
Zweites und Drittes wäre wahrscheinlich heute gar nicht mehr möglich, aber Hand aufs Herz: Hätte ich diesen Nachmittag heute noch in Erinnerung – er ist immerhin 50 Jahre her – wenn Brot für die Welt einfach die Fakten erklärt hätte? Wahrscheinlich nicht…
Ich finde, wir sollten bei dem Thema das walten lassen, was immer mehr verschwindet: Augenmass und Gesunden Menschenverstand. Sonst können wir bald alle Kultur in den Müll kippen.
Simba, der Mann meiner Cousine Rea stammt aus Kenia. Er widmet sich – insoweit sein Beruf als Neurochirurg ihn das lässt – zwei Hobbys: Volleyball und Singen.
Für den Geburtstag meiner Tante hatte Simba jetzt die tolle Idee, er schlug vor, wir könnten doch zwei Lieder vortragen, wir könnten sie zusammen singen oder auch einzeln. Simba schlug dafür «Kein schöner Land» und «Jambo Bwana» vor.
Wir sangen dann beide zusammen «Yesterday» und «I have a dream»…
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