Dienstag, 12. Juli 2022

Impressionen aus Oldenburg

WARUM OLDENBURG (IN OLDENBURG)?

Ich habe ja schon ein paar Male über die ehemaligen deutschen Fürstentümer geschrieben, über die Anhalter und Nassauer, über die Hohenzollern und Lauenburger, nun also Oldenburg. Oldenburg in Oldenburg, so der völlig bescheuerte Name, Oldenburg in Oldenburg, also Oldenburg als Hauptstadt des ehemaligen Kleinstaates Herzogtum Oldenburg, der Zusatz um es von dem Oldenburg in Holstein (auch so ein ehemaliger Kleinstaat) zu unterscheiden.
Heute ist Oldenburg ein Teil des Landes Niedersachsen, Niedersachsen, nicht von «nieder» wie «niedere Motive» oder «niedere Gedanken» oder «niederträchtig», sondern einfach «tiefer gelegen», Bundesland Niedersachsen mit Hauptstadt Hannover, wo man (von Basel kommend) auch in den IC nach Ostfriesland umsteigt.
Der Oldenburger sieht sich aber noch nicht als Ostfriese, er oder sie tendieren noch mehr zur Weser (also Bremen) als zur Ems und damit nach Leer.
Was treibt einen nach Oldenburg? Natürlich der Ring, jener Ring, der mehrfach coronaverschoben wurde und jetzt endlich stattfindet – ich habe darüber gepostet – und ziemlich gut ist, denn als ehemaliges Fürstentum hat Oldenburg ein Staatstheater.
Und damit Schweizer sich richtig heimisch fühlen, ist die Kulisse ein Alpendorf bzw. ein Alpenbauernhof.

DIE LIMOUSINE VOR DER KIRCHE

Wir beschliessen einen Einkaufsbummel in der Garda Gourmet Weinbar – aber keine Angst, ich bin standhaft, stets und immer noch, es gibt Espressi und eine Holunderlimo (die allerdings wunderbar im langstieligen Glas serviert wird) und Kekse, die (wahrscheinlich) aus der benachbarten «Kekserei» stammen. Die neugotische Lamberti-Kirche konnten wir nicht besichtigen, denn dort wird bald eine Hochzeit stattfinden.
Zwei missmutige Frauen in schlechtsitzenden (weil zu engen) Kleidern hetzen vorüber und wir philosophieren eine Weile über die Tatsache, dass Hochzeiten ja etwas Fröhliches, Heiteres sein sollten und diese beiden Frauen irgendwie gezwungen waren, an der Hochzeit teilzunehmen, und dass wir froh sind, dass keine «Pflichthochzeiten» mehr auf uns warten. Unsere Neffen und Nichten haben nicht vor zu heiraten, denn dazu fehlt ihnen eine Grundvoraussetzung: Ihre Existenz.
Die Braut kommt an: In einer Stretchlimousine.
Nun ist der einzige Mensch, den man in einer Stretchlimousine erträgt, schon tot, es war jener Reeder mit der unglaublichen Brille: Ari Onassis. Sonst gehen die Dinger gar nicht – und sie gehen schon gar nicht vor einer evangelisch-lutherischen Kirche.
So ein 8 Meter langes Ding symbolisiert alles das, wogegen eine Kirche sein sollte: Es hat einen Energieverbrauch, der jeder Bestimmung spottet, Fridays… war da was? Nach uns die… Bis wir alt sind, hebt die Erde ja noch. Das Onassis-Teil steht aber auch für Geld (das wir haben und andere nicht) und steht für eine grenzenlose Eitelkeit, die ja immerhin früher bei den katholischen Brüdern und Schwestern eine Todsünde war. Man kann nur hoffen, dass der Pastor, der die Trauung anberaumte und jetzt gleich vollziehen wird, von der Limousine nichts gewusst hat und sie nicht etwa gar noch ERLAUBTE…

DER TÜRKISCHE BARBIER

Ich habe es vor den Ferien nicht geschafft zum Friseur zu gehen. Und hier habe ich Zeit. So gehen mein Partner und ich von der Ferienwohnung in Nadorst los, denn wir haben vom Bus aus etliche Barbierläden gesehen. Und hier beim türkischen Barbier, der mir wunderbar die Haare auf 10mm kürzt, mir die Augenbrauen richtet und Nase und Ohren mit Wachs von Härchen befreit, ja, hier im Barbershop á la Izmir, da fühle ich mich richtig zuhause. Denn in Basel gehen die Herren, die nicht unbegrenzt Geld haben, ja auch über die Brücke nach Kleinbasel zu einem der serbischen, türkischen, albanischen oder arabischen Barbiere, um sich dort den Kopf richten zu lassen. Wäre mein Figaro ein echter Norddeutscher gewesen, ich hätte mich fremd gefühlt.
Ist das nicht seltsam? Ist das nicht sehr merkwürdig, dass mir so heimelig wird, wenn die Coiffeure in diesem Laden untereinander in einer mir nicht verständlichen Sprache reden und nicht etwa Plattdeutsch? Man müsste den Heimatbegriff völlig neu definieren.

DIE UNDURCHSCHAUBAREN BUSLINIEN

Unsere Ferienwohnung liegt an der Buslinie 304 von Ofenerdiek nach Bümmerstede. Abgesehen von diesen herrlichen Namen, über die allein man ja schon ewig posten könnte, die Linienführung ist für uns undurchschaubar. Hin- und Rückweg werden in der Innenstadt auf unterschiedlichen Routen genommen, was in der Übersicht (die kein Mensch versteht) aussieht, als würden alle Busse (die anderen fahren nämlich genauso) im Kreis fahren.
Es entspinnt sich nun eine Diskussion, ob Oldenburg ein speziell unverständliches ÖV-Netz hat oder ob man daheim sich an die verrückten Linienführungen gewohnt hat. Natürlich ist letzteres der Fall: In Basel fährt der 36er auf verschiedenen Routen durchs Gundeli, 15er und 16er kreuzen sich auf allerliebste Weise und der 1er verwandelt sich auf der Dreirosenbrücke in den 14er. All das kennt man einfach – und in 7 Tagen werde ich das Busnetz für die gewöhnlichste Sache der Welt halten.

Am Freitag mehr aus dem Norden.



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