Soll die geplante Helmut-Kohl-Stiftung ihren Sitz in Berlin oder in Ludwigshafen-Oggersheim haben? Diese Frage beschäftigt zurzeit die Gemüter. Die Bundesregierung ist für Berlin, die Witwe von Kohl ist für Oggersheim.
Vielleicht ist die Frage überhaupt falsch gestellt, wie eigentlich die meisten Fragen falsch gestellt sind, weil sie das Grundsätzliche, das Eigentliche nicht beachten, so ist es zum Beispiel nicht die Frage, ob China, Russland und die USA zusammen auf den Mars sollten, sondern die wichtige Frage wäre, ob man ÜBERHAUPT auf den Mars soll, und die eigentliche Frage wäre nicht gewesen, wer das unsägliche Gedicht von Amanda übersetzen soll, die eigentliche Frage wäre gewesen, ob man es ÜBERHAUPT übersetzen soll, und auch diese Frage geht am Kern vorbei, der Kern wäre gewesen, ob Amanda das Werk überhaupt schreiben soll, und auf alle diese Fragen ist die Antwort stets nein.
So wäre also die Frage, ob es eine Kohl-Stiftung ÜBERHAUPT braucht, und auch hier ist die Antwort NEIN.
Aber gut, es ist gibt sie, und wenn es sie schon geben muss, dann bin ich natürlich für Oggersheim. Hier bin ich ganz klarer BW-Lokalpatriot, und wenn sie mir jetzt sagen, dass Ludwigshafen in Rheinland-Pfalz und nicht in Baden-Württemberg liegt, dann sage ich Ihnen, es liegt fast in BW, es ist quasi BW, es ist gefühltes BW.
Lassen Sie mich nun einige Gründe für Ludwigshafen-Oggersheim anführen.
Es ist ganz wichtig und entscheidend, dass ein Mensch und ein Ort sich verbinden. Woran denken Sie bei Schiller? An Marbach. Woran bei Husum? Storm. Sehen Sie.
Robert Gernhardt schreibt in seinem Wege zum Ruhm:
„Der Künstler war tätig – die Nachwelt ist träge. Der Künstler hinterlässt neben fertigen Werken kistenweise Manuskripte, Tagbücher, Korrespondenzen und Dokumente – der Nachwelt schaudert beim Gedanken, das alles registrieren, archivieren und womöglich edieren zu müssen. Also versucht der Künstler, ihr diese Pille zu versüssen, indem er für ein Langzeit-Zuckerl sorgt: Das Künstlerhaus.“
Nun war Kohl kein Künstler, aber was für einen Künstler gilt, muss für einen Politiker ja genauso gelten.
Umgekehrt wird Ludwigshafen durch diese Gedenkstätte ungemein geadelt. Woran denken Sie beim Wort Ludwigshafen? Na? An die BASF. Das war ja auch der Grund der Gründung, dass die Mannheimer die Chemie nicht wollten und die Badischen Anilin- und Sodafabriken (das heisst nämlich die Abkürzung…) auf der anderen Seite des Flusses gebaut wurden.
Denken Sie an schöne Bauten? Hat es keine.
Denken Sie an eine schöne Innenstadt? Hat es keine.
Denken Sie an grosse Menschen, grosse Geister? Gab es nur einen, sogar einen Philosophen, der hat sich aber ganz, ganz, ganz, ganz schnell aus dem Staub gemacht und ist in die Hochburg des Geistes geflüchtet, nämlich nach Tübingen, Bloch hat es nicht wirklich am Rhein ausgehalten und ist sobald es ging an den Neckar gezogen.
Und hier hat man jetzt endlich eine wichtige Persönlichkeit, die es in LU aushielt, aushielt bis zum bitteren Ende, getreu bis in den Tod.
Was sollte eine Gedenkstätte in Berlin? In Berlin wimmelt es von Gedenkstätten, Erinnerungsorten, Grabsteinen und Denkmälern. Kein Tourist kann alle die Gedenkstätten, Erinnerungsorte, Grabsteine und Denkmäler in einer nützlichen Frist bewältigen und wird sich ob all der Gedenkstätten, Erinnerungsorte, Grabsteine und Denkmäler sicher nicht für Kohl entscheiden. Mal ehrlich, wenn Sie die Wahl hätten:
Liebermann (Wannsee) oder Kohl?
Kleist (Wannsee) oder Kohl?
Ihre Entscheidung wäre doch klar. Nein, in Berlin ginge Helmut unter, er muss an den Rhein und nicht an die Spree, er muss in den Süden und nicht in den Nordosten.
Auf der anderen Seite würde natürlich Oggersheim den echten, den wahren und wirklichen Helmut Kohl zeigen. Kohl in seiner ganzen…, in seiner totalen… Ach, oh Wort das mir fehlt! Sollten wir Einfachheit sagen? Sollen wir Schlichtheit sagen? Oder sollen wir das fiese, harte und gemeine Wort in den Mund nehmen? Das gemeine und fiese und harte Wort, das Spiessigkeit heisst?
In Google findet man keine Bilder von der „Villa“ innen, aber Kollegen von mir erinnern sich an eine Homestory – es ist ja bezeichnend, dass Helmut und Hannelore stets Journalisten an den Wolfgangsee einluden und auch zu Homestorys luden, etwas, was Merkel nie, nie, nie machen würde – die im deutschen Fernsehen kam. In dieser Homestory sah man alles, was man in einem biederen Heim der 80er und 90er erwartete: Das graue Sofa mit den Plüschkissen (mit Knick), den Gummibaum in der Ecke, die Kaffeetafel mit Blümchengeschirr und dem Drehkuchenteller (mit Kuchen-Einzelstücken im Kreis geordnet) usw., usw.
Nein, nur Oggersheim zeigt den Bünzli Kohl, den Biedermann und Spiesser.
Soll die geplante Helmut-Kohl-Stiftung ihren Sitz in Berlin oder in Ludwigshafen-Oggersheim haben? Diese Frage beschäftigt zurzeit die Gemüter. Die Bundesregierung ist für Berlin, die Witwe von Kohl ist für Oggersheim.
Und ich bin auch klar für Ludwigshafen, da gibt es nicht zu reden und zu deuteln.
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