Ich bekomme eine SMS von meiner Freundin Paula.
ICH HABE DICH GESEHEN!!!
Bevor ich antworten kann, bevor ich fragen kann, warum und wo und wann sie mich gesehen hat, und wieso das drei Ausrufezeichen wert ist, kommt schon eine zweite Nachricht:
MIT DIESER VERDAMMTEN BLONDINE!!!
Das kann nun irgendwie gar nicht sein, ich habe seit Wochen keine blonde Frau getroffen, und wenn, dann wäre das doch nur auf freundschaftlicher Basis passiert, und was ginge Paula das an? Aber schon kommt die nächste Botschaft:
DU BIST SO EIN SCHWEIN!! ICH HASSE DICH!!
Und jetzt fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Paulas neuer Freund heisst Roland. Ja, und Roland und Rolf liegen auf der Kontaktliste, dem elektronischen Telefonbuch direkt nebeneinander. Und Paula hat einfach danebengetippt.
Ich habe mich noch kaum von dem Schrecken erholt, da erscheint ein Beitrag von meinem Teamkollegen Stephan in unserem Arbeitsgruppen-Chat
Der europäische Gesamtbestand wird zu Beginn des 21. Jahrhunderts verschiedentlich zwischen 1,5 und 11 Millionen "Brutpaaren" beziehungsweise bis zu 25 Millionen Individuen geschätzt. Der größte Teil der europäischen Brutpopulation lebt im europäischen Teil Russlands (etwa 1,2 bis 2,5 Millionen „Brutpaare“). In Schweden leben zwischen 250.000 und einer Million „Brutpaare“. Zu den Ländern mit mehr als 100.000 „Brutpaaren“ gehören außerdem Weißrussland und Finnland
Ich bin mehr als erstaunt. Ich gebe einen Teil des Textes bei Google ein und stosse auf die Waldschnepfe. Da Stephan Hobby-Zoologe ist, hat er sicher die Chats verwechselt. Und – siehe da – ein paar Minuten später erscheint das bekannte
Die Nachricht wurde gelöscht.
Ein paar Stunden später entdecke ich eine Sprachnachricht auf meiner Mailbox. Die Laborgemeinschaft Nordsüdschweiz bittet mich um Rückruf unter 041 656 33 22. Sie müssten dringend meine Werte mit mir besprechen. Hier bleibt mir nun das Herz fast stehen. Drei grosse Cognacs später (macht meine Laborwerte auch nicht besser) fällt mir ein, dass es keine aktuelle Blutabnahme bei mir gab. Auch hier müssen sie im Telefonbuch falsch getippt haben.
Leute, Leute, warum ist es so schwierig in einer Liste auf die richtige Position zu tippen? Andere Fehler gibt es ja kaum mehr.
In meiner Jugend gab es zwei klassische Fehlerquellen:
Die eine war der Zahlendreher beim Eintippen bzw. Wählen. Da konnte schon einmal aus einer 601 47 35 eine 601 47 53 werden, und schwupps war man beim falschen Teilnehmer.
Aber auch die Technik bescherte uns Fehler, die Wählscheibe (junge Leserinnen und Leser kennen das vielleicht noch aus alten Filmen…) machte manchmal Impulse zu viel oder verschluckte sie. Und wenn man dann (wie wir damals) die Nummer 46 12 89 hatte und die Nummer 46 11 89 einer sehr frequentierten Arztpraxis gehörte, ja, dann landeten pro Woche ca. fünf Anrufe bei uns. Und die Leute hatten sich nicht verwählt, der Fehler lag im System. Irgendwann hatten wir uns angewöhnt, nicht nur den Spruch «Herr Dr. Zehnder hat 4611789, das hier ist 461289» bereit zu haben, wir wussten auch die Sprechzeiten und die Urlaubszeiten, wir wussten die Urlaubsvertretungen, und als Herr Dr. Zehnder die Praxis aufgab, wussten wir das auch.
Und bevor Sie jetzt auf blöde Gedanken kommen: Nein, eine Ferndiagnose habe ich nie gestellt.
Auch wenn es mich schon in den Fingern gejuckt hat.
Alle diese Fehler sind nicht mehr möglich. Nummern sind exakt im integrierten Telefonbuch eingespeist. Man müsste nur die richtige Stelle berühren.
Müsste
Müsste
Da, eine SMS von meinem Vetter.
DEIN KANINCHEN IST SCHON WIEDER IN UNSEREN ROSEN.
Sein Nachbar heisst Roman.
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